Ein Erfolg für den Naturschutz und die Landwirtschaft war das auslaufende Beweidungsprojekt im Sinntal rund um Eckarts. Das wird jetzt fortgeführt.
"Die Wohlfühltemperatur der Rinder liegt bei vier Grad Celsius", sagt Franz Zang, Vorsitzender der Bund Naturschutz-Kreisgruppe Bad Kissingen (BN). Denn die Rinder auf der Weide leben ganzjährig draußen, bei jedem Wetter. Viele Vorurteile schlugen dem vor 14 Jahren geplanten Projekt entgegen, das Landwirtschaft und Naturschutz unter einen Hut bringen wollten. Eines davon war, dass die Tiere öfter krank werden, wenn sie immer auf der Weide leben. Doch das Gegenteil war der Fall. Der Tierarzt wird seitdem kaum noch gebraucht. Die Bilanz zum Ende des zehnjährigen Projektes: Beide Seiten sind zufrieden und möchten das Projekt fortführen.
Stückzahl begrenzt
Drei Landwirte aus
Eckarts und Rupboden hatten sich damals zu einer Weidegemeinschaft zusammengeschlossen und gemeinsam die aufgekauften Flächen des BN gepachtet. Insgesamt 50 Hektar konnten mit Rindern der drei Bauern bestückt werden. Die Vorgabe, dass nur eine bestimmte Anzahl an Viehstücken auf der Weide sein dürfen, muss bis heute eingehalten werden. "Damit die Wiese nicht leidet und die Artenvielfalt wächst", sagt Zang. Auch der Dung wird auf der Weide belassen, der Nährboden für viele verschiedene Fliegenarten ist.
Diese unkonventionelle Art der Tierhaltung wurde zunächst sehr kritisch gesehen. Doch "die Kosten für die damaligen Anschaffungen sind abgezahlt und die Rinder haben sich an das neue Leben gewöhnt", sagt Karlheinz Kress, der zusammen mit Sohn Markus einen Teil der Weidegemeinschaft darstellt. Zu den Anschaffungen gehörte unter anderem die elektronische Umzäunung des 50 Hektar großen Areals, die - im Gegensatz zu einer Umzäunung mit Maschendraht - keine Verletzungen bei den Tieren hervorrufen, bestätigen die Landwirte.
Jahrelange Gespräche
Auch das Grünlandprojekt bezuschusste damals die Umstellungen der Bauern. Zu Beginn war auch Kress sehr skeptisch, die Umstellungen waren zu groß und die Vorstellung einer ganzjährigen Beweidung mit allen Konsequenzen kaum möglich. Jahrelange Gespräche vor Beginn des Projekts im Jahr 2007 waren nötig, um die Landwirte und Anwohner vom Projekt zu überzeugen. "Natürlich war es eine Umstellung - für uns und die Rinder", bestätigt Milchbauer Christian Ullrich von der Weidegemeinschaft, denn die Tiere waren es gewöhnt, im Stall mit Kraftfutter gefüttert zu werden.
Durch die ganzjährige Versorgung durch die Weide veränderte sich die Nährstoffzusammensetzung und somit die Fleischstruktur. Weniger Fett, viel hochwertiger aber nicht nachgefragt vom Verbraucher, so macht Ullrich die Erfahrung. Möglichst billig und bloß keine - für deutsche Mägen - ungewöhnlichen Fleischteile, das bestimmt den Markt, sagt er enttäuscht. "Wir wollten aus diesen umweltschädlichen Strukturen aussteigen, aber es ist uns nicht gelungen. Auch regionale Metzger lehnen die Vermarktung des Fleisches aufgrund der geringen Standardisierung ab", sagt Ullrich.
Genau dieser Punkt ist für den Vorsitzenden des BN wichtig: "Für die nächsten zehn Jahre haben wir uns vorgenommen, die Viehhalter bei der Vermarktung ihres hochwertigen Biofleisches zu unterstützen". Er kritisiert direkt die nicht vorhandenen Strukturen für den Biobauern und sieht den Bayerischen Bauernverband (BBV) sowie den Bund Deutscher Milchbauern (BDM) in der Pflicht, mehr Unterstützung für die ökologische Landwirtschaft anzubieten.
Verbraucher entscheiden
Dazu zählen - laut Zang - neben der Regionalisierung der Fleischerzeugnisse auch die Milchverarbeitung in einer Molkerei und Käserei. "Wir haben gesehen, dass es funktionieren kann, beispielsweise mit dem Rhönschaf in Ginolfs", sagt Zang.
Skeptisch hingegen sieht Milchbauer Ullrich die regionale Vermarktung: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass so viel Geld investiert wird, um eine Nische zu bedienen", sagt er. Wie es weitergeht, bleibt zunächst offen. Doch weitere zehn Jahre gibt er dem Projekt in der Hoffnung, dass es funktionieren kann und der Verbraucher umdenkt. "Denn der ist ausschlaggebend", ist er sicher.
Hintergrund:
50 Hektar Weide zwischen Wernarz und Rupboden werden von der Weidegemeinschaft genutzt. 25 Hektar davon gehören dem BN und werden von der Weidegemeinschaft dazugepachtet.
35 Rinder leben ganzjährig auf der Weide. 0,6 Großvieheinheiten pro Hektar ist die Vorgabe im Projekt, um die Artenvielfalt zu steigern.
60 verschiedene Gräser wachsen auf den Wiesen des Beweidungsprojektes; 20 verschiedene Gräser wachsen auf gedüngten Flächen.
Quelle: BN-Kreisgruppe Bad Kissingen