Carlo Hilsdorf und Rainer Nürnberger begeistern beim Auftakt der 25. Bad Brückenauer Gitarrentage als "Il Duo Divino" das Publikum. Siegbert Remberger lässt ein Vierteljahrhundert Revue passieren.
"Gitarristen sind charakterlich eigentlich introvertierte Leute, die aber während des Musikstudiums aus dieser Schale kommen müssen, um zu zeigen, was in ihnen und ihrem Instrument steckt", sagte Siegbert Remberger in einem früheren Interview. Sein erfolgreicher Schritt aus dieser Schale fand 1990 statt.
Hier hatte der 1962 geborene und in Brückenau aufgewachsene Gitarrist nach seinem Studium zum Diplommusiker ein Studium in der Schweiz begonnen, das er 1994 mit dem Solistendiplom beendete. In dieser Phase suchte er eine Gelegenheit, zu zeigen, was in ihm und seinem Instrument steckt. Mit der Unterstützung des damaligen Brückenauer Kurdirektors Edmund Wilhelm schuf Remberger 1990 mit dem Gitarrenfestival eine Konzertplattform für sich und zahlreiche Studienkollegen. "Ich wollte raus aus dem Ghetto der klassischen solistischen Gitarrenmusik.
Heute zeigt sich, dass das die richtige Richtung war."
Viele heute renommierte Gitarristen, wie Jürgen Ruck oder Xavier Diaz, konzertierten zu Beginn ihrer Karriere dort. Lange Jahre waren die Gitarrentage ein dreitägiges Festival. Am zehnten Jubiläum gab es eine Kunstausstellung mit musikalischem Zusammenhang, 2006 zwei eigenständige Konzerte, die durch eine passende Verköstigung zur Musikstilrichtung miteinander verbunden wurden. Seit 2010 findet jeweils ein Konzert im Mai und im November statt. Auch die Königsloge wurde mal verlassen: Es ging in die Schlosskirche Römershag, Stadtpfarrkirche Brückenau oder bei Konzerten mit Orchester in den König-Ludwig-Saal, wie am Samstagabend.
Weiter Kleinkunst betreiben "Es ist mir wichtig, dass wir Gitarrenkünstler weiter Kleinkunst betreiben und nicht nur die klassischen großen Konzerte geben wollen", sagte
Remberger. So gab es einen Querschnitt an Gitarrenkonzerten, mal begleitet von Oboe, Cemballo, Viola oder auch Querflöten, alte Musik, Musik zeitgenössischer europäischer und lateinamerikanischer Komponisten und auch Uraufführungen. Und nicht selten zeichnete der Bayerische Rundfunk auf.
Mit derselben Intention geht der frühere Schüler Rembergers, der 1976 geborene, in Geroda ansässige Carlo Hilsdorf, an die Gitarrenmusik heran. "Ich möchte zeigen, dass Gitarre mehr ist als E-Gitarre in der Rockband oder Lagerfeuergeschrubbel", betonte Hilsdorf in einem früheren Statement. "Ich habe mir als junger Schüler schon gewünscht, einmal in diesem Ambiente spielen zu dürfen."
Der studierte Musiker und Lehrer an der Musikschule Bad Kissingen präsentierte mit dem virtuosen Geigenspieler Rainer Nürnberger als "Il Duo Divino" mit viel Spielfreude die Bandbreite der Gitarreninterpretationen.
Vor der Pause in Anzug und Fliege, zeigten sie perfekt, dass Niccolò Paganini auch ein begnadeter Gitarrist war. Mit Piazzollas zeitgenössischer "Histoire du Tango" eilten die beiden durch die Geschichte des Tangos, um schließlich mit Machados "Pacoca" den ersten Teil zu beschließen. Nach der Pause wurde es leger in ländlicher Kluft und passend zum Wetter irisch. "Ich bin zu dieser Musik gekommen, weil die Fliegen zu klassischen Konzerten mir immer zu eng am Hals wurden."
Als Moderator präsentierte er die Hintergründe der Tanz- und Singlieder, als einfühlsamer Sänger zeigte er irischen Zungenschlag, als Komponist mehrerer Lieder demonstrierte er, dass er mehr ist als nur ein exzellenter Gitarrenspieler, sondern ein Musiker mit Esprit und Glut.
Eine seiner Gitarren war so gestimmt, dass sie den irischen Dudelsack interpretierte.
Hilsdorf betonte: "Diese Kombination aus klassischem Spiel und irischem Traditional war für uns Neuland, hat uns riesigen Spaß gemacht. Wir konnten zwei Seiten Musik zeigen." Nach dem begeisternden Applaus gab es zwei rasante Zugaben. Die Reden, die stellvertretender Kurdirektor Titus Tesar, Remberger und Initiator Edmund Wilhelm hielten, waren kurzweilig. Sie erzählten von einer jung gebliebenen Silberhochzeit, knappen Kassen angesichts der Grenzöffnung 1989, Durchhaltevermögen, kreativer Unterstützung, Musik zum Anfassen und von einer Plattform für Kammermusik, einem Kleinod musikalischer Kunst.