Eine Kleinstadt in Unterfranken läuft seit Jahren für den Verein Brustkrebs Deutschland. Dabei geht es um Frauen wie die Patientinnen der Sinntalklinik.
Die Frauen sprechen nicht viel. Warum immer wieder dieselbe Geschichte auftischen, die hier ohnehin die meisten teilen? Sie alle kennen die gerötete Haut nach der Chemo, die trockenen Augen, weil die Wimpern ausgefallen sind. Narben, die bleiben und an den Verlust erinnern, selbst wenn brusterhaltend operiert werden konnte.
"Manche kommen richtig gut mit der Erkrankung zurecht, andere fallen in ein Loch", sagt Marion Glück. Sie ist eine von zwei Brustschwestern in der Sinntalklinik der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern, die sich ausschließlich um die Frauen kümmern, die den Brustkrebs schon besiegt haben. In der Reha geht es darum, ins Leben zurückzufinden. Um diesen Weg zu unterstützen, bietet die gemeinnützige Gesellschaft DKMS life Kosmetikseminare in der Klinik an.
Der Blick in den Spiegel
Zehn Spiegel, zehn Frauen. Die Kosmetikerin Marion Wehmeier-Kissel aus Köln erklärt den Patientinnen jedes einzelne Produkt: Reinigungsmilch, Gesichtsspray, Augenbrauenstift. Es raschelt, als die Frauen die Fläschchen und Döschen aus den Schachteln nehmen. Ohne Wimpern und Augenbrauen wirkt das Gesicht oft leer. "Ich habe das schon so oft gesehen, aber ich kriege das irgendwie nicht hin", sagt eine der Frauen als sie versucht, ihre Augenbraue nachzuzeichnen. Marion Wehmeier-Kissel hilft ihr dabei, tupft anschließend mit dem Finger über die gemalte Braue. "Das darf ein bisschen ungleichmäßig sein", sagt sie.
Mit der Zeit wird die Stimmung lockerer, manche Patientinnen lachen. "Die Frauen sind mit ihren kurzen Haaren oft so stolz. Ich finde das total schön", erzählt die Kosmetikerin nach dem Kurs. Diese Erfahrung nimmt die Kosmetikerin mit zu ihren Kunden außerhalb der Klinik. "Wie schön ist das, wenn man gesund ist! Das wissen wir oft gar nicht zu schätzen", sagt sie aus tiefstem Herzen.
Ehrenamtlich Schminktipps geben
Kosmetikerinnen wie Wehmeier-Kissel arbeiten ehrenamtlich für DKMS life. Die Produkte, die die Frauen geschenkt bekommen, werden von namenhaften Firmen gespendet. "Dabei geht es nicht um das perfekte Make-up", erklärt Geschäftsführerin Ruth Landler Neri. Die Frauen lernen vielmehr, sich "ein natürliches und frisches Aussehen für den Alltag und ein Stück Normalität" zu geben. Und auch, sich selbst wieder gern im Spiegel zu betrachten.
An der Tür zum Seminarraum hängt ein Zettel ganz in pink. Es ist die Einladung zum Pinklauf, den die Stadt Bad Brückenau seit dem Jahr 2011 zugunsten des gemeinnützigen Vereins Brustkrebs Deutschland am 3. Oktober ausrichtet. Der Lauf geht auf die Initiative von Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks (CSU) zurück. Sie hatte die Idee aus der französischen Partnerregion des Bezirks Unterfranken mitgebracht.
Brustkrebs ist kein Tabu mehr
Die Resonanz auf den Pinklauf steigt mit jedem Jahr. Zum vergangenen Lauf kamen 1400 Frauen, Männer und Kinder. Aktuell haben sich bereits 1212 Teilnehmer angemeldet. "Ich freue mich, dass es läuft, und es wird noch lange laufen", sagt Meyerdierks über ihr "Kind", den Pinklauf. Und dennoch schlägt sie auch nachdenkliche Töne an.