Die Mitarbeiter von GKN Sinter Metals sind verunsichert. Angst vor Kündigungen geht um. Geschäftsführer Joachim Prölß spricht über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens.
Seit 2014 steht Joachim Prölß dem Werk von GKN Sinter Metals vor. Im Gespräch äußert er sich zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie, der Sorge der Beschäftigten vor einem Stellenabbau und dem schwierigen Markt der Automobilbranche.
Herr Prölß, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie haben auch das Werk von GKN Sinter Metals in Bad Brückenau schwer getroffen. Beschäftigte äußerten gegenüber der Redaktion große Sorge, dass es Kündigungen geben könnte. Ist das der Fall?
Joachim Prölß: Im Gegensatz zu manchen anderen Unternehmen passen wir uns über Kurzarbeit an die gesunkenen Absatzzahlen an. Das ist aktuell auch für die Zukunft so vorgesehen, solange die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so bleiben, wie sie sind.
Bereits vor Corona wurde für das Bad Brückenauer Werk Kurzarbeit angemeldet, wenn auch auf sehr niedrigem Niveau. Warum?
Die Auftragslage war im letzten Quartal 2019 nicht gut. Dies hat sich jedoch durch einen Auftrag an einen großen Automobilhersteller wieder sehr gebessert. Es wurden große Anstrengungen unternommen, um diesen Auftrag zu ermöglichen.
Seit Ende März stand die Produktion monatelang nahezu komplett still. Wie hoch ist die Auslastung des Werks inzwischen?
Wir liegen derzeit bei circa 70 bis 80 Prozent unseres Vor-Corona-Levels. Für den Herbst sehen wir weitere sehr kurzfristige Bestellungen.
Die Geschäftsführung hat bis Ende des Jahres Kurzarbeit angemeldet. Gehen Sie davon aus, dass die Kurzarbeit verlängert werden wird?
Wir gehen derzeit davon aus, das wir Kurzarbeit auch noch in 2021 benötigen werden, jedoch in einem erheblich geringeren Ausmaß als im Frühjahr.
Neben dem aktuellen wirtschaftlichen Einbruch kämpft die Branche mit großen Herausforderungen. Lange Zeit produzierten die Mitarbeiter in Bad Brückenau hauptsächlich Teile für Verbrennungsmotoren. Beliefert das Werk inzwischen auch Kunden aus dem Bereich der Elektromobilität?
Das Werk produziert bereits einige Produkte aus dem elektrifizierten Antriebsstrang. Mit allen großen Automobilherstellern sowie den Zulieferern, die direkt an die Automobilhersteller liefern, sind wir in Diskussion. Wir begleiten den Strukturwandel in der Automobilbranche aktiv und setzen unsere Technologie überall dort ein, wo hohe Genauigkeit bei großen Stückzahlen benötigt wird.
Eine zweite Produktionslinie für den Großkunden Jaguar wird wegen des Brexits wohl nicht mehr gebaut werden. Bedroht diese politische Entscheidung die wirtschaftliche Grundlage des Bad Brückenauer Werkes?
Die Entscheidung, nicht in eine zweite Produktionslinie für diese Produktgruppe zu investieren, wurde getroffen, da die Stückzahlen hier deutlich niedriger liegen als ursprünglich angekündigt. Sie hat daher nichts direkt mit dem Brexit zu tun.
Zuletzt ist dem Werk ein Auftrag für den japanischen Automobilzulieferer Denso weggebrochen. Die Teile werden nun in Ostdeutschland produziert. Wie schwer wiegt dieser Verlust?
Der Verlust dieses Programms liegt im niedrigen einstelligen Prozentbereich unseres Gesamtumsatzes. Nichtsdestotrotz schmerzt uns dieser Verlust, da wir um jeden Kunden bemüht sind. Es verdeutlicht jedoch, wie hoch der Preis- und Wettbewerbsdruck ist.
Im GKN-Werk in Radevormwald gab es heuer einen Stellenabbau. Um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, hatten sich die Mitarbeiter in Bad Brückenau noch vor der Corona-Krise dazu bereit erklärt, auf Teile ihres Urlaubs- und Weihnachtsgeldes zu verzichten. Wird die Geschäftsführung an dieser Vereinbarung festhalten?
Sowohl der Betriebsrat als auch die Geschäftsführung sind sehr daran interessiert, an der Vereinbarung festzuhalten.
Sehen Sie den Standort Bad Brückenau mittelfristig als gefährdet an?
Nein. Wir sehen den Standort nicht als gefährdet an.
Die Fragen stellte Ulrike Müller.
400 Mitarbeiter ungefähr beschäftigt GKN Sinter Metals im Werk in Bad Brückenau, darunter 20 Azubis. Zum Vergleich: Im März 2018 waren es noch knapp 500 Beschäftigte.