Autark wohnen und leben

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Waldemar Bug erläutert die Details seiner hauseigenen Wasserstoffanlage.
Waldemar Bug erläutert die Details seiner hauseigenen Wasserstoffanlage.
Marion Eckert
In Druckgasflaschen lagert Waldemar Bug den Wasserstoff.
In Druckgasflaschen lagert Waldemar Bug den Wasserstoff.
Marion Eckert

Waldemar Bug hat es geschafft. Er setzt ganz und gar auf regenerative Energie. Wie er Strom und Wärme für sein Eigenheim selbst produziert.

Strom auf dem heimischen Dach erzeugen, Überschüsse speichern und im Winter darauf zurückgreifen - ganzjährig autark wohnen. Diese Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen hat Burkardroths ehemaliger Bürgermeister Waldemar Bug in seinem Haus mit einer hauseigenen Wasserstoffanlage erreicht. Sein Wahlspruch lautet: "Fürs Klima gibt`s nur einen Impfstoff: 100 Prozent regenerativ bis 2030". Privat habe er dieses Ziel jetzt schon erreicht.

Lange war Bug auf der Suche nach einer Möglichkeit den im Sommer auf seinem Dach erzeugten Solar-Strom speichern zu können, um ihn im Winter, wenn über die Photovoltaikanlage nicht genügend produziert werde, zu verbrauchen.

Solar-Wasserstoff-System fürs Eigenheim

Die Lösung ist Wasserstoff. Bisher konnte er über einen Akkuspeicher einige Tage überbrücken. Mit dem neuen Solar-Wasserstoff-System kann er für Monate Vorrat anlegen. Bei der solarbetriebenen elektrolytischen Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff werde der Wasserstoff in Druckgasfalschen auf 300 bar verdichtet und gespeichert. Diese Druckgasflaschen stehen hinter Bugs Haus im Garten.

Steuerung per Handy-App

Wenn die Sonneneinstrahlung nachlasse und der eigen erzeugte Strom nicht mehr ausreiche, greife die elektronische gesteuert Anlage auf die Wasserstoffreserven zurück. Mittels Brennstoffzelle werde der Wasserstoff zu Strom rückgewandelt und ins hauseigene Netz eingespeist. Bei der Elektrolyse wie auch bei der Rückverwandlung über Brennstoffzellen falle Wärme an, die in einem mit Wasser gefüllten Pufferspeicher geführt werde. "Ich nutzt diese Wärme, um Warmwasser zu erzeugen." So konnte Bug die Solarthermie auf seinem Hausdach abbauen. "Im Sommer läuft die Elektrolyse, gegebenenfalls unterstützt durch einen Heizstab, im Winter die Brennstoffzelle und den Kachelofen. Die erzeugte Temperatur reicht somit nicht nur zum Duschen aus." Das ganze System kann per Handy-App gesteuert werden.

Nicht nur unter wirtschafltichen Aspkenten betrachten

In der Industrie sei das System Elektrolyse und Brennstoffzelle schon bekannt, es auf ein Einfamilienhaus herunterzubrechen sei Neuland. In Berlin habe er einen Hersteller gefunden.

"Es ist umsetzbar, aber es kostet auch Geld", räumt Bug ein. Er möchte das Thema aber nicht unter rein wirtschaftlichen Aspekten betrachten. "Alles, was meinen Enkeln die Zukunft sichert und erleichtert, und dem Klimawandel entgegenwirkt, ist sinnvoll und gut angelegtes Geld. Bei immer weiter steigenden Energiekosten lohnt es sich auch wirtschaftlich auf Eigenerzeugung und Speicherung zu setzen."

"Es wäre ein fataler Fehler weiter auf Gas und Öl zu bauen...."

Bug rät jedem, der sich mit dem Gedanken trägt neu zu bauen, zu sanieren oder umzubauen das Thema Energieversorgung ganz oben auf die Agenda zu setzen. "Es wäre ein fataler Fehler weiter auf Gas und Öl zu bauen und auch die eigene Stromerzeugung gilt es im Blick zu haben."

Seit einigen Jahren ist Bug als Solarbotschafter unter anderem für den BUND und den bundesweiten Solarenernergie-Förderverein mit seinem Projekt "packs drauf" tätig. "Ich bieten jedem, der sich interessiert eine Besichtigung der Anlage an. Wir müssen möglichst rasch nach vorne kommen. Dabei bin ich gerne behilflich."

Bugs Werdegang

Das Thema Energiesparen beschäftigt Bug seit fast 40 Jahren. Das erste Mal kam Ende der 1980er Jahre damit in Berührung. Damals war er als Offizier bei der Bundeswehr tätig, er bildete angehende Fahrlehrer aus. "Es ging um Energiesparende Fahrweise", erinnert er sich.

Das Thema ging im privaten Bereich für Bug weiter. Er beteiligte sich Mitte der 1990er Jahre an einer Windenergieanlage im Vogelsberg. In seiner Heimatgemeinde Burkardroth engagierte er sich in Arbeitskreisen zu verschiedenen Energiethemen, unter anderem ging es damals schon um die Nutzung von Sonnenenergie. 1996 wurde Bug in den Gemeinderat gewählt. 2008 kandidiert er als Bürgermeister. "Die Energiethemen waren der Grund, warum ich Bürgermeister wurde, um die Kommune weiter voranzubringen." Bug ist Gründungsmitglied der Energieinitiative Rhön-Grabfeld und in weiteren Verbänden und Organisationen tätig.

Verzicht auf eine Zentralheizung

Sein Eigenheim baute er in den Jahren 1985/86. "Damals haben ich schon überlegt, wie ich von fossilen Brennstoffen unabhängig werden kann." Bug verzichtete auf die klassische Zentralheizung und baute einen Kachelofen ein, mit dem er nahezu das komplette Haus heize. Lediglich das Obergeschoss beheizte er elektrisch, natürlich mit Strom aus der eigenen Photovolktaikanlage.

Mitte der 90er Jahre kam die erste Solarthermieanlage auf das Dach. 2001 die erste Photovolktaikanlage. In den Folgejahren folgten diverse Erweiterungen und technische Modernisierungen. Heute ist nahezu das komplette Dach, selbst die Nordost-Seite mit Photovoltaik versehen. Ziel war es immer den Eigenverbauch abzudecken und darüber hinaus erzeugten Strom ins Netz einzuspeisen. Selbstredend, dass Waldemar Bug in Sachen Mobilität ebenfalls elektrisch unterwegs ist.

Forschungsprojekt der TU Berlin

Auch die Firma Albert Haus in Burkardroth beschäftigt sich mit diesem Thema. "Wir sind Teil eines Forschungsprojektes der TU Berlin", berichtet Geschäftsführer Michael Albert. Ziel sei es komplett autarke Häuser anzubieten, sowohl was die Strom- wie auch die Wärmeversorgung und Brauchwassererwärmung angehe. Anfang des kommenden Jahres soll ein Musterhaus mit der Wasserstofftechnik in Berlin erstellt werden, dessen Energiebedarf zu jedem Zeitpunkt des Jahres selbstständig aus lokal genutzten erneuerbaren Energien gedeckt werden könne.

Autarkes Musterhaus geplant

"Davon versprechen wir uns einen weiteren Schub. Schon jetzt ist das Interesse bei potenziellen Bauherren groß." Alberts Kontakte zum Projektentwickler der Firma HPS (Home Power Solution), sie stellen die das Solar-Wasserstoff-System für Eigenheime her und dessen Verbindung zur TU Berlin verhalfen dem Rhöner Unternehmen zum Einstieg in das Forschungsprojekt. Albert plant zudem auch in den eigenen Musterhaus-Ausstellungen energieautarke Gebäude.

Internettipps:

https://www.energietechnik.tu-berlin.de/menue/forschung/flexibilitaetskonzepte/flexehome/

https://www.homepowersolutions.de/produkt

https://flexehome.de/

https://packsdrauf.de/