Bernhard Pammer hat eine Notunterkunft entwickelt, die den üblichen Zelten weit überlegen scheint. Seine Häuser eignen sich auch für Flüchtlinge und Asylbewerber. Doch bis jetzt will niemand das System umsetzen.
Mühelos hantiert Bernhard Pammer mit einer Wand. Sie ist 1,15 auf 2,15 Meter groß, wiegt aber nur gut drei Kilo. Denn sie besteht aus einem Rahmen aus Dachlatten und beschichtetem, stabilem Karton. Es handelt sich um ein Modul, das zusammen mit anderen Teilen - es gibt sie in verschiedenen Grüßen, auch mit Fenstern und Türen -ungeahnte Möglichkeiten bietet.
Daraus lassen sich schnell und preiswert Quartiere und Häuser für Notfälle - bei
Bürgerkriegen, Flut- und anderen Katastrophen -zusammenbauen. Die kleinste ist knapp 22 Quadratmeter groß, Gebäude bis 170 Quadratmeter sind problemlos machbar. Pammer: "Wir können sie beliebig erweitern, ähnlich wie bei Reihenhäusern." Da sei man "höchst flexibel".
Aus nachwachsenden Rohstoffen
Pammer ist von seinem System überzeugt.
Die Häuser hätten gegenüber den herkömmlichen Zelten, wie sie weltweit im Einsatz seien, erhebliche Vorteile: Es handele sich um eine feste, langlebige Unterkunft; "wir sagen, sie hält drei bis fünf Jahre". Sie biete dauerhaften Schutz vor Hitze, Kälte, Wind, Regen und Schnee, könne überall eingesetzt - und auch produziert - werden.
Im Gegensatz zu den Zelten sind alle Wände senkrecht, ein Pultdach trotze Niederschlägen.
Zwischenwände gewährleisteten eine gewisse Privatatmosphäre. In einem Zelt oder in einer Turnhalle gibt es die nicht.
Gefertigt werden die Teile aus nachwachsenden Rohstoffen. Werden sie nicht mehr benötigt, können sie demontiert und per Norm-Container abtransportiert oder auch einfach verbrannt werden. Der Aufbau sei einfach und könne von jedem bewältigt werden. Zwei Helfer reichen.
"Wenn die nicht vier linke Hände haben, ist das kein Problem", sagt der Erfinder. Benötigt würden nur die Module, Nägel oder Schrauben - " überall verfügbar" - sowie Folien: eine gegen die Nässe von unten, eine gegen die von oben. Die"Nahtstellen" der Teile werden mit Klebeband abgedichtet. Nasszellen und Heizungen seien kein Problem.
Weniger als ein Euro pro Tag
Nicht ganz unwichtig ist der Preis:Nach
Angaben von Pammer würde ein Kartonhaus für sechs Menschen etwa 1800 bis 2000 Euro kostet (bei einer Massenproduktion wären es deutlich weniger). Das seien weniger als ein Euro pro Tag und Person. Und: "Ein Zelt, belegt über zwei bis drei Jahre, kommt teurer." Denn dafür müsse man 10 000 bis 12 000 Euro hinlegen.
Ein Prototyp hat bewiesen, dass Pammer nicht falsch liegt: In einem Kasernengelände in Kitzingen steht seit knapp einem Jahr ein
Musterhaus. Es ist äußerst schlicht, aber voll funktionsfähig und besteht aus zwei Zimmern. Dort gibt es Platz für mehrere Stockbetten. Nebenan befindet sich ein Aufenthaltsraum. Alles ist trocken, nichts "muffelt".
Die Idee zu den Notquartieren aus Holz und Karton hatte Pammer "schon vor 20 Jahren". Damals war er für die Malteser in Ex-Jugoslawien und Rumänien im humanitären Einsatz: "Ich kenne die Katastrophengebiete." Dabei habe er erkannt, "es muss
etwas anderes geben als diese Zelte." Sicher, auch seine Häuser seien eine Notlösung, aber sie seien als Übergangs- oder gar Dauerquartier besser.
Architekt half bei der Statik
Zusammen mit Architekt Alfred Konnerth (Mainbernheim) hat er dann seine Idee umgesetzt. Dabei stimmt auch die Statik.
Sie hätten eine Wand mit 300 Kilo belastet, "da ist nichts passiert". Alles sei "bombenfest".
Verbesserte Version
Inzwischen hat der studierte Volkswirtschaftler sich eine verbesserte Version ausgedacht. Hier kommen Module zum Einsatz, die aus einem Dämmkern aus PU-Schaum und einer Blechverkleidung bestehen. Die Innenwände sind vier Zentimeter dick, die Außenwände sind doppelt so stark.
Die Aufstellung eines Prototyps ist noch heuer geplant.
Abnehmer dringend gesucht
Die Kunden stehen Schlange? Von wegen. Bislang hat Pammer noch keinen Abnehmer finden können. Er ist bis jetzt nur auf ein gewisses Desinteresse gestoßen. Warum das so ist, kann er auch nicht so recht erklären.
Das Problem, sagt er, "dass der Deutsche das offenbar in Deutschland nicht will". Vielleicht komme es angesichts des weiter wachsenden Flüchtlingsstroms schon bald zu einem Umdenken.