Es geht nicht ums Geld, es geht um mehr Sicherheit. Das beteuern Polizei und Kommunen im Landkreis Bad Kissingen, wenn sie blitzen (lassen). Noch immer werde viel zu schnell gefahren.
Der graue VW steht auffällig unauffällig am Straßenrand. Er hat es in sich. Denn er ist, je nach Sichtweise, eine "Radarfalle" oder eine Messstelle. Und wenn es aus dem getönten Rückfenster geblitzt hat, ist es zu spät. Wieder einmal hat die Polizei ein teures Foto gemacht, die Rechnung - mindestens 15 Euro, manchmal aber auch deutlich mehr - kommt nach einigen Wochen mit der Post.
66 Verkehrstote gab es 2012. 23 Menschen starben bei Unfällen durch zu hohe Geschwindigkeit, sagt Oberkommissar Florian Koch, der Chef der Verkehrspolizeiinspektion Werneck. Sie ist unter anderem zuständig für die Überwachung der Tempolimits in der Region Main-Rhön. Dort gibt es 600 Messstellen, meist Unfallschwerpunkte, aber auch Abschnitte, "von denen man weiß, dass hier gerast wird". Erst dieser Tage wurde einer auf der Autobahn mit 230 "Sachen" erwischt. 120 Stundenkilometer sind hier erlaubt.
Der Druck soll höher werden Sechs Fahrzeuge mit Radar oder Lichtschranke seien im Einsatz, täglich werde gemessen. Den Vorwurf der Abzocke weist er zurück. Das habe damit gar nichts zu tun. Florian Koch: "Wir wollen nicht die Staatskasse füllen, wir wollen eine Verhaltensänderung." Wegen des hohen materiellen und personellen Aufwands - die Geräte sind sehr teuer - sei auch gar kein Gewinn zu erwarten.
Dennoch werde die Polizei den Flächendruck erhöhen. So finde an der B 286 seit einigen Wochen eine Schwerpunktaktion statt. Hier werde unter anderem an mehreren Stellen gleichzeitig geblitzt. Dabei sei die Polizei allerdings etwas großzügiger als die "Kollegen" von der VG Bad Neustadt. Florian Koch verweist auf eine Studie: Ein einziger Stundenkilometer weniger und die Unfallzahlen würden um vier Prozent sinken.
Polizei hat nicht genug geblitzt Zu den Hauptunfallursachen zähle nach wie vor die nicht angepasste beziehungsweise zu hohe Geschwindigkeit, sagt Florian Koch. Dies liege wohl daran, dass Tempoüberschreitungen bei einigen als Kavaliersdelikt gelte.
Oberkommissar Karl Martin hat keinen richtigen Stress. Er muss nur aufpassen, dass alles klappt und Protokoll führen. Der Laser namens "PoliScan" macht die "Arbeit" vollautomatisch. So als ein Kleinwagen mit 71 Sachen die Stelle am Kindergarten passiert. Schon ist alles aufgezeichnet, samt Foto. Seit 1985 blitzt der 55-Jährige. Die allermeisten Temposünder, "weit über 90 Prozent", sehen seine Tätigkeit positiv. Das bestätige ihn. Er sei auch schon beschimpft worden. Das komme nicht oft vor, man müsse sich aber nicht alles gefallen lassen.
Er kann sich seine Messstellen selber aussuchen. Diesmal stand er an einem Kindergarten, nach dem Ende der Ferien wird er sich verstärkt an Schulwegen und Bushaltestellen postieren.
Da die Polizei nicht immer und überall sein kann, haben einige Kommunen die innerörtliche Verkehrsüberwachung in die eigene Hand genommen.
Seit gut einem Jahr lässt der Markt Burkardroth diese von der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Bad Neustadt vornehmen. Bürgermeister Waldemar Bug (ÖDP) ist mit dieser Lösung recht zufrieden. Man habe sich dazu entschlossen, weil es in Bürgerversammlung immer wieder Beschwerden über Raser gegeben habe. Die Polizei habe "nur sporadisch" geblitzt und "nicht in dem Umfang, wie wir das gewünscht hätten", sagt Bug.
Zwölf Prozent erwischt Gemeinsam habe man Messstellen in innerörtlichen Tempo-30- und -50-Bereichen festgelegt; etwa an Kindergärten. Gebucht hat der Markt zehn Stunden pro Monat. Dafür muss er bezahlen, Gewinn hat er nicht erzielt. Waldemar Bug spricht von einem "Nullsummenspiel". Aber darum gehe es nicht: "Mein Ziel ist, dass langsamer gefahren wird", sagt der Bürgermeister.
Nach seinen Angaben wurden 3719 Autos geblitzt, es kam zu 435 Verwarnungen und elf Bußgeldern. Daraus errechnet sich eine Quote von 11,99 Prozent.
"Bislang kein Thema bei uns" Seit zwei Jahren kooperiert der Markt Bad Bocklet mit der VG Bad Neustadt. Man sei damit "sehr zufrieden", sagt der geschäftsleitende Beamte Paul Back: "Es hat was gebracht, viele fahren langsamer." Aber man müsse ständig am Ball bleiben. Auch Bad Bocklet habe zehn Stunden im Monat gebucht. Gemessen werde an neuralgischen Stellen wie der Schlossstraße in Aschach. Dort habe es viele Unfälle - zum Teil mit Überschlag - gegeben. Denn viele würden "grenzwertig" fahren. Mit Abzocke habe das gar nichts zu tun. Genaue Zahlen kennt Back nicht, er sei auch schon geblitzt worden. "Da wurde ich daran erinnert, langsamer zu fahren".
Die kommunale Verkehrsüberwachung "war bislang kein Thema bei uns", sagt Stefan Funk, der geschäftsleitende Beamte im Nüdlinger Rathaus. Damit habe sich die Gemeinde noch nicht beschäftigt. Er sei schon geblitzt worden. "Dann gebe ich mir die Schuld, ich habe einen Fehler gemacht". Das sehe er leidenschaftslos, sagt Funk.
Gemeinde misst selber Auch die Gemeinde Oerlenbach setzt auf die Blitzer der Polizei. Geschäftsleitender Beamter Werner Rauh sagt, die kommunale Verkehrsüberwachung sei eigentlich Thema in jedem neuen Gemeinderat. Es habe sich aber noch nie eine Mehrheit dafür gefunden. Motto: "Wir lassen es bei der Polizei, wir würden uns nur Ärger einhandeln." Die Gemeinde habe sich eine mobile Messanlage zugelegt. Die komme zum Einsatz bei Klagen über Raser. Das Ergebnis sei aber "nicht so dramatisch, dass man hätte einschreiten müssen." Bei Ausreißern werde die Polizei eingeschaltet.