Es geht um 1,4 Millionen Euro, die Anlieger der Stadt Bad Kissingen schulden. Sie müssen sich nachträglich an Kosten für diverse Kanalbaustellen beteiligen. Der Streit geht über Jahre. Die Stadt wartet vorerst ab.
Lange ist's her. Vor 17 Jahren wurde der Kanal in der Maxstraße saniert, die Kreuzung zur Hemmerichstraße war aufgerissen. Bei den meisten Bad Kissingern dürfte die Erinnerung an die Baustelle verblasst sein, genauso wie an die anderen Kanalbauarbeiten, etwa in der Kapellenstraße, in der Von-der-Tann-Straße sowie am Eisenstädter Platz.
War da was? Vielleicht, kann schon sein.
Es gibt aber auch heute noch Bad Kissinger, die Ärger wegen dieser längst abgeschlossenen Baustellen haben. Anlieger nämlich, der Finanzausschuss des Stadtrates, sogar das Verwaltungsgericht in Würzburg. Es geht um viel Geld: 1,4 Millionen Euro Ausbaubeiträge fordert die Stadt Bad Kissingen von den Anliegern.
Die wehren sich natürlich.
Rechnung kommt nachträglich Die Stadt hatte es in der Vergangenheit bei einigen Baustellen in der Innenstadt versäumt, die Anlieger an den Kosten zu beteiligen. Dazu wäre sie aber laut kommunalem Prüfungsverband verpflichtet gewesen. Jahrelang geschah nichts, Ende 2011 fiel der Fehler erst auf. Seitdem versucht die Stadt, die ihr zustehenden Beiträge einzutreiben.
Mit teilweisem Erfolg, berichtet Horst Geier von der Bauverwaltung. "500 000 Euro sind bereits eingegangen, 900 000 Euro sind noch offen." Das teilte dem Finanzausschuss in der gestrigen Sitzung mit.
"Es stellt sich die Frage, wie wir weiter mit den Altfällen umgehen", sagte Oberbürgermeister Kay Blankenburg (SPD). Jeder Anlieger hat einen Zahlungsbescheid erhalten, manche haben bereits gezahlt, andere weigern sich bislang, manche gehen den Rechtsweg.
Grundsätzlich ist in den nächsten Wochen die Zahlung fällig. Allerdings hat die Stadt den Schuldnern bereits eine deutlich verlängerte Frist eingeräumt, weil sie laut Geier ein am Verwaltungsgericht Würzburg anhängiges Urteil abwartet. Darin geht es um die Hartmannstraße, die mit den anderen Fällen (Max-, Hemmerich-, Kappellen-, Von-der-Tann-Straße sowie Eisenstädter Platz) vergleichbar ist.
"Grundsätzlich war in der ersten Jahreshälfte mit der Entscheidung gerechnet worden", berichtete Geier.
Gerichtsvollzieher klingelt nicht Das Urteil wurde verschoben und ist für das letzte Quartal 2014 angekündigt. Das ist allerdings zu spät für die Stadt und die säumigen Anlieger. Eigentlich müssten Abmahnungen verschickt und schlimmstenfalls der Gerichtsvollzieher eingeschaltet werden.
Die Verwaltung hat Skrupel, diese äußersten Schritten zu gehen. Sie möchte lieber weiter auf die Entscheidung des Gerichts warten, in der Hoffnung, dass das Urteil die eigene Position stärkt.
Die Mitglieder des Finanzausschusses spielten mit. Sie stimmten nach kurzer Diskussion mit 6:2 Stimmen dafür, dass die Stadt bei fälligen, nicht beglichenen Zahlungen bis Jahresende nicht aktiv wird.
Sollte sich das Urteil noch länger hinauszögern, will man die Altfälle von Amts wegen formell aussetzen.
Klaus Werner (BfU, Grüne, ÖDP) vergewisserte sich, dass die Forderungen der Stadt in dieser Zeit nicht verjähren. Können sie nicht, bestätigte Justiziar Joachim Kohn. Klaus Zehe (Freie Wähler) hatte Bedenken und stimmte dagegen. "Muss nicht wegen des Gleichheitsprinzips abgemahnt werden", fragte er.
Es sei unfair gegenüber allen, die bezahlt haben, wenn man die Schuldner fürs Erste gewähren ließe.
Hintergrund: Die Stadt erhebt nachträglich Anliegerbeiträge