An der Mailänder Scala wachsen die Mozart-Stimmen von morgen

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Nach Beethovens 3. Klavierkonzert: David Fray und Lawrence Foster.
Nach Beethovens 3. Klavierkonzert: David Fray und Lawrence Foster.
Der Mailänder Sängernachwuchs (von links): Fatma Said, Alice Quintavalla, Erika Beretti, Kwanghyun Kim und Piotr Ostapenko. Fotos: Ahnert
Der Mailänder Sängernachwuchs (von links): Fatma Said, Alice Quintavalla, Erika Beretti, Kwanghyun Kim und Piotr Ostapenko. Fotos: Ahnert
 

Die Accademia dell Teatro alla Scala überzeugte.

Bad Kissingen — Wenn man bedenkt, wie stark die personelle Fluktuation in dem "Lehrorchester" der Accademia dell Teatro alla Scala ist, da die Stipendien zeitlich befristet sind, und wenn man dann zur Kenntnis nimmt, dass in diesem Orchester eigentlich nichts langfristig zusammenwachsen kann, dann kann man vor der Arbeit der Orchesterpädagogen vor Ort eigentlich nur den Hut ziehen.
Und wenn dann der richtige Dirigent am Pult steht, der junge Leute so führen kann wie Lawrence Foster, dann wundert man sich nicht mehr über das Engagement, die Begeisterung und Präzision des Orchesters. Die Ouvertüre zu Rossinis Oper "L'italiana in Algeri" wurde zu einem echten Aufwecker und schwungvollen Einstieg.
Aber dann kam erst David Fray. Der Franzose spielte das 3. Klavierkonzert von Beethoven, das Igor Levit im Eröffnungskonzert vorgelegt hatte. Und er spielte es wieder mal so, als sei seine Jacke an der Stuhllehne angenagelt: ohne allzu große Inspiration, ohne erkennbare eigene, neue Ideen, ohne jeden Aha-Effekt, mehr oder weniger abliefernd. Lawrence Foster musste ihn das eine oder andere Mal an das Tempo erinnern. Und es war nicht zu überhören, dass er zwei Mal beinahe geschmissen hätte, weil ihm ein paar Töne zwischen die Finger gerutscht waren. Das Orchester lieferte den wesentlich spannenderen Part.
Das Kissinger Publikum zeigte sich beim stürmischen Beifall überraschend - aber verständlicherweise - sehr zurückhaltend. Trotzdem gab's eine Zugabe: Bach, wie in diesem Jahr üblich. Hätte so nicht sein müssen. Denn eigentlich hat Fray eine höchst bemerkenswerte Einspielung vorgelegt.

Jugend kann Spaß machen

Dafür machte der zweite Teil des Konzerts umso mehr Spaß: Fünf junge Leute, die an der Accademia Gesang studieren, stellten sich vor mit Arien, Duetten und einem Terzett aus Wolfgang Amadeus Mozarts Da-Ponte-Opern "Le nozze di Figaro", "Così fan tutte" und "Don Giovanni". Was besonders auffiel: Die Rollen waren sehr gut ausgesucht und auf die Stimmen und Persönlichkeiten zugeschnitten, zeigten Entwicklungsperspektiven auf. Die Sopranistin Fatma Said etwa ist eine echte Begabung als Soubrette. Als Susanna, Despina und Zerlina zeigte sie nicht nur stimmliche Leichtigkeit und Treffsicherheit, sondern auch schauspielerische Begabung. Die stärker in sich ruhende Alice Quintavalla mit ihrer etwas dunkler timbirierten Stimme ist geradezu prädestiniert für die Gräfin und ähnliche Rollen. Erika Beretti (Mezzosopran) sang unter anderem einen wunderbar verwirrten Cherubino.
Auch die beiden Männer konnten in hohem Maße überzeugen. Für den beweglichen Bariton von Piotr Ostapenko waren die Partien des Figaro und des Don Alonso genau die richtien Demonstrationsobjekte. Der etwas statischere Kwanghyun Kim war als Graf Almaviva genau der Richtige. An seinem Parlando kann er noch ein bisschen arbeiten, aber er hat ja noch Zeit. Mit mehr Erfahrung hätte sicher auch nicht in dem Terzett "Soave sia il vento" einen Halbton zu tief angesetzt. Kann passieren, und die beiden Mädels bewiesen Nerven. Die Zugabe lieferten die Bocksbeutel.