Zwischen Lauterer Kreuzung und Waldfenster wurden jetzt etliche Kiefern, Fichten, Eichen und Buchen abgesägt. Sie drohten, auf die Straße zu kippen.
Normalerweise wartet Förster Joachim Dahmer nicht auf den Bus. An diesem Tag aber schon. Denn im Gemeindewald zwischen Lauterer Kreuzung und Waldfenster müssen Bäume gefällt werden. "Sie sind so hoch gewachsen, dass sie dabei auf die Bundesstraße kippen", erklärt der Fachmann. Entsprechend muss die Hauptverkehrsader gesperrt werden. Doch so einfach geht das nicht.
Denn auf der B286 fahren nicht nur jede Menge Pkw und Lkw, täglich sind es rund Fünftausend. Auch der Bus, der die beiden Kurorte Bad Kissingen und Bad Brückenau verbindet, verkehrt hier regelmäßig. Entsprechend müssen die Fällarbeiten auf den Fahrplan abgestimmt werden. "Wir können nur die Pausen zwischen den Bushalten nutzen", sagt der Förster. Die sind zwischen 18 und 70 Minuten lang.
Schief gewachsene Bäume
Während Dahmer die Uhrzeit im Auge behält, bereiten seine Kollegen, die Waldarbeiter Stephan Epp und Andreas Bauer, die Fällarbeiten vor: Die Kettensägen und Keile liegen bereit. Auf den Köpfen tragen die Forstleute ihre Spezialhelme. "Noch drei Minuten", sagt Dahmer und lässt seinen Blick durch das Waldstück schweifen. "Etliche Bäume wachsen hier total schief", erklärt er. Als Ursache dafür nennt er den Wind, der immer stark über diese Anhöhe weht, die etwa 500 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Einige habe jedoch Orkan Wiebke, der 1990 über Deutschland hinwegfegte, in die Schieflage gebracht.
Kaum Verbissschäden zu sehen
Diese und weitere Bäume müssen jetzt raus, ist der Förster überzeugt. "Denn wir wissen nicht, ob sie beim nächsten Sturm auf die Straße kippen." Oder im nächsten Winter. Denn die Kiefern hätten ausladende Kronen, in denen sich der Schnee festsetzen und mit seinem Gewicht den Stamm zum Brechen bringen könnte. Außerdem muss das Waldstück verjüngt werden.
Zahlreiche kleine Buchen, Tannen und Eichen sind am Waldboden aufgegangen. "Und das ohne Verbiss", freut sich Dahmer. Dass das Rehwild hier so zurückhaltend ist, liegt seiner Meinung nach an der stark befahrenen Straße. "Das ist für die Tiere zu unruhig hier." Diese Unruhe haben der Förster und sein Team in den vergangenen Tagen noch verstärkt. Insgesamt 300 Festmeter - überwiegend Bau- und Heizholz - werden sie in dem Waldstück ernten. Doch für einige Tage ruhen die Arbeiten. "Weil wir eine Lieferung bekommen und erst einmal in einem anderen Waldstück pflanzen müssen", erklärt Dahmer.
Kahlschag wird neu bepflanzt
In wenigen Tagen gehen die Fällarbeiten an der Bundesstraße weiter. Dabei wird die rund 30 Meter tiefe Schneise, die jetzt mehrere hundert Meter lang geschlagen wurde, verlängert. Doch eine Wüstenei soll die gerodete Fläche nicht bleiben. Zwar sind schon zahlreiche kleine Bäume nachgewachsen, aber alleine schafft es die Natur nicht, zu begrünen. Deshalb plant der Förster, nachzuhelfen - mit blühenden Bäumen und Sträuchern, wie etwa Traubenkirsche, Vogelbeere und Wildobstarten.
Pläne für einen neuen Radweg
"So profitieren viele von dem Holzeinschlag", ist der Förster überzeugt. Die Bienen bekommen Futter nach der Rapsblüte, die Bewohner Holz zum Heizen, die Autofahrer eine sichere Straße und die Radfahrer einen Radweg. Letzteres ist neu, wird von Matthias Wacker bestätigt. Er ist der für den Landkreis zuständige Abteilungsleiter für Straßenbau im Staatlichen Bauamt Schweinfurt. "Wir haben die Absicht, dort einen Radweg als Lückenschluss vom Pendlerparkplatz nach Waldfenster zu bauen", schreibt er auf Nachfrage dieser Zeitung. Man sei jedoch noch am Anfang der Planungen, die im Rahmen des Programms "Nachträglicher Anbau von Radwegen entlang von Bundesstraßen" laufen.
Dieses will der Freistaat von 2015 bis 2019 für rund 75 Millionen Euro umsetzen. Allein 3,72 Millionen Euro davon sollen in den Ausbau des 12,4 Kilometer langen Radweges Platz-Waldfenster-Staatsstraße 2291 fließen. Noch ist völlig offen, wo genau dieser in dem Waldstück nahe der Lauterer Kreuzung verlaufen wird.
Dort kommt nun Bewegung ins Geschehen. Der Bus nach Bad Brückenau hat die Haltestelle passiert. Die Forstleute greifen zur Säge und legen los. Lautes Kreischen erfüllt den Wald. Dann knackt es und der erste Baum fällt um, kracht mit der Krone auf die Bundesstraße.