Abgeordnete entsetzt über Kollegen

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CSU-Landtagsabgeordneter Robert Kiesel zeigt jedem Besucher bereitwillig sein Büro samt Besprechungszimmer, das er ausschließlich für seine Tätigkeit im Landtag nutzt. Foto: Ralf Ruppert
CSU-Landtagsabgeordneter Robert Kiesel zeigt jedem Besucher bereitwillig sein Büro samt Besprechungszimmer, das er ausschließlich für seine Tätigkeit im Landtag nutzt. Foto: Ralf Ruppert
 

Die hiesigen Landtagsabgeordneten legen wert auf die strikte Trennung von Abgeordnetenbüros und Partei-Geschäftsstellen. Die Auswüchse bei Kollegen hätten sie nicht für möglich gehalten.

Digitalkamera für 6000 Euro auf Kosten des Landtags, Reiseabrechnung samt Hotelrechnung für eine Schulung in der Schweiz und Kostenpauschalen für Abgeordnete, die gar kein Büro in ihrem Heimat-Wahlkreis unterhalten: "Manches verstehe ich einfach nicht", ärgert sich der Bad Kissinger CSU-Landtagsabgeordnete Robert Kiesel, wenn er den jüngsten Bericht des Obersten Bayerischen Rechnungshofes zu den Bezügen seiner Kollegen durchblättert.

Verstoß gegen Verfassung?

Ein Bericht des ARD-Nachrichtenmagazins "Monitor" hat das Thema wieder hochgekocht und Einzelfälle aus dem Rechnungshof-Bericht vom 12. August unter die Lupe genommen. In dem Beitrag berichtete unter anderem der Knetzgauer Bürgermeister Stefan Paulus (noch CSU), dass Geld aus dem Landtagsamt direkt in die dortige CSU-Geschäftsstelle geflossen sei. Also Steuermittel für Parteien? Das wäre ein Verstoß gegen die Verfassung.

"Ich habe ein eigenes Büro mit Sitzungsräumen hier bei mir in einem separaten Gebäude", stellt Kiesel klar, dass er seit jeher auf eine strikte Trennung zur CSU-Geschäftsstelle setzt: "Das sind zwei Paar Stiefel." Und CSU-Wahlkreis-Geschäftsführer Detlef Heim ergänzt: "Die Geschäftsstelle finanziert sich im Wesentlichen über Mitgliedsbeiträge."

"Die Kostenpauschale habe ich nie voll ausgeschöpft", berichtet Kiesel über seine mehr als 23 Jahre im Landtag. "Ich bin noch so erzogen, dass man das kostengünstig macht", sagt er: Solange ein Computer noch funktioniere, tausche er ihn nicht auf Kosten des Landtages aus, und: "Ich habe noch nie eine Digitalkamera abgerechnet."
Dass er in seinem Büro seit jeher seine Frau Hiltrud, eine ausgebildete Großhandelskauffrau beschäftigt, verteidigt Kiesel dagegen: Bei seinem Amtsantritt am 16. Mai 1990 habe ihm die Landtagsverwaltung eine solche Lösung sogar vorgeschlagen.

Und flexibler sei sie allemal: Seine Frau nehme auch am Samstag um 7 Uhr Telefonate an. Kiesels Konsequenz aus der Neuregelung zum 1. Juni: "Meine Frau ist nach wie vor bei mir beschäftigt, aber ich bezahle sie aus meiner eigenen Tasche." Und das auch noch mindestens ein halbes Jahr, obwohl sein Mandat am 7. Oktober endet: "Ich will dann noch etliches abarbeiten."

Keine Kamera angekündigt

"Bei manchen Sachen kann auch ich nur mit dem Kopf schütteln", sagt auch Landtagsabgeordnete Sabine Dittmar (SPD). "Mich ärgert auch, wenn ein Kollege zum Beispiel kein Büro in seinem Wahlkreis hat, aber die Pauschale kassiert." Auch sie habe noch nie eine Digitalkamera mit dem Landtagsamt abgerechnet, sondern nutze ihre eigene. Und für die SPD-Parteibüros zahle sie keinen Cent. Dagegen nutze sie ihr Mitarbeiter-Budget voll aus: In München und im Landkreis habe sie mehrere wissenschaftliche Mitarbeier, die sie bei der Arbeit in der gesamten Region Main-Rhön unterstützen.

"Da bleibt mir die Sprache weg", ist auch Günther Felbinger (Freie Wähler) sauer. Er habe sich zwar in der Mitte der Legislaturperiode einmal eine Kamera mit Steuergeldern gekauft, aber: "Bei mir kann sich jeder jederzeit davon überzeugen, wofür ich es nutze", sei die Ausrüstung ständig im Einsatz.

Prüfung Der Oberste Bayerische Rechnungshof hat die Aufwendungen für die Beschäftigung von Mitarbeitern der Abgeordneten, die Kostenpauschale, die besondere Aufwandsentschädigung für Funktionsträger und die Erstattung für Informations- und Kommunikationseinrichtungen unter die Lupe genommen.

Umfang Alle Ausgaben zusammen haben im Jahr 1998 noch 26,1 Millionen Euro betragen, bis ins Jahr 2012 stiegen sie auf 37,9 Millionen Euro. Das bedeutet eine Steigerung pro Abgeordneten von 128 000 Euro im Jahr 1998 (204 Abgeordnete) auf 203 000 Euro im vergangenen Jahr (187 Abgeordnete).

Erhöhung Die reinen Diäten sind zwischen 1998 und 2012 von 5171 auf 7060 Euro monatlich gewachsen. Die Kostenpauschale hat sich im gleichen Zeitraum von 2484 auf 3214 Euro im Monat, die Erstattungshöchstbeträge für Mitarbeiter von 2830 auf 7330 Euro im Monat erhöht.

Mängel Der Hauptvorwurf des Rechnungshofes richtet sich gegen das Landtagsamt. Das ließ sich etwa 2012 nur neun von 764 Arbeitsverträge für Abgeordneten-Mitarbeiter vorlegen. Zudem seien "umfangreiche Zahlungen an Parteigeschäftsstellen erfolgt", explizit erfasst sind solche Zahlungen alleine für das Jahr 2011 in Höhe von 714 860 Euro.