Ab Februar erhalten Asylbewerber Geld statt Essen

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Tsion Gebru (links) und Etete Werotew aus Äthiopien gehören zu den bislang 1470 Asylbewerbern, die sich in diesem Jahr bislang im Regierungsbezirk Unterfranken in Sicherheit gebracht haben. Beide wohnen in der Gemeinschaftsunterkunft Hammelburg. Foto: Markus Reeh
Tsion Gebru (links) und Etete Werotew aus Äthiopien gehören zu den bislang 1470 Asylbewerbern, die sich in diesem Jahr bislang im Regierungsbezirk Unterfranken in Sicherheit gebracht haben. Beide wohnen in der Gemeinschaftsunterkunft Hammelburg. Foto: Markus Reeh
... der Jahre 2008 bis 2013 (von links nach rechts). Grafik: Susanne Röhrig
... der Jahre 2008 bis 2013 (von links nach rechts). Grafik: Susanne Röhrig
 

Tsion Gebru, Etete Werotew und andere Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft Hammelburg bekommen demnächst Geld- statt Sachleistungen. Deshalb und wegen der steigenden Zahl der Asylbewerber verdoppelt sich auch der Ansatz im Haushalt des Kreises.

Die Regierung von Unterfranken hat gestern auf Nachfrage bestätigt, dass es in Zukunft für Asylbewerber im Bezirk Geld- statt Sachleistungen gibt. Sprich: Statt Essenspaketen bekommen die Menschen jetzt ungefähr doppelt so viel Geld. Bislang wurden etwa für einen Haushaltsvorstand 137 Euro im Monat als so genanntes soziokulturelles Existenzminimum ausgezahlt, ab Februar werden es 275 Euro sein.

Probleme bei der Umsetzung

Ministerpräsident Horst Seehofer hatte diesen Schritt am 12. November in seiner Regierungserklärung angekündigt und war damit auf Forderungen von Asylbewerbern und Menschenrechtsorganisationen eingegangen. Regierungspräsident Paul Beinhofer habe nun entschieden, "zum ehestmöglichen Zeitpunkt auf Geldleistungen umzustellen", hieß es gestern aus Würzburg. Unmittelbar nach dem Auslaufen der Lieferverträge werde im Februar damit begonnen. Laut Landratsamt gibt es diese Praxis bereits jetzt in der neuen Gemeinschaftsunterkunft im Oerlenbacher Ortsteil Ebenhausen.

Auch wenn damit eine langjährige Forderung erfüllt wird, gebe es auch Kritiker, berichtete Johannes Hardenacke, Pressesprecher der Regierung von Unterfranken: "Wenn es keine Einkaufsmöglichkeiten vor Ort gibt, werden wir mit allen Beteiligten nach Lösungen suchen." Die Träger der Asylsozialarbeit seien bereits informiert und sollen die Leistungsempfänger darauf vorbereiten, dass sie ihr Essen in Zukunft selbst einkaufen müssen. Im Übrigen werden Unterkunft, Kleidung und Haushaltsgüter weiterhin als Sachleistungen gestellt.

Diese Neuregelung wirkt sich unmittelbar auf den Sozialhilfe-Haushalt aus, den der Kreisausschuss in dieser Woche genehmigte: Wegen der höheren Geldleistung, vor allem aber wegen der gestiegenen Zahl an Asylbewerbern hat sich der Ansatz für die Asylbewerberleistungen von 352.000 Euro heuer auf 797.000 Euro für das kommende Jahr mehr als verdoppelt. Aber: Den Landkreis selbst kostet das kein Geld, weil jeder einzelne Euro dafür wieder von der Regierung von Unterfranken ersetzt wird. Auch für das laufende Jahr wird der Ansatz überschritten: Anfang November hatte der Landkreis bereits 474.000 Euro ausgezahlt.

Dass es im Bereich Asyl die größten Veränderungen im gesamten Sozilhilfe-Haushalt gibt, liegt vor allem an der gestiegenen Zahl von Asylbewerbern: Im Jahr 2008 kamen gerade einmal 277 hilfsbedürftige Menschen aus dem Ausland nach Unterfranken, im vergangenen Jahr waren es bereits mehr als drei Mal so viele (922), in diesem Jahr liegt der aktuelle Stand laut Hardenacke bei 1470 neuen Asylbewerbern (siehe Grafik).

Im Landkreis Bad Kissingen sind deshalb neue Gemeinschaftsunterkünfte entstanden, bis zu 330 Asylbewerber könnte der Kreis aufnehmen: 100 in Münnerstadt, 80 in Hammelburg, 50 im Oerlenbacher Gemeindeteil Ebenhausen und demnächst weitere 100 im Bad Brückenauer Stadtteil Volkers. Auf Nachfrage der Bad Brückenauer Bürgermeisterin und CSU-Kreisrätin Brigitte Meyerdierks betonte denn auch Landrat Thomas Bold (CSU), dass keine weiteren Gemeinschaftsunterkünfte mehr im Kreis geplant seien: "Wir sind damit jetzt deutlich über dem Soll."

Der Landkreis ist neben der Auszahlung von Geldleistungen auch für Bekleidung, Schulbeihilfe oder Babyerstausstattung zuständig. Dagegen zahlt die Regierung von Unterfranken die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft, die bisherige Verpflegung als Sachleistung sowie Personalkosten für Hausmeister oder Sozialbetreuung vor Ort direkt.

Sinkende Netto-Belastung

Deshalb sind auch die Haushaltsansätze bei der Regierung von Unterfranken deutlich gewachsen: 2013 wurden zum Beispiel 5,9 Millionen Euro an die örtlichen Träger weiter gebucht, heuer waren es bereits in den ersten drei Quartalen zehn Millionen Euro. Weitere vier Millionen Euro könnten im laufenden Quartal hinzu kommen.

Trotz der Mehrungen im Bereich Asylbewerber gehen die Sozialausgaben des Landkreises insgesamt zurück: Im aktuellen Haushalt wurden rund elf Millionen Euro für Grundsicherung, Hartz IV und mehr verbucht, 2014 sollen es 10,7 Millionen Euro werden. Noch erfreulicher sind die Einnahmen: Peter Nietsch, Leiter des Sozialamtes hofft nach 4,8 Millionen im laufenden Jahr für 2014 auf 6,0 Millionen Euro Ertrag. "Das bedeutet insgesamt eine Verbesserung von 1,2 Millionen Euro", sagte Nietsch und führte den positiven Trend vor allem auf die gute Entwicklung am Arbeitsmarkt zurück: "Wir haben aktuell 2140 erwerbsfähige Hilfsbedürftige." Kein Wunder, dass der Kreisausschuss dem Entwurf einhellig zustimmte: "Es ist sehr erfreulich, dass wir hier eine deutlich niedrigere Netto-Belastung haben", fasste Landrat Bold die Stimmung der Kreisräte zusammen.

Asyl Der Freistaat Bayern hat im vergangenen Jahr 173,7 Millionen Euro an Leistungen für Asylbewerber ausgegeben. Davon flossen 12,2 Millionen Euro nach Unterfranken: 6,3 Millionen Euro an überörtliche, 5,9 Millionen Euro an örtliche Träger. Ende 2012 lebten 15.939 so genannte Empfänger von Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Bayern (10.332 Männer und 5607 Frauen), davon 1853 in Unterfranken (1191 Männer und 662 Frauen). Das Durchschnittsalter aller bayerischen Asylbewerber betrug laut Statistischem Landesamt 26 Jahre, 9642 stammten aus Asien, 3206 aus Europa, 2750 aus Afrika, 72 aus Amerika und 269 waren staatenlos oder die Herkunft war unbekannt.

Haushalt Die Haushaltsansätze für Sozialhilfe, Grundsicherung, Kriegsopferfürsorge, Bildung und Teilhabe sowie für das Sozialgesetzbuch II (SGB II, vulgo Hartz IV) summieren sich für 2014 auf 10,7 Millionen Euro. Größter Einzelposten sind die Hartz IV-Leistungen: Der Landkreis muss hier 5,8 Millionen Zahlen, bekommt aber nur 1,8 Millionen Euro zurück. Anders bei der Grundsicherung für Senioren und Behinderte: Hier erstattet der Bund die kompletten 3,0 Millionen Euro. Für das Bildungspaket sind 179.000 Euro veranschlagt, das Frauenhaus wird mit 70.000 Euro unterstützt. Die Hilfe zur Pflege bleibt bei 212.000 Euro.

Ambulante Pflege Der Kreisausschuss hat auch beschlossen, die ambulanten Pflegedienste erneut mit 120.000 Euro zu unterstützen. Laut Landrat Bold sei diese Hilfe nicht mehr in allen Landkreisen üblich. Der Landkreis Bad Kissingen unterstützt die Pflegedienste aber trotzdem mit rund 1300 Euro pro Vollzeit-Stelle.