Noch entscheidet die Volkszählung 1987 darüber, ob am 15. August ein Feiertag ist. In der Lauertal-Gemeinde Maßbach überwiegen aber mittlerweile die Katholiken. Deswegen könnte hier ab 2014 auch Mariä Himmelfahrt offiziell ein Feiertag sein.
Wolfgang Denner ist ein typischer Fall für das Durcheinander rund um den Feiertag am Donnerstag: Als er 1992 die Auto- und Fahrrad-Werkstatt in der Maßbacher Ortsmitte übernahm, war der Betrieb ganz selbstverständlich an Mariä Himmelfahrt geöffnet. Schließlich war die Gemeinde mehrheitlich protestantisch. "Wir hatten so zwei oder drei Jahre geöffnet, seitdem haben wir zu", berichtet Denner, denn: "Ich selbst bin katholisch."
Denner ist auch Vorsitzender des örtlichen Gewerbevereins. "Früher hatten so ungefähr die Hälfte der Läden auf", schätzt er. Heuer werden es schon einige weniger sein, und im kommenden Jahr bleiben alle Türen zu: Ab 2014 ist Mariä Himmelfahrt Feiertag in der Gemeinde, weil die Katholiken mittlerweile in der Mehrheit sind. Bei der letzten Volkszählung 1987 waren es 2028 Katholiken und 2321 Protestanten, mittlerweile sind es 2194 Katholiken und nur noch 1993 Protestanten.
Heuer entscheiden zum letzten Mal die Daten der Volkszählung 1987 darüber, wo Geschäfte geöffnet sein dürfen oder Arbeitnehmer frei haben. Nur in Gemeinden, in denen damals die Zahl der Katholiken höher war, ist in Bayern der 15. August gesetzlicher Feiertag. Im Landkreis Bad Kissingen sind das (noch) drei Gemeinden: Zeitlofs, Geroda und Maßbach (siehe Grafik). Insgesamt können sich in Bayern die Menschen in 1700 von 2056 Kommunen über einen Feiertag am 15. August freuen. Wie das 2014 sein wird, ist nicht zentral erfasst: Die Ergebnisse des Mikro-Zensus 2011 sind noch nicht endgültig aufgearbeitet.
Feiertag ab 2014 Die VG Maßbach hat dagegen schon nachgerechnet: "Ab 2014 ist Mariä Himmelfahrt in Maßbach Feiertag", sagt Volker Heim vom Amt für öffentliche Ordnung der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Maßbach. Konsequenz: "Bisher konnten die Geschäfte hier offen haben, in Zukunft geht das nicht mehr, da kann man nichts machen." Einzige Möglichkeit wäre, dass die Gemeinde einen Markttag ausruft.
"Vor allem in Maßbach selbst haben an dem Tag viele Gewerbebetriebe geöffnet", berichtet Heim. Dagegen nutzten in den anderen, eher katholisch geprägten Gemeindeteilen die Betriebe die Möglichkeit nicht aus. Dort ändert sich also nicht viel, wenn ab 2014 der 15. August ein Feiertag ist. Ebenso bei der Verwaltungsgemeinschaft: "Das VG-Gebiet insgesamt mit Rannungen und Thundorf dazu ist ja seit jeher mehrheitlich katholisch", berichtet Heim. Deshalb haben er und seine Kollegen schon immer frei und die Amtsstuben bleiben leer.
Früher war die Welt noch einfach: Die Thüngensche Cent und einzelne Orte waren evangelisch, der Rest des Landkreises katholisch. Strikte Trennung war angesagt, Mitglieder der jeweils anderen Konfession waren Exoten. Seitdem hat sich viel getan: Kriegsflüchtlinge, Spätaussiedler und die zunehmende Mobilität verändern alte Strukturen. Das wirkt sich nicht nur bei der Feiertagsregelung für Mariä Himmelfahrt in Maßbach (siehe Titelseite), sondern auch im Miteinander von Protestanten und Katholiken aus.
Starker Anstieg durch Aussiedler "Im Jahr 1864 gab es in Brückenau nur 19 Protestanten, 1900 waren es dann 127", berichtet der evangelische Pfarrer Gerd Kirchner. In den 1970er Jahren gab es bereits rund 750 Gemeindemitglieder, Tendenz steigend, weil etwa im "Kurstift" viele Protestanten aus ganz Deutschland einzogen. "Als ich im Jahr 2000 hierher kam, hatte die Gemeinde 2500 Mitglieder", berichtet Kirchner. Zwar sank die Zahl mittlerweile wieder auf rund 2100, liegt aber immer noch über dem Niveau von Ende der 1990er Jahre.
Der Grund ist klar: Die Mehrheit der Spätaussiedler aus den ehemaligen Ostblock-Staaten ist evangelisch. "Ich gehe davon aus, dass wir 800 bis 1000 Neubürger in der Gemeinde haben", sagt Kirchner. Beim Nachwuchs ist der Anteil noch eindeutiger: "70 Prozent der Konfirmanden sind derzeit Aussiedler-Kinder." Auch in der Grundschule habe sich viel verändert: Früher waren katholische Schüler in der Mehrheit, heute sei jeweils etwa ein Drittel katholisch, ein Drittel evangelisch und ein Drittel besuche den Ethik-Unterricht. "Für eine Kleinstadt ist das schon außergewöhnlich."
Die amtlichen Zahlen unterstützen Kirchners Eindruck: Bei der letzten Volkszählung 1987 gab es in Bad Brückenau 4128 Katholiken und 1532 Protestanten, aktuell sind es laut Anton Kiefer von der Stadtverwaltung 3322 Katholiken und 1918 Protestanten. Die Zeichen stehen also auf Annäherung wie in den mehrheitlich protestantischen Gemeinden Geroda und Zeitlofs. Und: Die Zahl der Christen insgesamt sinkt.
Bedeutung der Ökumene Für Kirchner wird deshalb die Ökumene immer wichtiger: "Die Konfessionen brauchen sich gegenseitig." Deshalb hat er auch keine Probleme damit, sich an katholischen Riten wie Wallfahrten zu beteiligen oder auch mal einen Weihwasser-Kessel in die Hand zu nehmen. "Bei uns gibt es so eine Ängstlichkeit vor den katholischen Symbolen", gebe es aber auch evangelische Pfarrer, die da strenger seien. Aktives Abwerben von Katholiken kommt für Kirchner auch nicht in Frage: "Mir geht es einfach darum, dass Menschen ihre Spiritualität leben können."
Verteilt auf drei Dekanate Eine große Einschränkung macht aber auch Kirchner: "Was die Ökumene eigentlich ausbremst, ist, dass man sich gar keine Zeit dafür nehmen kann", berichtet er aus dem Alltag. Dabei beschäftigt die evangelische Landeskirche - gemessen am Bevölkerungsanteil - noch relativ viele Pfarrer: 16 evangelische Pfarrer sind derzeit im Landkreis aktiv, verteilt auf drei Dekanate (Lohr, Bad Neustadt und Schweinfurt) und sogar zwei Kirchenkreise (Ansbach/Würzburg und Bayreuth).
Bei den Katholiken ist zwar die Struktur einfacher - der ganze Landkreis gehört zur Diözese Würzburg - aber die Priester seltener: 14 Pfarrer mit Leitungsfunktion, davon zwei ausländische Priester, gibt es laut Diakon Frank Greubel vom Bischöflichen Ordinariat in Würzburg derzeit im Landkreis. Dazu kommen sechs Pfarrvikare, davon vier ausländische Priester, und drei Kapläne, davon ein ausländischer Priester. Zum Vergleich: Bei der Volkszählung 1987 hatte der Landkreis 79.838 Katholiken und 16.517 Protestanten.
"Wir haben natürlich andere Zulassungsbedingungen", sagt Frank Greubel als Assistent des Personal- und Ordensreferenten der Diözese Würzburg über die Suche nach Seelsorgern und spricht damit indirekt auch das Thema Zölibat an. Immer mehr Aufgaben werden deshalb auf Gemeinde- und Pastoralreferenten sowie andere Berufsgruppen verteilt. Aber: "Wir haben in der Diözese derzeit nicht nur zehn unbesetzte Pfarrstellen, sondern auch 40 andere freie Stellen, für die wir niemanden finden." Dabei wäre Seelsorge laut Greubel in den einzelnen Gemeinden so wichtig: "Gerade weil nach außen alles größer wird und zerfleddert, braucht es einen Rückzugsort", betont Greubel.