Aschaffenburg
Bundesweit einmalig

"i-Tüpfelchen" fürs Ehrenamt: Fränkische Stadt führt Feuerwehrrente ein - so funktioniert sie

Vergangenes Wochenende war das Papier fix - und ein bundesweit einmaliges Projekt geboren. Die Stadt Aschaffenburg unterzeichnete mit der Versicherungskammer Bayern die vertraglichen Rahmenbedingungen zur sogenannten Feuerwehrrente - eine zusätzliche Altersvorsorge für ehrenamtliche Feuerwehrdienstleistende.
Feuerwehrrente
Aschaffenburg führt die erste Feuerwehrrente ein. Foto: Feuerwehr Aschaffenburg

 Zwei Jahre Ausarbeiten und Entwicklung eines nachhaltigen Konzepts stehen laut dem Leiter der Aschaffenburger Feuerwehr, Mark Weigandt, hinter dem Vertragsschluss am vergangenen Samstag. "Die Idee kam aus den Reihen der Feuerwehr heraus. Wir haben eben die Problematik gesehen, dass uns immer wieder Leute wegbrechen, die gut ausgebildet sind und die Fachkenntnisse aus ihrem Berufsleben sehr gut bei uns einbringen können. Und da ist es sehr schade, wenn wir die Leute unterwegs verlieren. Das war so der Anreiz, wo wir gesagt haben: Mensch, gibt es da eine Möglichkeit, die auch dauerhaft an unsere Organisation zu binden?"

"Modell Aschaffenburg" - Feuerwehrrente soll langfristig binden

Entstanden ist so das einzigartige "Modell Aschaffenburg". Es handelt sich laut Mark Weigandt dabei nicht um eine Pauschale oder einen Betrag, den man bloß durch seine Mitgliedschaft in der Feuerwehr ausgezahlt bekommt – der jeweilige Feuerwehrdienstleistende muss auch aktiv etwas leisten, um im Ruhestand an den Ehrenamts-Bonus zu kommen. "Wir haben das an gewisse Leistungsparameter geknüpft. Wir erwarten als Ausgangssituation eine Mindestbeteiligung am Ausbildungs- und Übungsdienst. Es sollen 75 Prozent der Veranstaltungen unseres Jahres-Ausbildungsplans besucht werden. Das ist sozusagen der Grundstock, um überhaupt in diesem Rentensystem eine Einzahlungsberechtigung zu erreichen", erläutert Stadtbrandrat Weigandt gegenüber inFranken.de

In nackten Zahlen bedeutet das: Für jeden ehrenamtlichen Feuerwehrmann und jede Feuerwehrfrau zahlt die Stadt einen gewissen Betrag in einen Fonds ein, sofern er oder sie den „Grundstock“ erfüllt. Dabei kann sich jeder Feuerwehrdienstleistende durch weiteres Engagement noch zusätzliche Boni sichern, wie Mark Weigandt ausführt: "Das ist zum Beispiel eine Beteiligung an Einsätzen, oder wenn er sich als Ausbilder an einem Standardlehrgang engagiert und dergleichen." Maximal kommt so pro Kopf ein Betrag von 840 Euro jährlich zusammen. Gesamtkostenpunkt für die Stadt Aschaffenburg: 100.000 bis 120.000 Euro für derzeit 250 Personen im Jahr.

Die Maßnahme hat eine klare Zielgruppe. Es sollen laut Weigandt vor allem "reifere" Jahrgänge bei der Feuerwehr gehalten werden – konkret geht es um Menschen zwischen 20 und Mitte 30. "Die Leute, die haben oft schon eine Berufsausbildung hinter sich und sind ein Stück weit auch hier am Wohnort gefestigt. Und die wollen wir dazu animieren, sich in diesem wichtigen und auch sehr schönen Ehrenamt zu engagieren", so der Aschaffenburger Feuerwehr-Chef. Bei der Altersgruppe wäre die Feuerwehrrente "das i-Tüpfelchen, jemanden für diesen wichtigen Dienst zu gewinnen und auf Dauer zu halten.“

Keine Nachwuchssorgen bei der Freiwilligen Feuerwehr - aber klare Zielgruppe

Zu wenige Jung-Feuerwehrleute hat die Freiwillige Feuerwehr Aschaffenburg indes nicht. Da drücke der Schuh nicht, bekräftigt Mark Weigand: "Im Bereich der Jugendlichen, sprich ab dem Alter von 12 Jahren, wenn eine Aufnahme bei uns in die Feuerwehr möglich ist, da haben wir momentan keine Nachwuchssorgen. Auch da haben wir eine flankierende Werbeaktion laufen, die auch gut angenommen wird." Damit seien auch in Corona-Zeiten wachsende Aufnahme-Zahlen erreicht worden.

Könnte das "Aschaffenburger Modell" Schule machen in Bayern? Der Leiter der Feuerwehr in der Stadt hofft das sehr – schon alleine aus einem ganz praktischen Grund. "Dann wäre beispielsweise ein Wechsel eines Feuerwehrdienstleistenden im Falle eines Umzugs problemlos möglich. Also, dass er seine Rente, die er bei uns erwirtschaftet hat, dann in die andere Kommune mitnimmt und fortführt. Das wäre der große Vorteil, wenn sich das flächendeckend ausbreitet" Mittlerweile ist das Interesse an dem Konzept Weigandt zufolge sehr groß. Man bekomme Anfragen von Kommunen und auch das Leistungsprinzip komme gut an.

Warum gerade die Feuerwehr ihre erste Ehrenamts-Rente bekommt, ist für Mark Weigandt klar. "Man muss natürlich sehen, dass die Feuerwehr und der Feuerwehrdienst schon ein ganz besonderes Ehrenamt sind. Jede Stadt ist verpflichtet, genug Feuerwehrdienstleistende vorzuhalten, um den Aufgaben rund um den Brandschutz und der technischen Hilfeleistung Rechnung tragen zu können." Ob es vergleichbare Modelle auch beispielsweise für Pflege oder Hospizdienste geben wird? Das bleibt abzuwarten. 

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