Wer ist schuld an der Finanzkrise?

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Zwei Banken (Sybille Kreß, li., Iris Hochberger, re.) und eine unbedarfte Sparerin (Ulrike Schlegel, Mitte) Fotos: Thomas Bachmann
Zwei Banken (Sybille Kreß, li., Iris Hochberger, re.) und eine unbedarfte Sparerin (Ulrike Schlegel, Mitte) Fotos: Thomas Bachmann
 
 
 

In dem Lehrstück "Schuld und Schein" zeichnet der "Postdramatiker" Ulf Schmidt die Evolution unseres Finanzsystems. Im Bamberger Studio machten Rainer Lewandowski und seine Schauspieler eine meist unterhaltsame Revue aus dem "Geldstück".

Die Krise ist eine Dauereinrichtung geworden: Bald wird man die Banken dafür zahlen müssen, dass sie unsere Spargroschen deponieren, die EZB "flutet" die Märkte mit Abermilliarden, der Dax steigt unverdrossen, der kleine Mann reibt sich Augen und Ohren, und keiner blickt durch.

Diesen Zustand zu ändern, hat sich der "Postdramatiker" Ulf Schmidt mit seinem "Geldstück" "Schuld und Schein" vorgenommen, das 2013 in München uraufgeführt worden ist. Dessen Fassung haben sich nun Regisseur Rainer Lewandowski und sein Team - das Programmheft erwähnt ausdrücklich das Ensemble als "Regiemitarbeiter" - vorgenommen und wiederum ein Gebräu aus Revue, Lehrstück, Agitprop-Theater und Kabarett geschaffen. Denn Dreh- und Angelpunkt jeder Inszenierung dieses Stücks ist, wie diese doch sehr trockene und abstrakte Materie auf die Bühne gebracht wird.

Wenn die personifizierten Finanz-Akteure Sparer, Kreditnehmer, Banker 1 und 2, Kaiser und Conférencier den aufklärerischen Text herunteragitierten, ermüdeten die Zuschauer bald. Also wird vor dem mit Geldscheinen bedruckten Vorhang (Bühnenbild ebenfalls Rainer Lewandowski) in Spielszenen die Genese des Geldsystems erklärt. Als eine Sparerin einer Bank ein Goldstück anvertraut, wird die Geschichte weitererzählt: Stationen sind u. a. die Einführung des Scheingelds, "des Kaisers neue Inflation", die Aufhebung der Golddeckung, die Rolle der Zentralbanken, erste Hausse mittels Tulpen in Amsterdam, (Telekom-)Aktien, Rating-Agenturen bis schließlich zur kompletten Mystifikation in Zertifikatindexoptionsfuturekontraktbundles.

Schön wird herausgearbeitet, dass die Ökonomie keine Natur-, sondern eine Geisteswissenschaft als Religionssurrogat ist: "Es geht um Verkündung, nicht um Begründung!" Schön ist auch, dass das Geldsystem als ein abstraktes beschrieben wird und nicht auf menschliche "Gier" zurückgeführt. Ansonsten läge eine antisemitisch unterfütterte Kapitalismuskritik von rechts nicht weit. Das Ensemble spielt süffig, manche Anspielung und manch Kalauer ("draghisch" oder Merkel als gütiger Landesvater) sind eingefügt, was kein Schaden ist. Klar, dass bei den Songs (musikalische Leitung Franz Tröger) "Money Makes The World Go Round" ebensowenig fehlen darf wie Abbas "Money Money" oder ein Song aus "Anatevka". Am schönsten ist Funny van Dannens "Ich will den Kapitalismus lieben". Aber ich schaff' es einfach nicht, geht es weiter. So geht man auch nach Hause. Ja, so ist es, schlimm, aber was soll man tun? Wir schaffen's einfach nicht.

Weitere Vorstellungen 25.-28. Februar, 1., 6./7., 13.-15., 19.-22. März
Karten
unter Tel. 0951/873030, E-Mail kasse.theater@stadt.bamberg.de
Dauer
ca. 85 Minuten, keine Pause