Die Grenzkontrollen zeigen Wirkung. Doch wie Schleuser mittelfristig darauf reagieren, bleibt abzuwarten. Dass einige von ihnen zuletzt aufeinander losgingen, könnte mit der jüngsten Entwicklung zusammenhängen.
Die Zahl der unerlaubten Einreisen nach Deutschland ist im November im Vergleich zum Vormonat stark zurückgegangen. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Frage der Abgeordneten Clara Bünger (Linke) hervorgeht, stellte die Bundespolizei vom 1. bis zum 23. November an den Landgrenzen insgesamt 4353 unerlaubte Einreisen fest und ordnete 2299 Zurückweisungen an.
Laut einer Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) haben von Anfang Januar bis Ende November 304.581 Ausländer erstmalig einen Asylantrag in Deutschland gestellt - rund 60 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Mit mehr als 55.000 Asylerstanträgen seit Jahresbeginn war die Türkei nach Syrien das zugangsstärkste Herkunftsland und lag damit noch vor Afghanistan. Da zwischen der Einreise und der förmlichen Asylantragstellung in der Regel einige Wochen vergehen, macht sich der Rückgang bei den Grenzübertritten von Menschen ohne Visum in der Statistik des Bamf noch nicht bemerkbar.
Im Monat Oktober waren an den deutschen Landgrenzen 18.384 unerlaubte Einreisen gezählt worden - davon der Großteil in der ersten Monatshälfte. Auch der Vergleich zu den Monaten der Vorjahre veranschaulicht die relativ niedrigen Zahlen: Im gesamten Monat November 2021 hatte die Bundespolizei an allen Grenzen 7543 unerlaubte Einreisen festgestellt, im November vergangenen Jahres waren es 12.538 unerlaubte Einreisen gewesen.
Österreich und Slowakei haben Grenzkontrollen verstärkt
Einen erheblichen Rückgang gab es in den ersten Novemberwochen den Angaben zufolge nicht nur an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz, wo es seit dem 16. Oktober feste Grenzkontrollen gibt, sondern auch an der Grenze zu Österreich. Dort waren solche stationären Kontrollen bereits im Herbst 2015 angeordnet und seither immer wieder verlängert worden.
Laut vorläufigen Zahlen der Bundespolizei wurden an der deutsch-österreichischen Landgrenze zwischen dem 1. und dem 23. November 921 unerlaubt eingereiste Menschen festgestellt und 493 Zurückweisungen angeordnet. Im Monat davor waren dort noch mehr als 6921 unerlaubt Eingereiste angetroffen worden. Die wichtigsten Herkunftsländer der 4820 Menschen, die im Oktober insgesamt an Deutschlands Grenzen zurückgewiesen wurden, waren die Türkei, Syrien, Afghanistan und Marokko.
Es stehe zu befürchten, dass flüchtende Menschen an der Grenze abgewiesen werden könnten, ohne dass sie die Gelegenheit erhielten, ein Asylgesuch zu äußern, warnte der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg. «Unserer Forderung, die erfolgreichen Grenzkontrollen so lange zu verlängern bis europäische Maßnahmen vergleichbar wirken, ist die Bundesinnenministerin auf der Innenministerkonferenz aktuell gefolgt», sagte Sachsens Innenminister, Armin Schuster (CDU). «Diese Klarstellung vor dem Jahreswechsel ist uns angesichts der aktuellen Sicherheitslage sehr wichtig.»
Unions-Sprecher: Rückführung muss besser werden
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) vermutet, dass der starke Rückgang in den vergangenen Wochen nur zu einem geringen Teil auf die von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Mitte Oktober angeordneten Grenzkontrollen zurückzuführen ist. Beobachter sehen allerdings einen gewissen Domino-Effekt, also dass Anrainerstaaten und deren Nachbarn in der Folge ihren eigenen Grenzschutz verstärkt haben. Andreas Roßkopf, bei der GdP zuständig für Bundespolizei und Zoll, merkt an, dass Österreich und die Slowakei zuletzt ihre Grenzkontrollen zu Ungarn intensiviert hätten.