CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann sagte - ohne konkrete Parteien zu nennen - er danke allen, die Gelingen der Abstimmung beigetragen und somit «staatspolitische Verantwortung» bewiesen hätten. Die Koalition habe sich handlungsfähig und entscheidungsfähig, betonte Hoffmann.
Kabinettsklausur soll Aufbruchssignal bringen
Die Koalition kann nun nach vorn blicken. In den Wochen nach der Sommerpause hat sie nach ihrem verstolperten Start eine Reihe vertrauensbildender Maßnahmen eingeleitet. Dazu gehörten eine Klausurtagung beider Koalitionsfraktionen in Würzburg, ein Grillfest der Abgeordneten von Union und SPD in Berlin, eine gemeinsame Kiew-Reise der Fraktionschefs und ein gemeinsamer Oktoberfest-Besuch der Parteichefs.
Jetzt ist das lästigste Thema der ersten Koalitionsmonate aus dem Weg geräumt und man kann sich den angekündigten Reformprojekten im Sozial-, Gesundheits- und Wirtschaftsbereich widmen. Ein Aufbruchssignal soll nach den Vorstellungen der Regierungsparteien von der Kabinettsklausur in der kommenden Woche in der Villa Borsig am Tegeler See im Nordwesten Berlins ausgehen. Dort sollen vor allem konkrete Maßnahmen zur Staatsmodernisierung beschlossen werden.
Welche Rolle spielte die AfD?
Da die Wahl geheim war, bleiben aber auch danach unangenehme Fragen offen. Vor allem eine: Welche Rolle hat die AfD gespielt? Es lässt sich nicht feststellen, ob eine der Zweidrittelmehrheiten nur mit Stimmen der AfD zustande gekommen ist.
Das hängt unter anderem davon ab, wie geschlossen die Koalition für ihre Kandidaten gestimmt hat. Gegen Kaufhold gab es zum Beispiel in der Union vereinzelte Bedenken wegen ihrer Haltung zum Klimaschutz und zu Vergesellschaftungen.
Was hat Merz-Attacke bei den Grünen bewirkt?
Manche Beobachter haben sich zwar gefragt, ob es mit Blick auf die Richterwahl schlau war, dass Kanzler Friedrich Merz (CDU) die zweitgrößte Oppositionsfraktion in der Generaldebatte am Mittwoch noch scharf attackiert hatte. Aus den Reihen der Grünen war jedoch zu hören, ausschlaggebender als die Rhetorik des Kanzlers sei, dass der Bundestag seine Handlungsfähigkeit unter Beweis stelle.
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Britta Haßelmann, sagte nach der Wahl, gerade nach der «Schmutzkampagne» gegen Brosius-Gersdorf sei es wichtig, dass der Bundestag nun gezeigt habe, das man dort «mit demokratischen Mehrheiten» Verfassungsrichter und -richterinnen wählen könne.
Die Linke war ihrerseits sauer, weil die Union mit ihr nicht über den Kandidaten Spinner reden wollte. Schließlich entschied sich die Fraktion, ihren Abgeordneten das Abstimmungsverhalten freizustellen. Es sei gut, dass «die Zitterpartie vorbei ist», sagte die Linken-Abgeordnete Clara Bünger. Die Union müsse dafür sorgen, dass sich ein solcher Vorgang nicht wiederhole.
Die AfD hatte vor der Wahl eine Ablehnung Kaufholds angekündigt, gegen die anderen beiden aber keine Einwände geltend gemacht. Auf die Frage, ob AfD-Abgeordnete für Spinner gestimmt hätten, antwortete der Parlamentarische Geschäftsführer, Bernd Baumann, er wisse es nicht, denn die Wahl sei ja geheim gewesen, aber «bei uns konnten sich das viele vorstellen».
Union, SPD und Grünen stellen zusammen 413 Abgeordnete und damit sieben weniger als zwei Drittel aller Parlamentarier. Aus fast allen Fraktionen fehlten aber einzelne Parlamentarier bei der Abstimmung. Nur die SPD meldete Vollzähligkeit.
Ernennung der Richter für Anfang Oktober geplant
Die drei neuen Verfassungsrichter müssen nach ihrer Wahl noch ein paar Tage warten, bis sie ihre Büros in Karlsruhe beziehen können. Die Ernennung durch den Bundespräsidenten ist für Anfang Oktober geplant. Bereits an diesem Freitag steht aber im Bundesrat die Wahl der neuen Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts an. Für diesen Posten ist Kaufhold vorgeschlagen.
Der Deutsche Richterbund (DRB) ist zufrieden, dass die vakanten Stellen in Karlsruhe nun besetzt werden können. Sein Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn wirft dennoch einen kritischen Blick zurück. Er sagt, die geplatzte Wahl im Juli habe Vertrauen gekostet - «nicht nur innerhalb der Koalition, sondern vor allem in der Bevölkerung, die ein geordnetes und der herausragenden Bedeutung des Bundesverfassungsgerichts angemessenes Richterwahlverfahren erwarten darf».