Die drei neuen Verfassungsrichter müssen nach einer Wahl noch ein paar Tage warten, bis sie ihre Büros in Karlsruhe beziehen können. Die Ernennung durch den Bundespräsidenten ist für Anfang Oktober geplant. Bereits an diesem Freitag steht aber im Bundesrat die Wahl der neuen Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts an. Für diesen Posten ist Kaufhold vorgeschlagen - sollte sie im Bundestag eine Mehrheit bekommen.
Szenario 2: Ein Kandidat scheitert
Am wackeligsten von den drei Kandidaten ist Günter Spinner. Die Union setzt darauf, dass ihr Kandidat die Rückendeckung aller Karlsruher Richter hat und deswegen gewählt wird. Die Linke ist aber sauer, weil die Union nicht mit ihr über den Kandidaten reden wollte, weil die CDU sich mit einem Parteitagsbeschluss die inhaltliche Zusammenarbeit mit der Linken untersagt hat.
Die Linke steht nach Aussage von Fraktionschefin Heidi Reichinnek geschlossen hinter den beiden SPD-Kandidatinnen, beim Unionskandidaten hat die Fraktion die Abstimmung freigegeben. «Es werden verschiedenen Abgeordnete verschieden abstimmen», sagte Reichinnek in den ARD-«Tagesthemen».
So gibt es einige in der Linken wie den früheren Fraktionschef Dietmar Bartsch, die für ein konstruktives Vorgehen sind. «Sie können glaube ich sicher sein, dass an der Linken die Wahl der Verfassungsrichterinnen und des Verfassungsrichters nicht scheitern wird», sagte Bartsch am Mittwoch im Deutschlandfunk.
Und dann ist da ja auch noch die AfD, die mit Spinner kein Problem hat. Weil es eine geheime Wahl ist, wird man nachher nicht wissen, ob eine Mehrheit nur mit den Stimmen der AfD zustandegekommen ist.
Szenario 3: Mehrere Kandidaten scheitern
Das ist sehr unwahrscheinlich. Kaufhold wird zwar von der AfD abgelehnt, mit ihr hat aber die Linke kein Problem. Emmenegger könnte das beste Ergebnis bekommen. Gegen sie gibt es aus keiner Fraktion größere Einwände
Aber sollte auch nur ein Kandidat oder eine Kandidatin scheitern, wäre das für die Koalition eine mittlere Katastrophe und würde den Start in den von Merz ausgerufenen «Herbst der Reformen» schwer belasten.
Letzter Ausweg Bundesrat
Der Bundestag könnte bei einem Scheitern einen neuen Vorschlag machen oder den gescheiterten Kandidaten erneut zur Wahl stellen. Es können aber auch das Bundesverfassungsgericht oder der Bundesrat ins Spiel kommen.
Das geht auf einen Gesetzentwurf zurück, auf den sich SPD, Grüne, FDP und Union sich schon vor dem Ende der Ampel-Koalition verständigt hatten, um das Bundesverfassungsgericht widerstandsfähiger gegen Einflussnahme und Blockade durch Verfassungsfeinde zu machen. Kern der Reform ist, dass bestimmte Regeln nicht mehr mit einfacher Mehrheit geändert werden können. Sie sieht aber auch einen Mechanismus für den Fall vor, dass der Bundestag nicht weiter kommt.
In diesem Fall wird zuerst das Bundesverfassungsgericht nach einem Vorschlag gefragt. Wenn drei Monate danach die Richterstelle immer noch unbesetzt ist, kann der Bundesrat die Wahl an sich ziehen und mit einfacher Mehrheit entscheiden.
Im Fall von Spinner hat das Verfahren bereits Stufe zwei erreicht. Er ist ein Vorschlag des Verfassungsgerichts. Bei seinem Scheitern könnte der Bundesrat das Heft des Handelns also in die Hand nehmen. Bei Emmenegger und Kaufhold wäre zunächst das Bundesverfassungsgericht gefragt.