Aber zurück zum 365-Euro-Ticket. Eine wirklich umweltbewusste, klimafreundliche Verkehrspolitik sollte die realen Kosten des Verkehrs widerspiegeln. Die momentanen Probleme im Verkehr stammen daher, dass der Verkehr zu billig ist, nicht zu teuer. Gerne wird das anhand der Produktion deutlich gemacht: Wenn der Transport mit großen Lastschiffen und Lkw kaum etwas kostet, wird es lukrativ, Fleisch aus Argentinien oder Obst aus Neuseeland quer über den Globus zu karren, statt es vom Landwirt um die Ecke zu beziehen. Das ist irrwitzig.
Der ÖPNV ist nicht zu teuer - er ist zu billig
Selbes gilt auch für den öffentlichen Nahverkehr: Wenn Millionen Menschen täglich mit dem Auto zur Arbeit pendeln (müssen), kann es umwelttechnisch doch nicht die Lösung sein, den Nahverkehr billiger zu machen. Denn das würde vor allem Anreize schaffen, noch mehr (und weiter) zu pendeln.
Stattdessen müsste der Verkehr in Deutschland grundsätzlich teurer werden: Der ÖPNV ein bisschen, der Autoverkehr und der Flugverkehr sehr viel. Wenn dies zu Lasten von Menschen mit geringen Einkommen geht, dann muss dies eben durch staatliche Förderungen oder Steuerumverteilungen ausgeglichen werden. Deswegen heißt es ja Steuern: Weil man damit eine gesellschaftliche Entwicklung steuern kann.
Man könnte auch über die Förderung alternativer Arbeitsmodell nachdenken: Muss man wirklich immer ins Büro pendeln? Kann Homeoffice nicht oft eine Alternative darstellen? Es sind viele Möglichkeiten denkbar - nur leider sind diese nicht so simpel und plakativ wie ein 365-Euro-Ticket. Und viele haben leider auch etwas mit Verzicht zu tun - etwas, was der moderne Mensch ungefähr so fürchtet, wie der Teufel das Weihwasser.
Der einzige Weg ist Verzicht
Doch um dies an dieser Stelle noch einmal ganz klar zu formulieren: Falls man eine wirklich sinnvolle Klimapolitik umsetzen will, geht dies nicht ohne Verzicht. Man kann darüber streiten, wer wo auf was verzichten muss - aber eine nachhaltige Wirtschaft ohne Verzicht ist nicht nur unrealistisch, sie ist schlichtweg unmöglich. Und Verzicht heißt eben nicht, dass man auf das eine verzichtet, um dafür im gleichen Maß etwas anderes zu nutzen.
Insofern sollten Politiker aufhören, den Menschen die Taschen vollzulügen und zu behaupten, man müsse nur an der ein oder anderen Stellschraube drehen, um den Klimawandel aufzuhalten. Dass sie nur ihren Müll trennen und recyceln müssten. Dass sie nur ab und zu das Auto stehen lassen und mit der Bahn fahren müssten. Sie sollten den Menschen sagen, dass Verzicht unumgänglich ist und dieser auch Weh tun wird. Erst dann ist eine Klimapolitik möglich, die diesen Namen auch wirklich verdient.