Dass nach dem Karlsruher Haushaltsurteil gespart werden muss, scheint klar. Entscheidungen könnten in der neuen Woche kommen. Aber selbst beim Kläger Union gibt es Meinungsverschiedenheiten.
In Bundesregierung und Opposition gibt es vor den kommende Woche geplanten Beratungen zum Karlsruher Haushaltsurteil keine Einigkeit über den weiteren Kurs. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sieht Deutschland wegen der Haushaltsprobleme in einer «schweren Staatskrise». «Diese Regierung hat abgewirtschaftet», sagte Söder bei der CSU-Delegiertenversammlung zur Europawahl in Nürnberg.
Er sprach sich dagegen aus, zur Lösung der Haushaltsprobleme die Schuldenbremse zu lösen, wie es auch einige CDU-Ministerpräsidenten fordern. «Die Schuldenbremse hat uns erst stark gemacht, nur so sind Hilfen in Krisensituationen möglich», schrieb Söder auf der Plattform X (ehemals Twitter).
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und die Wirtschafts- und Energieminister der Länder wollten am Montag in Berlin über die Auswirkungen des Urteils beraten. Für Dienstag hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Regierungserklärung angekündigt.
Nach dem Karlsruher Haushaltsurteil klafft eine große Lücke im Haushalt. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine Umwidmung von Krediten von 60 Milliarden Euro aus dem Haushalt 2021 für nichtig erklärt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) kündigte am Donnerstag an, dem Kabinett kommende Woche einen Nachtragshaushalt für 2023 vorzulegen. Nach Angaben seines Ministeriums will die Regierung dem Bundestag vorschlagen, eine außergewöhnliche Notlage zu erklären, was ein Aussetzen der Schuldenbremse ermöglichen würde. Damit sollen in diesem Jahr bereits genutzte Kredite nachträglich rechtlich abgesichert werden.
Union uneinig
In Karlsruhe geklagt hatte die oppositionelle Union. Nach dem klaren Urteil hatte sie zunächst gejubelt und sich klar zur Schuldenbremse bekannt. CDU-Parteichef Merz sagte etwa am Dienstag: «Ich sehe im Augenblick nicht, dass wir an die Schuldenbremse heran müssen.» Das «Handelsblatt» berichtete am Sonntag, die CDU wolle auf eine neuerliche Klage verzichten, sollte die Bundesregierung für das laufende Haushaltsjahr eine Notlage erklären. Das habe Merz bei einem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Union erklärt. Sein Sprecher habe sich auf Nachfrage dazu nicht äußern wollen.
Die CDU-Länderchefs in Berlin, Sachsen-Anhalt und Sachsen zeigten sich dagegen zuletzt offen auch für eine Reform der Schuldenbremse. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner schrieb etwa am Donnerstag auf X: «Die Schuldenbremse ist im Sinne solider Finanzen eine gute Idee. Ihre derzeitige Ausgestaltung halte ich allerdings für gefährlich.»
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sagte dem «Stern», die Schuldenbremse müsse bleiben. «Aber für sehr wichtige Zukunftsinvestitionen in Wirtschaft, Technologie und Wissenschaft müssen verfassungskonforme Möglichkeiten gefunden werden, diese zu realisieren.» Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst zeigte sich zurückhaltender, aber gesprächsbereit. Eine Reform darf aus seiner Sicht nur die letzte aller Möglichkeiten sein, wie er am Freitagabend in der ARD deutlich machte.