Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer ist für kontroverse Aussagen bekannt. Nun will Palmer für Tübingen einen Sonderweg in der Corona-Krise: Im Zentrum steht der Schutz älterer Menschen - die deshalb auf einiges Verzichten sollen.
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) hatte zuletzt immer wieder für Aufregung gesorgt. Bereits zur ersten Corona-Welle im Frühjahr hatte sich Tübingens Oberbürgermeister kontrovers zum Thema geäußert: "Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären", so Palmer in einem Interview Ende April. Diese Äußerung hatte für einen Aufschrei gesorgt - auch wenn Palmer sich missverstanden fühlte und seine Aussage später relativierte.
Nun, in der zweiten Corona-Welle im Herbst, will Tübingen abermals einen Sonderweg gehen. Und auch diesmal kommt den Senioren dabei eine entscheidende Bedeutung zu: "Der Tübinger Appell setzt wie Schweden auf Eigenverantwortung und besonderen Schutz der Alten", sagte Palmer der "Bild"-Zeitung. Schweden hatte in der Pandemie vor allem auf freiwillige Vorsichtsmaßnahmen gesetzt, die sich vor allem an ältere Bürger richteten. Senioren sollten unabdingbare Fahrten mit einem Sammeltaxi unternehmen und die Stadtbusse nicht nutzen, so Palmer.
Verzicht auf Busfahrten und extra Einkaufszeiten für Ältere
"Wir bitten alle, die fit genug sind, nicht den Bus, sondern das Fahrrad zu nutzen, auch wenn es jetzt kälter wird", heißt es in dem Appell weiter. Man habe in Tübingen ein "besonders Konzept zum Schutz der Älteren entwickelt und realisiert", heißt es in dem Appell an die Tübinger Bevölkerung. Neben dem weitestgehenden Verzicht auf Fahrten mit öffentlichen Bussen sollen auch gesonderte Einkaufszeiten für ältere Menschen eine Ausbreitung des Virus in der Risikogruppe verhindern. So soll der Zeitraum zwischen 9.30 Uhr und 11 Uhr möglichst für den Einkauf von Menschen über 65 und/oder mit Vorerkrankungen dienen.
Außerdem will die Stadt die ältere Generation kostenlos mit FFP2-Masken versorgen, um sie noch besser zu schützen. Palmer und seine Mitunterzeichner sprechen sich zudem für eine stärkere Nutzung der Corona-Warn-App aus: "Die deutsche Corona-Warn-App ist bisher leider weniger effektiv." Doch richtig eingesetzt könnte sie einen wichtigen Beitrag leisten. "Wenn Sie etwas für die Wiederöffnung von Gastronomie und Kultur wie auch für den Schutz der Älteren tun wollen, dann aktivieren Sie bitte spätestens jetzt die Corona-Warn-App", so Palmer und seine Mitbürgermeister in Tübingen abschließend. rowa/mit dpa