Als der Shitstorm seinen Lauf nahm, entschied sich die Staatsministerin für Digitales, die aus dem unterfränkischen Kreis Haßberge stammt, dafür, den Tweet zu löschen. Zahlreiche User kommentierten den Post. Darunter war beispielsweise zu lesen: "Die unfähigste Person in der ganzen CSU-Spitze." Bär zeigte sich im Nachgang selbstkritisch und bezeichnete die Aktion als Fehler.
Gegenteilig positionierte sich der Parteivorsitzender ihrer CDU, Ministerpräsident Markus Söder: Er distanzierte sich am Mittwoch klar von der Entscheidung der thüringischen Schwesterpartei: "Es ist ein inakzeptabler Dammbruch, sich mit den Stimmen der AfD und sich gerade mit den Stimmen von Herrn Höcke zum Ministerpräsidenten wählen zu lassen." Viele Politiker sehen derzeit nur einen Ausweg in Thüringen: Neuwahlen. Auch unser Autor Johannes Görz meint in seinem Kommentar, dass sich FDP und CDU in eine unmögliche Situation manövriert haben.
Innerlich zerrissen scheint hingegen die FDP zu sein - auch in Franken: Die FDP in Nürnberg erteilt einer Zusammenarbeit mit der AfD zwar eine klare Absage, unterstützt Kemmerich jedoch bei seinem Vorhaben, eine bürgerliche Minderheitsregierung zu etablieren - und fordert CDU, SPD und Grüne zur Zusammenarbeit auf. Auch die Jungen Liberalen in Unterfranken gratulierten der FDP in Thüringen zu Wahl.
Klare Worte vonseiten der Bamberger FDP
Die FDP in Bamberg hingegen gibt sich in Person des Ortsvorsitzenden Martin Pöhner erschüttert: "Ich halte das für verantwortungslos und distanziere mich in aller Form davon." Er macht dabei auch seinem Parteikollegen schwere Vorwürfe: Er sei "der Überzeugung, dass Thomas Kemmerich diese Wahl zum Ministerpräsidenten, die die AFD offensichtlich nutzen will, um einen Keil in die demokratischen Parteien zu treiben, nicht hätte annehmen dürfen." Deshalb forderte er Kemmerich zum Rücktritt auf.
Dieses Szenario wird tatsächlich immer wahrscheinlicher - so hatte sich Parteichef Christian Lindner am Donnerstag selbst auf dem Weg nach Thüringen gemacht, um Kemmerich zum Rücktritt zu bewegen.
Merkel äußert sich zur Ministerpräsidentenwahl
Am Donnerstag forderte auch Angela Merkel offen den Rücktritt Kemmerichs: Laut der Süddeutschen Zeitung bezeichnete sie die Wahl als "unverzeihlichen Vorgang" und einen "schlechten Tag für die Demokratie". Bei Merkel, wie auch bei Annagret Kramp-Karrenbauer, die bereits am Mittwoch klargestellt hatte, dass die CDU in Thüringen gegen den Wunsch der Bundes-CDU gehandelt hatte, spürt man die Angst, dass das Verhalten des Landesverbandes dem Image der Bundes-CDU schaden und damit Wählerstimmen kosten könnte.
Die Sozialdemokraten hingegen könnten - trotz aller Bestürzung über den indirekten Erfolg der AfD - von dem Wahl-Eklat profitieren. Bei den Reaktionen liest man zwischen den Zeilen: Wir haben es doch immer gesagt. Parteichef Walter-Borjans betonte gleich, die SPD müsse sich keine Vorwürfe machen und bleibe ein Bollwerk gegen rechts. Vor allem kann die SPD nun aber im Bund wieder mehr Druck auf die den Koalitionspartner ausüben.
Linke vor Scherbenhaufen
Die Sozialdemokraten haben kurzfristig für Samstag einen Koalitionsausschuss durchgesetzt, bei dem sie ihre drängenden Fragen direkt an den Koalitionspartner stellen wollen. Pikant dabei: Ausgerechnet am Sonntag und Montag will der neu gewählte SPD-Parteivorstand ohnehin darüber beraten, mit welchen Themen es in der Koalition weitergehen könnte.
Ebenso wie die SPD haben auch die Linke und die Grünen in Thüringen ihre Regierungsmacht verloren. Dabei trifft es die Linken aber am härtesten: Sie verlieren mit der Abwahl von Bodo Ramelow ihren ersten Ministerpräsidenten. Entsprechend gedrückt und geschockt war die Stimmung am Mittwoch. Auf der anderen Seite sind fein raus bei der Diskussion, wer Verantwortung für den Wahlausgang trägt. Sie haben versucht, mit Rot-Rot-Grün eine Regierung ohne AfD-Beteiligung auf die Beine zu stellen - und haben vergeblich um Unterstützung von FDP oder CDU geworben. mit dpa