Wie unbarmherzig das Wahlvolk sein kann, erlebte zum Beispiel die SPD nach der vom damaligen SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder vorangetriebenen «Agenda 2010»: Für die von Volkswirten gelobten, im Volk aber unpopulären Einschnitte im Sozialsystem («Hartz IV») wurden die Sozialdemokraten bei den folgenden Landtagswahlen serienweise abgestraft, 2005 verlor Schröder schließlich die Bundestagswahl.
Weniger Subventionen nicht automatisch besser als mehr
Ökonomen sehen staatliche Subventionen prinzipiell kritisch. Aus ihrer Sicht besteht unter anderem die Gefahr von Gewöhnungseffekten, zudem könnten nicht wettbewerbsfähige Unternehmen auf Kosten der Steuerzahler künstlich am Leben erhalten werden.
Umstritten ist die gezielte Förderung einzelner Firmen. Jüngstes Beispiel sind die geplanten zehn Milliarden Euro für die Ansiedlung einer Chipfabrik des US-Herstellers Intel in Magdeburg. «Wir wollen die Modernisierung unserer Volkswirtschaft weiter vorantreiben, und da gehören Halbleiter und die Halbleiterindustrie dazu», argumentierte Kanzler Olaf Scholz (SPD).
Der Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Reint Gropp, sieht die Milliarden für Halbleiterfabriken in Deutschland kritisch. Gropp plädiert dafür, stattdessen Forschung und Entwicklung an Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie in Unternehmen zu fördern.
Es kommt also darauf an, wofür der Fiskus Geld ausgibt. «Weniger Subventionen sind nicht automatisch besser als mehr Subventionen», gab Tobias Hentze vom arbeitgebernahen Institut der deutsche Wirtschaft (IW/Köln) 2022 in einem Interview zu bedenken. «Es geht vor allem darum, welche Ziele damit verfolgt werden», sagte Hentze. «Eine Subvention soll Anreize setzen, etwas Bestimmtes zu tun, man soll aber nicht Geld für etwas bekommen, was man im Grunde ohnehin getan hätte. Das ist ein schmaler Grat.»
Subventionen in Krisenzeiten gestiegen
Milliarden nahm der Staat in der Corona-Krise und nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine in die Hand, um eine Pleitewelle zu verhindern und Unternehmen und Verbraucher zu entlasten. «Durch gezielte finanzielle Unterstützung aus dem Bundeshaushalt ist es gelungen, die negativen wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine in Deutschland zu begrenzen», bilanziert die Bundesregierung in ihrem jüngsten Subventionsbericht.
Die seit Jahren steigenden Subventionen machten in den Krisen einen Sprung nach oben, wie aus den jährlichen Subventionsberichten des Kieler IfW hervorgeht. Demnach legten die Finanzhilfen des Bundes für Unternehmen von rund 36,6 Milliarden Euro im Jahr 2000 auf gut 40,7 Milliarden im Vor-Corona-Jahr 2019 zu. Im Jahr 2022 waren es laut Plan mehr als 80 Milliarden Euro. Ähnlich ist das Bild bei Steuervergünstigungen für Unternehmen, die demnach von gut 31,1 Milliarden im Jahr 2000 auf rund 38,9 Milliarden Euro 2019 zulegten. Für 2022 waren etwas mehr als 44,7 Milliarden geplant.
Hinzu kommen weitere Töpfe wie Mittel der staatlichen Förderbank KfW, Finanzhilfen der Länder und Gemeinden oder die milliardenschweren EU-Agrarmarktsubventionen. Zudem berücksichtigt das IfW anders als der Subventionsbericht des Bundes auch Finanzhilfen und Steuervergünstigungen an Institutionen ohne Erwerbszweck wie die gesetzliche Krankenversicherung, Krankenhäuser oder Kitas. Insgesamt beliefen sich Subventionen der Bundesrepublik nach Schätzungen der Kieler im Jahr 2000 auf gut 148 Milliarden, 19 Jahre später waren es etwa 199,7 Milliarden, 2022 dann gut 252,1 Milliarden Euro.
Prinzip «Rasenmäher» bei Abbau von staatlichen Finanzspritzen
Mehr als 360 Milliarden Euro waren demnach für das vergangene Jahr geplant, denn die Ampelregierung will den digitalen und ökologischen Wandel vorantreiben. «Hierzu dienen auch Subventionen mit den Schwerpunkten in den Bereichen Klimaschutz, Energiewende, Mobilität und Digitalisierung», heißt es im Subventionsbericht der Regierung.
Doch nach dem jüngsten Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgericht muss die Bundesregierung sparen - und nimmt Subventionen ins Visier. Die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Schnitzer, empfahl beim Subventionsabbau auch pauschale Lösungen: etwa eine prozentuale Kürzung aller Zuwendungen. Also: Prinzip Rasenmäher - ganz nach dem Geschmack der IfW-Subventionsforscher: Zwar seien manche Subventionen schädlicher als andere. Wenn es ums Kürzen gehe, erscheine aber der Weg «Gleiches Leid für alle» als der gangbarere.