Strafzettel auf Lidl-Parkplatz trotz Einkauf: Rentner soll zu wenig gekauft haben

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34 Euro Strafe: Ein Rentner soll in Bremen zu lange auf einem Lidl Parkplatz geparkt haben und dafür jetzt Strafe zahlen. Und das, obwohl er in dem Discounter eingekauft hatte. Auch ein anderer Mann soll zahlen. Jetzt meldet sich der Discounter zu Wort.

Wer auf Parkplätzen von Discountern parkt, muss damit rechnen, dass es teuer werden kann - auch für Kunden und Kundinnen. Ein Fall in Bremen hat jetzt für Aufsehen gesorgt. Denn dort hat eine Lidl-Filiale eine Überwachungsfirma beauftragt. Wegen dieser soll ein Rentner jetzt Strafe zahlen: Sein knapp 34 Euro teurer Einkauf stehe nicht in Relation zu den 39 Minuten, in denen sein Auto auf dem Parkplatz stand. Zuerst hatte der Weser Kurier über den Vorfall berichtet.

Viele Supermärkte und Discounter bieten für ihre Kundinnen und Kunde kostenfreies Parken an. Wegen der steigenden Zahl an Falsch- und Fremdparkern wurden jedoch Parkzeitbegrenzungen eingeführt, so auch bei Lidl. Gegenüber der Kreiszeitung erklärt der Discounter: "In wenigen Filialen - zumeist in Innenstadtlage - arbeiten wir mit verschiedenen externen Dienstleistern zusammen. Auf diesen Parkflächen weisen wir auf gut sichtbar angebrachten Schildern darauf hin, wie lange das Parken für Kunden kostenlos ist." Die Parkdauer werde durch die von Kundinnen und Kunden im Fahrzeug ausgelegte Parkscheibe, mithilfe von Kameras oder von Sensoren im Boden erfasst.

"Juristisch ein Unding" - Rentner bekommt Strafzettel 

Im Fall der Bremer Lidl-Filiale "In der Vahr" sorgt die Überwachungsfirma Parkpoint mit einer Videoüberwachung dafür, dass die Kunden die maximale Parkdauer von 90 Minuten einhalten. Aber anscheinend auch dafür, dass Kundinnen und Kunden genug Geld bei Lidl lassen. 

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Hinter dem Lidl befinden sich ein Fitnessstudio und ein Getränkemarkt. Beide haben jeweils einen eigenen Parkplatz. Um allerdings den Parkplatz des Fitnessstudios mit dem Auto zu erreichen, muss man den Lidl-Parkplatz überqueren. Dessen Einfahrt wird mit einer Kameraüberwachung kontrolliert. Das hat scheinbar für den Strafzettel für den Rentner gesorgt. Denn er parkte zuerst auf dem Parkplatz des Fitnessstudios und dann für 39 Minuten auf dem von Lidl. Um gegen die Strafe vorzugehen, versuchte der Mann zunächst, Parkpoint zu kontaktieren, wie der Weser Kurier berichtet. Doch weder Telefonate noch E-Mails waren erfolgreich.

Schließlich schickte er ein Einschreiben. Darin enthalten waren sein Einkaufszettel von Lidl sowie eine Bestätigung seines Fitnessstudios. Die Antwort von Parkpoint blieb allerdings dieselbe: "Leider steht die nachgewiesene Einkaufshöhe nicht in Relation zu der festgestellten Parkdauer", heißt es. Die Strafe bleibe bestehen. Nicole Bahn, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Bremen, ist entsetzt: "Das ist juristisch ein Unding – und die Rechtslage eindeutig: Die Summe des Einkaufs ist völlig irrelevant", erklärt sie der Kreiszeitung.

Abzocke auf Lidl Parkplatz? Rechtsexpertin rät zu Widerspruch

Weiter erklärt Bahn, dass die Ahndung von Parkverstößen auf Privatgrundstücken nicht nach der Straßenverkehrsordnung erfolge, sondern eine Vertragsstrafe seien. Die Park- und Nutzungsregeln würden sich dementsprechend nach den jeweiligen Anbieterinnen und Anbietern richten. Durch das Parken auf der Fläche erkenne der Kunde oder die Kundin diese Vertragsbedingungen an: in dem Lidl-Fall sei das die Höchstparkdauer von 90 Minuten. "In keinem Fall die Einkaufshöhe. Selbst wenn man für einen Euro einkauft, darf man dort stehen", betont die Rechtsexpertin

Sie rät in jedem Fall dazu, Widerspruch einzulegen. "Wenn es nur eine Zufahrt für beide Parkplätze gibt, muss der Betreiber erstmal nachweisen, dass der Kunde nicht den anderen Parkplatz genutzt hat." Das dürfte schwierig werden. Unmöglich sei es "im Nachgang irgendwelche Mindesteinkaufswerte aufzurufen, wenn die Maximal-Parkdauer als Bestandteil des Vertrags ausgewiesen ist", so Bahn. Es sei eigentlich verwunderlich, dass es nicht mehr Beschwerden aufgrund des intransparenten Erfassungsmodus gegeben hätte. Doch in der letzten Zeit hätten sich die Anfragen gehäuft.

Verbraucherschützerinnen und -schützer sehen die Kameraüberwachung auf dem Lidl-Parkplatz noch aus einem anderen Grund kritisch. Wie die Landesdatenschutzbeauftragte von Bremen, Imke Sommer, auf Nachfrage der Kreiszeitung bestätigte, läuft derzeit auch ein datenschutzrechtliches Aufsichtsverfahren. Dabei wird geprüft, ob bei der Kameraüberwachung überhaupt der Datenschutz im Sinne der EU ausreichend eingehalten wird.

Zweiter Fall wird bekannt - Lidl äußert sich

Seit dem Fall des Rentners ist noch ein weiterer Vorfall bekannt geworden. Wieder in Bremen - aber in einer anderen Filiale. Ein weiterer Mann hatte sich beim Weser Kurier gemeldet und von einem Strafzettel berichtet. Er wurde von der Überwachungsfirma zur Kasse gebeten, obwohl er nur 48 Minuten geparkt hatte. Auch bei diesem Lidl (Bremen-Firndorff) gelten eigentlich 90 Minuten als Höchstparkdauer und auch hier wird der Parkplatz videoüberwacht.

"Ich traf mich am 13. Oktober gegen 12.30 Uhr mit einem Bekannten dort, jeder mit eigenem Auto. Gegen 13.18 Uhr verließen wir den Parkplatz. Wochen danach verlangte Parkpoint per Schreiben 35 Euro 'Vertragsstrafe' für 108 Minuten Parken von jedem von uns", berichtet der Mann dem Weser Kurier. Nachdem er die Firma angeschrieben und nach Beweisfotos gefragt hatte, soll er welche bekommen haben, auf dem die falsche Uhrzeit stand. Als der Mann mit rechtlichen Schritten drohte, soll die Firma die Strafzahlung "aus Kulanz" fallen gelassen haben.

Eine Stellungnahme zu den beiden Fällen wehrte die Überwachungsfirma mit Sitz in München laut Kreiszeitung ab und verwies auf Lidl als Servicepartner. Dort sagte eine Sprecherin: "Die Kundenzufriedenheit steht für Lidl an erster Stelle. Leider werden unsere Parkplätze immer wieder durch Fremdparker blockiert und sind dadurch nicht ausreichend für unsere Kunden verfügbar."

Fremdparker als Grund - Lidl verteidigt Videoüberwachung 

Die beiden Fälle aus Bremen seien der Supermarkt-Kette bekannt: "Laut unseren Informationen wurde bei den genannten Fällen die für den Einkauf vorgesehene Parkdauer deutlich überschritten", so die Sprecherin. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen der Parkzeit und der Einkaufshöhe - ein Verwarnungsgeld werde nur bei Überschreitung der Höchstparkdauer fällig. "Sollten unsere Kunden, die länger einkaufen, eine Vertragsstrafe erhalten, kann diese mit Vorlage des Lidl-Kassenzettels beim Parkraumbewirtschafter oder beim Lidl-Kundenservice überprüft werden." Auch im Falle eines technischen Problems könne die Vertragsstrafe storniert werden. Lidl selbst profitiere nicht von dem Verwarnungsgeld.

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