- Eckpunkte-Papier sieht Impfpflicht für alle Erwachsenen vor - mit Befristung
- Impfpflicht oder Beratungspflicht - mehrere Anträge im Bundestag
- Experten uneins: Ist die Impfpflicht zielführend?
Abgeordnete der Ampel-Koalition haben ein Eckpunkte-Papier verfasst. Es entwirft, wie eine Impfpflicht in Deutschland aussehen könnte. Laut dem Papier soll sie für Erwachsene mit "dauerhaftem Aufenthalt in Deutschland" gelten. Die Pflicht wäre, wenn es nach dem Papier geht, bis Ende 2023 befristet und würde drei Impfungen umfassen. Für Menschen, die sich weigern, sieht das Eckpunkte-Papier Bußgelder vor, notfalls auch mehrfach. Auf sogenannte Erzwingungshaft solle verzichtet werden. Über die mögliche Einführung einer Impfpflicht wird voraussichtlich im März im Bundestag abgestimmt. Die Abgeordneten sollen ohne Fraktionszwang ihre Stimme abgeben und können sich parteiübergreifenden Gruppenanträgen anschließen.
Währenddessen wird über eine mögliche Impfpflicht weiter kontrovers unter Expert*innen diskutiert. Der Virologe Klaus Stöhr hält eine Impfpflicht "nicht für zielführend", während sich der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery, für eine Impfpflicht ausspricht. "Mir scheint der Antrag für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 auf zwei Jahre befristet der Vernünftigste zu sein", so Montgomery im Gespräch mit der Rheinischen Post.
Impfpflicht oder Beratungspflicht? Mehrere Anträge im Bundestag
Das Eckpunkte-Papier der Ampel-Abgeordneten ist jedoch nicht der einzige Antrag. In einem anderen Vorschlag sprechen sich Abgeordnete um den FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann für einen Mittelweg aus. Sie wollen statt einer Impfpflicht ein verpflichtendes Beratungsgespräch für alle volljährigen Ungeimpften. Ihr Vorschlag sieht die Option auf eine Impfpflicht für Personen über 50 vor, sollte eine gewisse Impfquote nicht erreicht werden. Wieder andere Anträge sprechen sich komplett gegen eine Impfpflicht aus, etwa von Abgeordneten, die sich um FDP-Vize Wolfgang Kubicki sammeln oder aus der AfD.
Der Virologe Klaus Stöhr sagte der «Fuldaer Zeitung» (Samstag), generell könne eine Impfpflicht ein gutes Mittel sein, um Impfquoten zu erhöhen. «Aber sie ist nicht alternativlos», meinte er. «Dazu kommt, dass sie auch nicht ohne Nebenwirkungen ist.» Stöhr riet, mehr Soziologen und Psychologen einzubinden, um mit einem besseren Wissen über die Impfskeptiker zielgerichtet Impfangebote machen zu können. Viele Menschen, die sich nicht impfen ließen, seien eher Impfskeptiker als Impfgegner, meinte Stöhr. «Wenn man weiß, um welche Bevölkerungsschichten es sich da handelt, kann man diese gezielt ansprechen.» Er gab auch zu bedenken, dass eine Impfpflicht nicht vor dem Winterende greifen würde.
«Sie käme damit für diese Saison zu spät. Mit der Omikron-Welle werden unter Umständen 40 bis 50 Prozent eine natürliche Immunität erlangen.» Montgomery übte unterdessen scharfe Kritik am bereits beschlossenen Gesetz zur Einführung einer einrichtungsbezogenen Corona-Impfpflicht. «Wie kann man ein solches Gesetz machen und sich dann nicht um die Möglichkeit einer sinnvollen Anwendung und Durchführung kümmern? Die handwerkliche Qualität der Gesetzgebung dieser Regierung ist hier mangelhaft», sagte er der «Rheinischen Post».
Wie soll eine Impfpflicht kontrolliert werden? Frage offen
Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte der «Rheinischen Post» (Samstag): Wenn eine Impfpflicht, dann für alle Erwachsenen, nicht nur für die Älteren.» Eine Impfpflicht sei aber nur dann vernünftig, wenn sie auch vernünftig umgesetzt werden könne. «Vorher muss unbedingt geklärt werden, wie die Impfpflicht kontrolliert werden soll.»
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat derweil einen weiteren Anstieg der bundesweiten Sieben-Tage-Inzidenz gemeldet und damit erneut einen Höchstwert. Das RKI gab den Wert der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche am Samstagmorgen mit 1388,0 an. Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 1349,5 gelegen. Vor einer Woche lag die bundesweite Inzidenz bei 1127,7 (Vormonat: 258,6). Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 217 815 Corona-Neuinfektionen. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 04.57 Uhr wiedergeben. Vor einer Woche waren es 189 166 Ansteckungen.
mit dpa