Unterschiedliche Strompreiszonen für Deutschland - das wären die Folgen

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Mehrere Strompreiszonen in Deutschland - das wären die Folgen
Die von Experten vorgeschlagene Aufteilung Deutschlands in mehrere Strompreiszonen könnte laut Entso-E die wirtschaftliche Effizienz steigern, wird jedoch von bayerischen Politikern und ...
Mehrere Strompreiszonen in Deutschland - das wären die Folgen
Jan Woitas/dpa

Die vorgeschlagene Aufteilung Deutschlands in mehrere Strompreiszonen könnte laut einer Analyse die wirtschaftliche Effizienz steigern, jedoch auch regionale Preisunterschiede verursachen. Wie teuer wird der Strom in den verschiedenen Zonen?

Eine Aufteilung der deutschen Strompreiszone könnte sich laut einer Analyse des europäischen Netzbetreiberverbands Entso-E wirtschaftlich auszahlen. Diese Meinung wird in Bayern von vielen kritisiert, darunter Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), die Landtagsfraktionen von CSU und Grünen sowie der Bayerische Industrie- und Handelskammertag (BIHK).

Auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mischte sich in die Diskussion ein. Der Studie zufolge würde eine Teilung der bisher ganz Deutschland und Luxemburg umfassenden Strompreiszone in fünf kleinere Zonen die höchste wirtschaftliche Effizienz mit Kostenvorteilen von 339 Millionen Euro erzielen.

Unterschiedliche Preiszonen für den Strom in Deutschland - scharfe Kritik aus Bayern

Die Autoren der Analyse weisen jedoch ausdrücklich auf große Unsicherheiten bei den Annahmen, veraltete Daten und das Nichtberücksichtigen einiger Aspekte in der Analyse hin. Sie geben weiterhin zu bedenken, dass Verbraucher durch eine Aufteilung möglicherweise mehr zahlen müssten.

Eine Gebotszone - auch Strompreiszone genannt - ist ein geografisches Gebiet innerhalb des Strommarktes, in dem Strom gekauft und verkauft werden kann. Innerhalb einer Preiszone bildet sich der Großhandelspreis aus Angebot und Nachfrage. Untersucht wurde nun die Aufteilung der deutsch-luxemburgischen Strompreiszone in zwei, drei, vier und fünf einzelne Zonen.

Die Aufteilung Deutschlands in mehrere Strompreiszonen wird seit einigen Jahren diskutiert, weil die Energiewende zu einem Ungleichgewicht der Stromversorgung geführt hat: In Süddeutschland mit seinen großen Industriestandorten reicht die Stromproduktion nicht mehr aus, um den Bedarf zu decken, während im Norden mehr Strom produziert als verbraucht wird.

Folgen von Stromgebotszonen: Günstiger Strom im Norden, teurer Strom im Süden?

Durch eine geografische Aufteilung des Marktes rechnen einige mit einem Sinken der Strompreise im Norden und einem Anstieg im Süden. Wie der BR in einem Beitrag berichtet, könnte der Strompreis in Bayern steigen – jedoch im Jahresdurchschnitt lediglich um etwa einen Zehntelcent pro Kilowattstunde. Für Haushalte, die laut BDEW-Strommonitor im Durchschnitt knapp 40 Cent pro Kilowattstunde zahlen, wäre dies kaum bemerkbar.

Großverbraucher wie Wacker Chemie in Burghausen oder die Lech-Stahlwerke bei Augsburg spüren den Anstieg jedoch eher. In Ostdeutschland hingegen würde der Strompreis um etwa einen halben Cent pro Kilowattstunde sinken, während in Schleswig-Holstein und Hamburg eine Reduzierung um 0,7 Cent zu erwarten wäre, heißt es weiter.

Deutschland hat nun laut der EU-Verordnung über den Elektrizitätsbinnenmarkt sechs Monate Zeit, auf die Studie zu reagieren. Im Koalitionsvertrag der designierten Bundesregierung aus SPD und Union heißt es: "Wir halten an einer einheitlichen Stromgebotszone fest."

Söder mit klarer Aussage: "Halten an einer einheitlichen Strompreiszone fest"

Ministerpräsident Söder lehnt eine Aufsplittung der deutschen Strompreiszone ab. Dem Münchner Merkur sagte er am Dienstag (29. April 2025): "Es bleibt bei einer einheitlichen Strompreiszone. Das steht auch klar im Koalitionsvertrag." Alles andere wäre ein schwerer Schaden für Deutschland und insgesamt für die EU.

Hubert Aiwanger sagte mit Blick auf die Studie, die deutsche Wirtschaft brauche weiterhin die einheitliche Strompreiszone. Jede andere Diskussion werde zu großer Verunsicherung bei allen Akteuren führen und der Wirtschaft in Süd wie Nord gleichermaßen schaden.

"Der Windstrom im Norden wird an Wert verlieren und der Strom im Süden wird teurer. Das nutzt niemandem." Vielmehr müsse der Netzausbau vorangetrieben werden, so Aiwanger. "Das ist die wirksamste Antwort auf Engpässe." Bei einer Aufspaltung wäre der Umsetzungsaufwand immens und der Nutzen zweifelhaft.

Kritik seitens Holetschek: "Skandalös und kurzsichtig"

"Der Koalitionsvertrag spricht eine deutliche Sprache: Deutschland soll eine einheitliche Strompreiszone bleiben. Wer das infrage stellt, handelt gegen die Interessen unseres Landes." Als "skandalös und kurzsichtig" bezeichnete der CSU-Fraktionsvorsitzende Klaus Holetschek die Empfehlung der Studie. Eine Trennung Bayerns von den anderen Regionen Deutschlands dürfte im Freistaat für höhere Strompreise und Wettbewerbsnachteile für die Unternehmen sorgen.

"Besonders absurd: Die erforderlichen Vorbereitungen würden sich über drei bis fünf Jahre hinziehen. Bereits ab 2027 werden aber der SüdOstLink und ein Jahr später der SüdLink dafür sorgen, dass Strom aus Überkapazitäten in Nord- und Ostdeutschland einfach nach Bayern transportiert werden kann. Damit hat sich das Problem ohnehin erledigt", sagte Holetschek.

Der energiepolitische Sprecher der Landtags-Grünen, Martin Stümpfig, kritisierte den Vorschlag zur Aufteilung Deutschlands in Strompreiszonen als nicht sinnvoll, "da bis zur Etablierung dieser neuen Systematik die HGÜ-Trassen fertiggestellt sind und der Engpass in größerem Umfang beseitigt ist". Weiter sagte Stümpfig: "Diese Engpassbeseitigung hätten wir viel früher haben können" und warf der bayerischen Staatsregierung eine blockierende Haltung beim Netzausbau vor.

Windenergie soll schneller ausgebaut werden - Süden Deutschlands hinkt hinterher

Erforderlich seien jetzt mehr Tempo beim Ausbau der Windenergie, die schnelle Umsetzung eines Masterplans für Stromnetze und intelligente Speicher in Bayern. In einer gemeinsamen Stellungnahme nennen der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft und der Verband der Automobilindustrie eine Aufteilung des deutschen Strommarktes "weder sinnvoll noch verhältnismäßig".

Eine Aufsplittung in mehrere Preiszonen würde "zu massiven Unsicherheiten für die Industrie führen und zudem das Investitionsklima für erneuerbare Energien erheblich eintrüben – ohne dass den erheblichen Risiken und signifikanten Kosten nennenswerte ökonomische Vorteile gegenüberstünden", teilten sie mit. BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl warnte vor einer Fünfteilung der deutschen Strompreiszone. Eine künstlich geschaffene Zonenteilung würde die Energiekosten in Bayern und ganz Süddeutschland steigen lassen und die wirtschaftliche Krise verschärfen.

Zudem zeige die Erfahrung anderer Länder, dass die Aufteilung in verschiedene Strompreiszonen nicht den Erneuerbaren Energien einen Schub verleiht. Durch den jahrelangen Umbau der Stromgebiete führe dies eher zu einer massiven Unsicherheit und notwendige Investitionen in Erneuerbare Energie und den Netzausbau könnten auf der Strecke bleiben.

Ausbau erneuerbarer Energie "oberste Priorität"

Auch der europäische Windenergieverband WindEurope sieht die Vorschläge kritisch. "Es mag Argumente dafür geben, bestehende Gebotszonen auf den Strommärkten aufzuteilen", sagte Geschäftsführer Giles Dickson. "Aber das würde die Unsicherheit über die künftigen Einnahmen von Kraftwerken erhöhen. Und das würde die Investitionen in neue erneuerbare Energien untergraben."

Der Ausbau der erneuerbaren Energien habe im Moment oberste Priorität, dafür brauche es größtmögliche Sicherheit. Der Verband kommunaler Unternehmen lehnt eine Aufteilung entschieden ab. "Eine Spaltung hätte schwerwiegende wirtschaftliche und energiepolitische Folgen und würde die angestrebte Energiewende gefährden", teilte Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing mit.

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