Zur Jahrtausendwende galt Deutschland als «kranker Mann Europas». Nach den goldenen 2010er Jahren ist der Patient mittlerweile schon länger krank, eine nachhaltige Genesung nicht noch in Sicht.
Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft bleiben trotz des angekündigten Konjunkturpakets der Bundesregierung durchwachsen. Führende Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten zwar eine Belebung in den kommenden beiden Jahren, doch die mittelfristigen Perspektiven bleiben unerfreulich.
Das Münchner Ifo-Institut, das IfW Kiel, RWI Essen und IWH Halle senkten ihre Konjunkturprognosen für dieses und das kommende Jahr. Demnach wird die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr mit einem Mini-Wachstum von 0,1 bis 0,2 Prozent de facto stagnieren.
2026 erwarten die Ökonomen dann zwischen 0,8 (IWH) und maximal 1,3 Prozent (Ifo und IfW) Wachstum und damit weniger als noch im Sommer erhofft. Laut Ifo-Prognose könnte die Arbeitslosenquote in diesem Jahr auf 6,4 Prozent steigen und in den nächsten beiden Jahren wieder sinken.
Die Schwäche könnte chronisch werden
Ohne grundlegende Reformen der Bundesregierung jedoch wird das schuldenfinanzierte 500-Milliarden-Euro-Paket der Bundesregierung nach Einschätzung von Ifo-Präsident Clemens Fuest und Konjunkturchef Timo Wollmershäuser ein Strohfeuer bleiben. «Das Wachstum wird wahrscheinlich wieder auf Null sinken», sagte Fuest. «Dann besteht einfach die Gefahr, dass es vielleicht sogar zu einer Schrumpfung kommt, denn wir haben eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung, wir haben Lasten im Rentensystem, im Krankenversorgungssystem.»
Die deutsche Wirtschaft steckt in einer zähen Krise. In den vergangenen beiden Jahren war Europas größte Volkswirtschaft geschrumpft.
Steuererhöhungen, wie sie Finanzminister Lars Klingbeil und andere SPD-Politiker diskutieren, wären nach Fuests Einschätzung der falsche Weg: «Wenn wir Steuern erhöhen, geht die Schrumpfung noch schneller.» Das Programm wird nach Ifo-Einschätzung auch 2026 ohnehin einen geringeren Effekt auf die Wirtschaft haben als zunächst angenommen.
«Schulden machen ist leicht»
Zu den Reformvorschlägen der beiden Ökonomen gehören eine schnellere Digitalisierung und bessere Steuerbedingungen für Innovationen, aber auch mehrere Punkte, die SPD und Gewerkschaften ablehnen. «Wir brauchen Reformen am Arbeitsmarkt bei den Arbeitskosten», sagte Fuest. «Und insbesondere müssen wir verhindern, dass in den kommenden Jahren durch den demografischen Wandel die Sozialversicherungsbeiträge immer weiter ansteigen.»