Einmal pro Jahr sollen Hausärzte eine besondere Vergütung erhalten, wenn sie besonders betroffene Gruppen wie Senioren und chronisch Kranke Beratung bei großer Hitze geben. Das soll dazu beitragen, die Zahl der Hitzetoten in Deutschland weiter zu senken. Laut Robert Koch-Institut starben im vergangenen Jahr 3200 Menschen infolge von Hitze, im Vorjahr waren es 4500 Menschen.
Telefonisch zu Rezept und Krankschreibung
Lauterbach sagte bereits im ZDF-Morgenmagazin: «Bisher sind die Praxen überfüllt, weil viele Patienten in die Praxis kommen, um ein Rezept verlängern zu lassen oder eine Krankschreibung zu bekommen.» Nach dem Krisentreffen mit der Ärzteschaft betonte er: «Das kann dann alles telefonisch gemacht werden.» So würden künftig viel weniger Patienten aus diesen Gründen die Praxen füllen.
Seit Jahresbeginn müssen niedergelassene Ärztinnen und Ärzte für verschreibungspflichtige Arzneimittel Rezepte elektronisch ausstellen - die Apotheke wird beim Einstecken der Gesundheitskarte in ein Lesegerät autorisiert, es von dort abzurufen. Lauterbach räumten einige Startschwierigkeiten ein und sagte: «Es wird ein paar Wochen dauern, bis es sich eingeruckelt hat.» Bei Krankschreibungen sind bereits seit Anfang 2023 Ausdrucke auch für Arbeitgeber nicht mehr nötig - die Bescheinigungen werden elektronisch direkt bei den Krankenkassen der Beschäftigten abgerufen. Laut Krankenkassen-Verband haben Arbeitgebende 2023 knapp 82 Millionen solche Bescheinigungen elektronisch abgerufen.
Weitere Verbesserungen für die Praxen
«Wir werden auch viel mehr Telemedizin zulassen», kündigte Lauterbach an. Ärzte sollen auch im Homeoffice arbeiten können. Grundsätzlich reicht Telemedizin vom Video-Telefonat bis zu Messgeräten bei den Patienten, auf die der Arzt oder die Ärztin Zugriff hat.
«Eine Qual für viele Praxen» sind laut Lauterbach auch drohende Regresse bei zu viel verschriebenen Medikamente. Denn die Mediziner werden hierbei kontrolliert und müssen sich vor den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung rechtfertigen, wenn sie mehr Medikamente verschrieben haben als vorgesehen - es drohen Strafen in Höhe von Tausenden Euro. Nun sollen Bagatellgrenzen eingeführt werden, bis zu denen keine Wirtschaftlichkeitsprüfung stattfinden soll. 80 Prozent der Regress-Fälle würden künftig wegfallen.
Entbürokratisiert und beschleunigt werden sollen Antragsverfahren für ambulante Psychotherapie.
Ende der Proteste?
Längerfristig soll die Reform die Arbeit als Hausarzt oder -ärztin auch wieder für mehr junge Medizinstudierende attraktiv machen. Heute fehlen laut Hausärzteverband 5000 Hausärzte. Lauterbach räumte ein, dass es genug Ärzte geben müsse - dafür brauche es mehr Medizinstudierende. Er kündigte einen Vorschlag an, nachdem ihre Zahl um 5000 erhöht werden solle.
Der Chef des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Beier, lobte Lauterbachs Pläne als «richtig und wichtig». Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, begrüßte das Vorhaben im Grundsatz. Allerdings will Lauterbach den Honorardeckel nicht bei bei den weiteren Facharzt-Gruppen aufheben. Prompt kündigte der Vorsitzende des Virchowbunds, Dirk Heinrich, weitere Proteste an. «Mit dem heutigen Gesprächsergebnis sind wir jedenfalls völlig unzufrieden», teilte er mit. Die Wut an der Basis steige. «Daher ist für uns klar, dass die Proteste weitergehen müssen, wenn nicht die gesamte ambulante Versorgung durch Haus- und Fachärzte in den Blick genommen wird.» Damit könnten Patienten auch vor weiteren Praxisschließungen bei Fachärzten nicht verschont sein.
Bereits zwischen den Jahren und an einem Brückentag im Oktober waren viele Arztpraxen aus Protest geschlossen geblieben. Die Vorständin des GKV-Spitzenverbandes, Stefanie Stoff-Ahnis, mahnte: «Es darf sich keinesfalls wiederholen, dass Ärzteverbände ihren Protest auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten austragen.»