Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte und Strategie bei der Dekabank, glaubt aber nicht daran: «Die gescheiterte Vertrauensfrage stellt den vorläufigen Endpunkt einer Entwicklung dar, welche die Reformunfähigkeit von Frankreich bestätigt und zeigt, dass selbst kleinste Sparmaßnahmen nicht mehrheitsfähig sind.»
Thomas Gitzel, Chefvolkswirt bei der Liechtensteiner VP Bank meint, wegen der zersplitterten politischen Landschaft werde eine Budgetkonsolidierung in Frankreich bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen 2027 nicht gelingen. «Ohne Konsolidierung wird die Schuldenquote weiter deutlich zulegen».
Wird Frankreich zur Gefahr für die Eurozone?
«Frankreich wird weiter unter genauer Beobachtung der Märkte bleiben», sagt Deka-Kapitalmarktstratege Schallmayer. «Die Gefahr eines abrupten Anstiegs der Risikoprämien muss eng beobachtet werden, die verlorene Vertrauensabstimmung wird aber nicht der Auslöser dafür sein, auch nicht für eine erneute Euro-Krisendebatte.»
Ähnlich sieht das Ökonom Gitzel: «Die Finanzmärkte werten bislang Frankreich als Einzelrisiko und nicht als systemisches Risiko für die gesamte Eurozone.» Das dürfte auch daran liegen, dass die Europäische Zentralbank einen umfangreichen Instrumentenkasten für Krisen habe.
Wie kann die EZB notfalls eingreifen?
Sollten die Risikoaufschläge französischer Staatsanleihen weiter deutlich steigen, könnte die EZB Stützungskäufe tätigen, glaubt Gitzel. So verfügt die Notenbank über das «Transmission Protection Instrument» (TPI), in dessen Rahmen die EZB im Krisenfall Anleihen einzelner Eurostaaten in unbegrenztem Umfang kaufen könnte. Allerdings gibt es dafür Hürden: Das Programm diene dazu, «Länder zu schützen, die ungerechtfertigten Marktangriffen ausgesetzt sind, und nicht solche, die schlechte finanzpolitische Entscheidungen treffen», sagt Berenberg-Ökonom Felix Schmidt.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde äußerte sich kürzlich relativ allgemein zur Krise in Frankreich. «Jeder drohende Regierungssturz in einem Land der Eurozone ist besorgniserregend», sagte sie dem Sender Radio Classique. Das französische Bankensystem sei aber besser aufgestellt als während der letzten Finanzkrise und sie erwarte nicht, dass Frankreich zur Sanierung seiner Finanzen Hilfe vom Internationalen Währungsfonds anfragen werde.
Fragen zu Frankreich wird sich Lagarde auch nach dem Zinsentscheid der EZB an diesem Donnerstag stellen müssen. Gut möglich, dass die Lage in Paris die Zentralbank noch stärker beschäftigten wird.