Die SPD muss ihren Parteitag mitten in der Haushaltkrise abhalten. An Tag eins gab es erstmal starke Rückendeckung für das Führungspersonal. Frust gegen den Kanzler und die Ampel könnte sich noch entladen.
Es ist der unsichtbare Elefant im Raum: Während die Haushaltskrise im politischen Berlin seit Wochen die Schlagzeilen bestimmt, hielten sich die Delegierten der Kanzlerpartei SPD auf dem Parteitag auffällig zurück.
Kaum Angriffe gegen den Ampel-Partner FDP, der zuletzt Sozialleistungen infrage gestellt hatte. Auch der Kanzler kam zunächst glimpflich davon. Dafür sendeten die Delegierten ein starkes Zeichen der Rückendeckung für die Führungsriege der Partei. Saskia Esken und Lars Klingbeil wurden mit guten Werten als Parteichefs bestätigt, Generalsekretär Kevin Kühnert fuhr sogar das drittbeste Ergebnis aller SPD-Generalsekretäre ein.
Der 34-Jährige erhielt 92,55 Prozent der Stimmen. Dabei hatte es in der SPD durchaus die Befürchtung gegeben, er könne stellvertretend für Kanzler Olaf Scholz abgestraft werden. So war es nämlich Scholz selbst im Jahr 2003 ergangen, als er bei der Generalsekretärswahl nur 52,6 Prozent einfuhr. Das wurde als Klatsche gegen den damaligen Kanzler Gerhard Schröder und dessen Sozialreformen verstanden.
Klingbeil erhielt auf dem Bundesparteitag 85,6 Prozent der gültigen Stimmen und damit nur etwas weniger als 2021 mit 86,3 Prozent. Esken kam mit 82,6 Prozent auf ein deutlich besseres Ergebnis als vor zwei Jahren mit 76,7 Prozent. Angesichts der Krisenstimmung und der miserablen Umfragewerte der SPD ist das ein deutliches Vertrauensvotum.
SPD fast schon im Wahlkampfmodus
In den ersten beiden Jahren ihrer Amtszeit sahen Esken und Klingbeil ihre Aufgabe vor allem darin, Olaf Scholz als erstem SPD-Regierungschef seit 16 Jahren im schwierigen Dreier-Bündnis mit Grünen und FDP den Rücken zu stärken. Krachende Wahlniederlagen in Hessen und Bayern, Unzufriedenheit mit dem Ampel-Kurs in der Migrationspolitik und zuletzt die Haushaltskrise haben allerdings Unruhe in die Partei gebracht und Forderungen nach einer stärkeren Profilierung der SPD laut werden lassen.
Auf dem Parteitag wird klar: Die SPD-Spitze richtet ihren Blick längst auf die nächste Bundestagswahl, die nach jetzigem Stand 2025 stattfindet. In ihren Reden attackierten Esken und Klingbeil - immerhin Parteichefs der größten Regierungspartei - so offensiv den politischen Gegner, als seien sie selbst in der Opposition. Esken warf der CDU politischen Vandalismus vor. «Mit dieser Merz-CDU haben wir wahrhaftig die populistischste Opposition aller Zeiten», sagte sie. Klingbeil warf CDU-Chef Friedrich Merz vor, von der Wirtschaftspolitik der 90er Jahre zu schwärmen. «Friedrich von gestern wird niemals die Zukunft unseres Landes sein», betonte er.
Im nächsten Jahr stehen die Europawahl, drei Landtagswahlen in Ostdeutschland und mehrere Kommunalwahlen an. Die große Frage dabei ist: Setzt sich der Höhenflug der AfD und der gleichzeitige Absturz der Ampel fort, der durch die aktuelle Haushaltskrise noch verstärkt wurde? Die SPD kommt in den jüngsten Umfragen zur Bundestagswahl nur noch auf 14 bis 17 Prozent - im Vergleich zu 25,7 Prozent bei der Wahl 2021. Die drei Ampel-Parteien zusammen sackten von 52 Prozent 2021 auf heute 33 bis 38 Prozent in bundesweiten Umfragen ab.