"Klassik am See" wieder ein voller Erfolg

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Rund 2700 Zuschauer verfolgten wieder das Konzert "Klassik am See" am Dechsendorfer Weiher. Fotos: Kilian Reil
Rund 2700 Zuschauer verfolgten wieder das Konzert "Klassik am See" am Dechsendorfer Weiher. Fotos: Kilian Reil
Dirigentin Ljubka Biagioni zu Guttenberg
Dirigentin Ljubka Biagioni zu Guttenberg
 
Solist Lorenzo Gatto
Solist Lorenzo Gatto
 
 

Ljubka Biagioni, ihre "Sofia Symphonics" und zwei Chöre traten in Dechsendorf eine italienische Reise an. Ein junger Solist und eine Uraufführung komplettierten "Klassik am See" zu einem gelungenen Abend.

Zuallererst stellt sich bei dem Open-Air-Spektakel "Klassik am See" - das mit "Jazz am See" einen kleinen Bruder bekommen hat, der zu großen Hoffnungen berechtigt - immer die Frage: Wie hältst du's mit dem Klang? Halt, das Wetter ist noch wichtiger. Und da hatten der veranstaltende Verein Klassikkultur und rund 2700 Zuhörer am Mittwochabend Glück. Der Himmel über der Bühne am Dechsendorfer Weiher klarte rechtzeitig auf, wenn es auch für die angekündigte "italienische Sommerreise" reichlich frisch war.
Doch zurück zum Klang. Zwei große Lautsprecher-Cluster links und rechts der Bühne waren bei diesem 13. "Klassik-am-See"-Konzert (nahezu) perfekt eingepegelt, so dass von der Bühne und aus den Boxen perlende Töne nicht konkurrierten. Die Technik hat eben auch dazugelernt.
Vielleicht etwas lauter zumal zu Beginn hätte es sein dürfen.

Klassischer Gassenhauer

Das Programm hätte es allemal verdient gehabt. Vermutlich auf Initiative der bereits mehrfach seebewährten Dirigentin Ljubka Biagioni zu Guttenberg kam passend zum Motto naturgemäß nur Italienisches zu Gehör, ebenso naturgemäß tonal Vertrautes - was ja kein Schaden sein muss. Das begann mit Rossinis Ouvertüre zum "Barbier von Sevilla", einem klassischen Gassenhauer. Biagioni ließ sich von den Reizen der Komposition nicht verführen, dirigierte ihr Orchester "Sofia Symphonics" eher verhalten statt ungestüm und arbeitete so die enormen Dynamikwechsel der Vorlage fein heraus. Wobei die jahrelange Zusammenarbeit der Dirigentin mit den nicht nur jungen bulgarischen Musikern sich hörbar auszahlt: in puncto Routine und Präzision.

Spontane Begeisterung

Auf Präzision statt auf Effekt setzte auch Lorenzo Gatto. Der 29-jährige gebürtige Belgier gehört zu den jungen Violinen-stars, die ohne Scheuklappen durchs Musikerleben gehen, und hat zum Beispiel einen Song aus dem "Pulp-Fiction"-Soundtrack auf die Geige transponiert. Jenseits solcher Spielereien glänzte Gatto in Niccolò Paganinis Violinkonzert Nr. 1. Dieses Virtuosenstück, komponiert einzig zu dem Zweck, die fast dämonischen Fähigkeiten des ersten Popstars aller Zeiten zu demonstrieren, meisterte Gatto brillant. Ob bei halsbrecherischen Läufen und Griffen, beim Spiel in hohen und höchsten Lagen, beim Spizzicato, bei ausgedehnten Kadenzen: Die Begeisterung, mit der die Dirigentin den Solisten nach gut 40 Minuten in die Arme schloss, war spontan und durchaus berechtigt. Worauf sich der junge Star mit einem fingerverknotenden Paganini-Capriccio als Zugabe revanchierte.
Zwar stammt Vladimir Djambazov aus Bulgarien, sein kompositorisches Herz schlägt jedoch für und in Italien, wie die Uraufführung seiner Italienischen Reise, seiner "Viaggio in Italia" zeigte. Drei Teile evozieren, durchaus filmmusikartig in der "kleinen Programmsinfonie" (so künstlerischer Leiter Roland Scheuer), manche Facetten des Traumlands: Zitate aus Opern in "Volando", elegischer Liebes-Gesang von Emilia Kircheva, mächtig unterstützt von 130 Stimmen der Philharmonischen Chöre Herzogenaurach und Nürnberg, schließlich ungemein tänzerische Leichtigkeit im Tarantella-Schluss von "Carnevale". Djambazov hat es eben mit der Folklore, nicht zum Schaden der Komposition.
Ganz ähnlich auch Ottorino Respighis viersätzige sinfonische Dichtung "Pini di Roma", 1924 entstanden. Die Pinien der Villa Borghese werden ebenso beschrieben wie, abgründig langsam und traurig, die bei einer Katakombe, um schließlich mit viel Blech triumphal marschierend in die der Via Appia zu münden. Das Orchester hatte sich freigespielt, die Dirigentin anfängliche Befangenheit verloren, es war ein großer Abend gewesen. Einzig zu kritisieren war das Publikum. Noch nie war "Klassik am See" von der Stückauswahl her und interpretatorisch so gut gewesen. Warum die Zuhörer dann so lustlos applaudierten, erschließt sich nicht. In Italien wäre das anders gewesen.