Ohne Cloud geht fast nichts mehr
Auch Unternehmen sind teils alarmiert. Laut einer im Frühsommer veröffentlichten Studie des Branchenverbands Bitkom, nutzen neun von zehn deutschen Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitern Cloud-Dienste. Gleichzeitig sehen 78 Prozent der befragten Führungskräfte und IT-Fachleute die enge Bindung an amerikanische Cloud-Anbieter kritisch. Der Wunsch nach leistungsstarken europäischen Alternativen ist daher groß – vorausgesetzt die gleichen Funktionen werden angeboten.
Die Präsidentin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Claudia Plattner, hatte im August erklärt, der US-Cloud-Act sei eines von diversen Gesetzen in den USA, die dem Staat viele Zugriffsmöglichkeiten zubilligten. So etwas finde man auch in China. Die Antwort auf die Frage der Kontrolle sollte aber nicht politisch sein, sondern technologisch. «Es geht darum, sicherzustellen, dass ein Zugriff technisch nicht möglich ist», betont sie. Dabei gehe es insbesondere um Verschlüsselung und die Frage, ob der Nutzer die Hoheit über diese Schlüssel habe.
Sven Kummer, Gründer eines Software-Unternehmens für sicheren Newsletter-Versand aus Freiburg, sagt, es sei gut, dass versucht werde, die Nutzung großer US-Cloud-Dienstleister mit Sicherheitsmaßnahmen zu verknüpfen. Cloud-Dienstleister dieser Größenordnung auch in Europa zu haben, wäre «natürlich auch toll», sagt der Geschäftsführer von rapidmail. Und fügt bedauernd hinzu: «Das ist leider noch nicht der Fall.»
Der Serverstandort wird immer wichtiger
Während früher kaum ein Kunde habe wissen wollen, wo die Server von rapidmail stehen, sei das seit einigen Monaten die Frage, die seine Kundendienst-Mitarbeiter am häufigsten beantworten müssten, berichtet Kummer. Die Antwort: In einem Rechenzentrum in Frankfurt am Main.
Für sein eigenes Unternehmen gelte: «Solange es irgendwie um Daten geht, die unseren Kunden gehören, dann hätte ich sie gerne so in Reichweite, dass ich auch wirklich mit Sicherheit unseren Kunden sagen kann: „Hey, hier haben wir unsere Hand drauf, sonst ist es niemand, und das bleibt auch so.“» Seine Kunden sind vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, Vereine, Verbände oder auch Solo-Unternehmer. Sie erwarten von Kummer und seinem Team, dass ihre Newsletter gut aussehen, bei den Empfängern nicht im Spam-Ordner landen, dass alle Datenschutz-Regeln eingehalten werden und niemand Unbefugtes Zugriff auf sensible Daten hat – etwa auf die Empfängerlisten.
Einfach mal machen – in Deutschland schwierig
Seit 2021 gehört rapidmail zur deutsch-französischen Positive Group. Das Konzept, einfach einmal etwas auszuprobieren, zu gucken, ob es funktioniert und, wenn es nicht funktioniert, das Nächste auszuprobieren, sei in Deutschland wegen der vielen Regularien nicht umsetzbar, sagt Kummer. «Das ist in den USA oder in anderen Ländern einfach deutlich einfacher, einfach mal was zu probieren.» Bürokratieabbau und der Zugang zu Wagniskapital wären aus seiner Sicht wichtig, damit Deutschland im internationalen Wettbewerb der Tech-Start-Ups aufholt – wichtiger als Förderung und riesige KI-Rechenzentren.