Die Sado-Maso-Trilogie "Fifty Shades of Grey" wurde zur Tetralogie erweitert - diesmal nimmt Autorin E L James die Perspektive der männlichen Hauptfigur ein. Was man nicht für möglich gehalten hätte: Das Niveau der ersten drei Bände wird noch unterboten.
Und es höret nimmer auf. Selbst wer nie ein Buch in die Hand nimmt, kommt an dem Schwachsinn nicht vorbei. An Supermarktkassen sogar stehen Etageren, bestückt mit Paperbacks grau in grau. Dasselbe Grau herrscht überall da, wo es Groschenhefte gibt. Mit dem großen Unterschied, dass diese wesentlich besser geschrieben sind als jenes.
125 Millionen Mal soll sich E L James' Trilogie " Fifty Shades of Grey" seit 2011 verkauft haben, und der Film dazu fuhr ein respektables Ergebnis ein. Es deprimiert immer wieder, auf welchem Niveau solche Massenerfolge erzielt werden - dem niedrigstmöglichen. Ärgerlich an Buch- und Film-Schmonzetten ist zudem, dass der Subtext stockreaktionären Schwachsinn transportiert. Da ist das unbedarfte Gänschen, das sich dem superreichen, schwer neurotischen Macho willig unterwirft. Dafür darf es im Helikopter mitfliegen und auf ein Leben an der Seite des 27-jährigen (!) Milliardärs hoffen. Geradezu grotesk affirmativ auch ist die Schilderung des neoliberalen Geschäftslebens, wo der große Zampano heuert und feuert nach autokratischem Belieben.
So hebt auch die Ergänzung an, quasi ein vierter Teil, diesmal aus der Sicht der männlichen Hauptfigur, die exakt die gleiche Geschichte erzählt. Warum nur, warum? Die Autorin müsste doch längst selbst Multimillionärin sein. So jedoch lässt sie ihren Christian Grey, eine Art Donald Trump in Jung, den Kapitalismus erklären: "Harte Arbeit, gute Mitarbeiter, die ich auch, wenn nötig, erbarmungslos auf die Straße setze."
Es ist müßig, die Handlung des Märchens noch einmal zu repetieren. Bekannt ist mittlerweile die Geschichte vom Journalisten-Aschenputtel, das dem sadomasochistischen Tycoon über den Weg läuft. Und ihn nach knapp 2000 Seiten von Kindheitstraumata heilen wird. Ein uraltes Klischee, eskapistische Küchenmädchen-Träume fürs 21. Jahrhundert, anscheinend unausrottbar durch Aufklärung und Feminismus. Neu sind die pornografischen Passagen, deren Vulgarität allenfalls durch ihre unfreiwillige Komik gemildert wird. Gefühlt einige hundert Mal äußert Grey im durch Kursivdruck auch dem Einfältigsten signalisierten inneren Monolog "Scheiße", und die Dämonie der Sexualität emaniert sich durch den ständigen Gebrauch von Vokabeln wie "Gott", auch einmal "Himmel" oder verstärkend "Gott im Himmel", reziprok dann wieder "Teufel". Die "Geschichte der O" war immerhin noch ein Skandalon, spielte im großbürgerlich-aristokratischen Milieu und war einigermaßen gekonnt geschrieben.
Dies jedoch ist Kleinmädchenprosa. Es muss, Pardon, zitiert werden, um das abgrundtief Blöde dieser 634 durchgehend im Präsens und als Ich-Erzählung geschriebenen überflüssigen Seiten so recht zu denunzieren. Was in den ersten drei Teilen die an Bescheuertheit nicht zu überbietende "innere Göttin" war, mit der Anastasia Steele dialogisierte, ist diesmal ihre Unterlippe, auf der sie herumkaut, was Grey regelmäßig in einen Zustand versetzt, der dem eines in eine Pheromonwolke gehüllten Ebers gleicht. Achtung, jetzt kommt Hardcore: "Mein Schwanz pflichtet mir bei" oder "signalisiert Zustimmung". Man sieht das Grey'sche Genital förmlich Fähnchen schwenkend vor sich. Der redundante Gebrauch von "Baby" ("O ja, Baby ... fühl es") oder der billige Manierismus, Ein-Wort-Sätze zu bilden, sind das Analogon zu Widerwärtigem wie der Drang der Hauptperson, sein "Baby" "einzureiten".
Am quälendsten jedoch ist die Langeweile dieser Porno-Schmonzette, die durch abgedruckte E-Mails und dramaturgisch völlig unmotiviertes Hin und Her aufgeblasen wurde. Nun erwartet man von Pornografie nicht unbedingt ästhetische Qualitäten. Doch dieser Unfug, der eigentlich nicht einmal einen Verriss lohnt, erregt gar nicht, der schlimmste Vorwurf, den man Pornografie machen kann. Die Lektüre ist allerdings Masochismus und erzeugt tiefe Reue: über verschwendete Lebenszeit.