Ein neues Familiengeld von 300 Euro monatlich soll Eltern die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf erleichtern - und zwar nicht mehr zulasten von Frauen.
Junge Eltern sollen zwei Jahre lang pauschal 300 Euro pro Monat und pro Kind bis zum achten Lebensjahr vom Staat erhalten, wenn sowohl der Vater als auch die Mutter nur noch 80 bis 90 Prozent pro Woche arbeiten, also 28 bis 36 Stunden, um gemeinsam mehr Zeit für ihre Kinder zu haben.
Mit diesem neuen "Familiengeld" will Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) vor allem Mütter ermutigen, nicht komplett aus dem Beruf auszusteigen oder nur noch Teilzeit ohne Rückkehrmöglichkeit zur Vollzeit zu arbeiten, gleichzeitig sollen sich Väter stärker an der Erziehung beteiligen können. "Junge Eltern wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf", sagte Schwesig bei der Vorstellung ihres Konzepts, das pro Jahr etwa eine Milliarde Euro kosten wird.
Umsetzung noch völlig offen
Ob die neue familienpolitische Leistung, die als Ergänzung und Fortsetzung des "Elterngeldes plus" gilt, eingeführt wird, ist nach den Worten Schwesigs völlig offen, da sie ihr Konzept weder mit dem Koalitionspartner CDU/CSU noch mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) abgestimmt hat. Wie die Nachrichtenagentur dpa am Dienstagmorgen mitteilte, stellt sich die CSU gegen Schwesigs Vorschlag.
Ihr Vorschlag weise in die nächste Legislaturperiode und zeige auf, wie sich die Familienpolitik weiter entwickeln könne. Sie werbe für eine Umsetzung, sei aber offen für weitere Vorschläge. "Jede Partei muss sich der Frage stellen, was man für junge Familien machen kann." Sie habe einen Vorschlag gemacht. "Jetzt sind die anderen am Zuge. Wegducken gilt nicht." Die Union, aber auch die Grünen kritisierten Schwesigs Modell als zu unflexibel und "kaum praktikabel".
Zur Begründung ihres Vorstoßes verwies die Familienministerin auf Umfragen und Studien, wonach sich Männer und Frauen im Grundsatz wünschen, nach der Geburt eines Kindes berufstätig zu bleiben und sich die Erziehung zu teilen. Tatsächlich aber gelinge es nur einer Minderheit, diesen Wunsch umzusetzen. Die Väter arbeiten Vollzeit weiter, die Mütter reduzieren um die Hälfte oder bleiben ganz zuhause.
Dies erkläre nicht nur die "Lohnlücke" zwischen Männern und Frauen, sondern sei auch maßgeblich für die Kinderarmut sowie die drohende Altersarmut von alleinerziehenden Frauen verantwortlich, so Schwesig. Mit einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden gelänge es derzeit nur 28 Prozent der Mütter mit Kindern zwischen einem und vier Jahren, ein Einkommen oberhalb des Grundsicherungsniveaus zu erreichen, dagegen sei dies bei Männern zu 83 Prozent der Fall.
Modell: Beide Elternteile reduzieren Arbeitszeit
Ihr Modell setze darauf, dass beide Elternteile um zehn bis 20 Prozent ihre Arbeitszeit reduzieren, somit voll im Erwerbsleben bleiben und später wieder auf 100 Prozent aufstocken, sagte Schwesig. Alleinerziehende sollen ebenfalls zwei Jahre lang 300 Euro pro Monat erhalten, getrennt Erziehende jeweils 150 Euro.
Kommentar von Martin Ferber: Willkommen im Wahlkampf!Familienministerin Manuela Schwesig, die erst im März zum zweiten Male Mutter geworden ist, weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es für junge Familien ist, die Erziehung der Kinder und die Anforderungen der modernen Berufswelt unter einen Hut zu bekommen. Vor allem Frauen müssen sich zu oft entscheiden - entweder Karriere oder Familie.
Schwesig zieht daraus die Konsequenzen und treibt mit Beharrlichkeit ihr politisches Anliegen voran, dass aus dem Entweder-Oder ein Sowohl-Als auch wird. Dem dient auch ihr neuester Vorschlag nach Einführung eines Familiengeldes, das quasi als Fortführung des Elterngeldes gedacht ist. Beide Eltern sollen ihre Arbeitszeit reduzieren und erhalten dafür zwei Jahre lang 300 Euro pro Monat und pro Kind. Ob das Gesetz allerdings jemals kommt, ist völlig offen, in dieser Legislaturperiode sicher nicht mehr. Aber die ehrgeizige Ministerin hat eine Duftmarke gesetzt - willkommen im Wahlkampf!
Es ist einmal mehr der Versuch, mit Geld vom Staat das Ja zum Kind zu erleichtern. Das mag im Einzelfall funktionieren, wichtiger aber sind andere Faktoren: Arbeitgeber, die Verständnis für die Bedürfnisse junger Eltern haben, verlässliche Betreuungsangebote, die notfalls auch flexibel auf verlängerte Arbeitszeiten reagieren, sowie eine Gesellschaft, die Kinder nicht als Belästigung empfindet, sondern als Bereicherung. Aber bei diesem Punkt ist Deutschland noch Entwicklungsland. Da helfen alle familienpolitischen Leistungen des Staates nichts.