Vermisstenfall Lars Mittank: Weiter ungelöst - das sagt die Polizei zum aktuellen Stand

3 Min
Lars Mittank aus Marne vermisst
Mit diesen Fotos wird seit 2014 nach dem vermissten Lars Mittank gesucht. Zehn Jahre später gibt es noch immer viele offene Fragen zum Fall.
Lars Mittank aus Marne vermisst
Bundeskriminalamt; Collage: inFranken.de

Er verschwand im Urlaub spurlos: Lars Mittank gilt seit mittlerweile einem Jahrzehnt als vermisst. Noch immer werfen die ungewöhnlichen Umstände des Falls viele Fragen auf. Dabei geht es auch um einen folgenschweren Streit und bisher unerklärliche Videoaufnahmen.

Es ist wohl einer der mysteriösesten "Cold Cases" Deutschlands: Lars Mittank war 28 Jahre alt, als er im Sommer 2014 während eines Urlaubs spurlos verschwand. Die Umstände des Vermisstenfalls und sein Verhalten kurz zuvor stellen die Ermittler noch zehn Jahre später vor Rätsel: Wie sind die letzten Videoaufnahmen vor Lars' Verschwinden zu erklären? Und wie hängen ein Streit und ein verletztes Ohr damit zusammen? Die Polizei äußert sich zum aktuellen Stand des Falls.

Es sollte ein spaßiger Ausflug nach Bulgarien werden, aber Lars Mittank kehrte bis heute nicht davon zurück. Vom 30. Juni bis 7. Juli 2014 war der junge Mann aus Marne (Schleswig-Holstein) mit Freunden in Warna, einer beliebten Touristenstadt am Schwarzen Meer, auch als "Goldstrand" und bulgarischer Party-Hotspot bekannt. Doch nach wenigen Tagen kippte die Stimmung.

Vermisstenfall Lars Mittank: während Urlaub einfach verschwunden

Am Abend des 5. Juli geriet Lars in einen Streit mit einer unbekannten Männergruppe: Dabei erlitt er einen Schlag aufs linke Ohr. Weil er anschließend kaum noch hören könnte, suchte er am 7. Juli einen Arzt auf, wie das Bundeskriminalamt den Fall rekonstruiert. Dieser riet ihm davon ab, wie eigentlich geplant am selben Tag zurück nach Deutschland zu fliegen, solange seine Verletzung nicht verheilt war. Der Arzt verschrieb ihm zudem das Antibiotikum Cefzil 500, das in Deutschland nicht zugelassen ist. Seine Freunde reisten ohne ihn ab, während Lars sich in einem neuen Hotel einquartierte.

In der Nacht auf den 8. Juli erreichten Lars' Mutter mehrere beunruhigende Anrufe und Nachrichten: Ihr Sohn war verängstigt und fühlte sich im Hotel nicht sicher. Aus Furcht verließ er die Unterkunft mitten in der Nacht, glaubte aber, von mehreren Männern verfolgt zu werden. Um ihrem Sohn zu helfen, buchte seine Mutter von Deutschland aus einen Rückflug sowie zusätzlich eine Busverbindung.

Am nächsten Morgen war Lars tatsächlich auf Überwachungsvideos des Flughafens von Warna zu sehen. Er hatte einen Rucksack sowie eine Reisetasche bei sich und wirkte äußerlich ruhig. Zuvor habe er sich aber nochmals bei seiner Mutter gemeldet und dabei den kryptischen Satz "Sie lassen mich nicht fliegen" geäußert. Wen er damit meinte, ist aber noch immer unklar. Um sich vor dem Flug medizinisch abzusichern, suchte Lars den dortigen Flughafenarzt auf.

Kameras filmen Lars Mittank am Flughafen Warna: Was geschah danach?

Doch dann nahm der Fall eine weitere Wende: Auf den Aufnahmen der Überwachungskameras ist zu sehen, wie Lars nach rund 40 Minuten gegen 10 Uhr "ohne ersichtlichen Grund" aus der Arztpraxis und aus dem Airport rennt, berichtet das BKA. Sein Gepäck sowie sein Handy ließ er zurück. Der behandelnde Arzt sagte später aus, ein Mann in Flughafenuniform habe zuvor die Praxis betreten und Lars in Panik versetzt, was zu seiner Flucht führte. Diese Aussage konnte aber nie final verifiziert werden und änderte sich mehrmals. Auf den letzten bekannten Aufnahmen von Lars ist zu sehen, wie er über das Flughafengelände rennt, dann über einen Zaun klettert  - und verschwindet.

Polizei äußert sich zu "Cold Case" - mehrere Theorien kursieren

"Seitdem besteht kein Kontakt mehr zu Lars Mittank, der in den Stunden zuvor mit seiner Mutter kontinuierlich in telefonischer Verbindung stand", heißt es beim Bundeskriminalamt weiter. Daran hat sich auch zehn Jahre später nichts geändert: "Es gibt in dem Fall Mittank nichts Neues", erklärt die zuständige Polizeidirektion Itzehoe auf Nachfrage von inFranken.de.  "Wenn uns Hinweise erreichen, werden die selbstverständlich überprüft, haben bisher aber keinen Aufschluss über den Verbleib des Mannes gegeben."

Zu Lars' Schicksal kursieren im Internet, wo der Fall noch Jahre später in Foren, auf Facebook und Co. diskutiert wird, mehrere Theorien: Er habe zum Zeitpunkt seines Verschwindens unter Drogeneinfluss gestanden und/oder an starken Nebenwirkungen des Antibiotikums gelitten, die sogar eine Psychose ausgelöst hätten. Andere vermuten, die unbekannten Männer hätten ihn tatsächlich verfolgt und er sei vor ihnen geflohen. Eine weitere Theorie besagt, Lars wäre schlichtweg verwechselt worden und versehentlich in einen Konflikt geraten. Oder Lars sei bewusst abgetaucht, um ein neues Leben zu beginnen, wird an anderen Stellen spekuliert.

Seine Familie macht auf einer eigenen Facebook-Seite regelmäßig auf den Fall aufmerksam und klärt dort auch über verbreitete Falschinformationen auf. "Manchmal sitze ich vor dieser Seite und weine einfach nur, weil alles so weh tut", heißt es dort im aktuellsten Beitrag zu der zermürbenden Ungewissheit, die Lars' Verschwinden bei seinen Freunden und Angehörigen hinterlässt. Auch im Vermisstenfall Rebecca Reusch spielten zuletzt Videoaufnahmen eine Rolle, die am Tag ihres Verschwindens entstanden sind.

Zu Lars Mittank hat die Polizei folgende Personenbeschreibung veröffentlicht:

  • Name: Lars Joachim Mittank
  • Geburtstag: 9. Februar 1986
  • Geburtsort: Berlin
  • Größe: 1,80 Meter
  • Figur: schlank und sportlich
  • Haare: dunkelblond
  • falls Bart: rötlich
  • Besonderheit: Narbe am linken Unterarm
  • Kleidung: gelbes T-Shirt, dunkle Bermuda-Shorts, weiße Adidas-Turnschuhe

Um zu klären, was mit Lars Mittank passiert ist, nimmt die Bezirkskriminalinspektion Itzehoe/Kommissariat 1 weiterhin Zeugenhinweise unter der Telefonnummer 04821/602-0 entgegen.