Muss die Arbeitsgrundlage des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz abgesichert werden oder nicht? Die Union sagt, sie habe dazu noch keinen brauchbaren Vorschlag gesehen.
Vertreter der Ampel-Regierung haben die Union aufgefordert, ihre Bemühungen zur Absicherung des Bundesverfassungsgerichts zu unterstützen – ungeachtet der aktuellen Meinungsverschiedenheiten auf anderem Gebiet. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warf der Union vor, sie tue nicht genug, um die Demokratie und den Rechtsstaat vor Sabotage zu schützen.
«In diesen Zeiten braucht es staatspolitische Verantwortung statt Fundamentalopposition», sagte Faeser der Deutschen Presse-Agentur. Gerade wenn es darum gehe, die Demokratie zu schützen, sollte für alle Demokraten der Grundsatz gelten: «Erst das Land, dann die Partei.»
Unionsfraktionschef Friedrich Merz sagte, er schließe eine gesetzliche Änderung zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor Demokratiefeinden nicht generell aus. Die Union sei hier auch gesprächsbereit. Einen brauchbaren Entwurf der Ampel-Koalition dazu habe er aber noch nicht gesehen.
Das deutsche Verfassungsgericht sei besser geschützt als dies etwa in Polen, Ungarn oder den USA der Fall sei, sagte Merz. Doch «wenn es Vorschläge geben sollte, es noch besser zu schützen, als wir es gegenwärtig ohnehin tun, dann sind wir selbstverständlich für eine Diskussion offen», sagte er in einem Videointerview der dpa. «Wir sehen nur im Moment keine Vorschläge, die dazu wirklich geeignet sind», fügte er hinzu. Es gebe aktuell keine ernsthaften Angriffe auf das Verfassungsgericht, sagte der CDU-Vorsitzende, ungeachtet der «aufgewühlten politischen Landschaft».
Die Ampel-Koalition hat erwogen, Einzelheiten zur Wahl und zur Amtszeit von Verfassungsrichtern nicht nur in einem einfachen Gesetz, sondern im Grundgesetz festzuschreiben. Diese könnten dann nicht mehr mit einfacher Mehrheit, sondern nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit geändert werden. Das könnte zum Beispiel verhindern, dass bei einem Regierungswechsel Richter vergleichsweise einfach aus dem Amt entfernt werden könnten.
Faeser reagierte auf Äußerungen der stellvertretenden Vorsitzenden der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU). Lindholz hatte der «Rheinischen Post» gesagt: «Die Unionsfraktion sieht derzeit keine zwingende Notwendigkeit, die Regelungen zum Bundesverfassungsgericht im Grundgesetz zu ändern.» In Gesprächen mit Vertretern der Ampelfraktionen sei deutlich geworden, dass eine Umgestaltung der rechtlichen Grundlagen des Bundesverfassungsgerichts nicht nur Vorteile habe. Solche Änderungen des Grundgesetzes müssten sehr gut überlegt sein.
Faeser sieht Sabotage-Risiko
«Unser Rechtsstaat darf nicht von innen heraus sabotiert werden können», sagte Faeser. «Wenn autoritäre Kräfte die Demokratie angreifen, ist die Justiz oft ihr erstes Ziel», warnte die Ministerin. Das sei in europäischen Nachbarstaaten zu beobachten gewesen.