Warum die Geschichte einer Flugzugentführung und die Erinnerung an Romy Schneider bei der Berlinale reichlich Gesprächsstoff liefern.
Zwei deutsche Schauspieler haben gestern Abend bei den 68. Internationalen Filmfestspielen ihren großen Auftritt gefeiert: Marie Bäumer in "3 Tage in Quiberon" und Daniel Brühl in "7 Tage in Entebbe".
Auch wenn beide Titel kurioser Weise Ähnlichkeiten aufweisen, haben die Filme nichts miteinander zu tun. Von sich reden machen werden sie bei der Berlinale aber.
"7 Tage in Entebbe" wird in den kommenden Festivaltagen sicher umstritten sein. José Padilha, der vor genau zehn Jahren mit "Tropa de Elita" über die brasilianische Drogenpolizei den goldenen Bären für den besten Film der Berlinale gewann, schildert darin überraschend geradlinig die Geschichte einer Flugzeugentführung Mitte der 70er Jahre. Palästinensische Freiheitskämpfer und zwei deutsche Mitglieder der Revolutionären Zellen kaperten damals eine Air-France-Maschine und dirigierten diese mit 258 großteils israelischen Fluggästen zum Flughafen Entebbe nahe der ugandischen Hauptstadt Kampala.
Die Motive bleiben vage
Mit einer völkerrechtlich höchst umstrittenen Aktion beendete das israelische Militär die terroristische Aktion nach einer Woche mit Gewalt - alle Entführer kamen dabei ums Leben, die rund 100 bis zum Schluss verbliebenen Geiseln wurden befreit. Als Deutscher fühlt man sich bei diesem Film natürlich sofort an den weltberühmten Einsatz der GSG 9 zur Geiselbefreiung in Mogadischu im Jahr 1977 erinnert.
Insgesamt ist das Paket, das Padilha da zusammenschnürt, ein bisschen zu Hollywood-heroisch. Aber spannend sind sie durchweg, die zwei zentralen Handlungsstränge, die bei der israelischen Staatsführung und am Flughafen Entebbe spielen. Sie tragen auch den Film - für ein Festival ein bisschen zu konventionell, aber nie langweilig.
Daniel Bühl spielt den deutschen Flugzeugentführer Wilfried Böse, der beim Sturm durch die Israelis erschossen wurde. Es ist die Figur eines Idealisten, der zu spät bemerkt, dass er mit der Entführung auf dem falschen politischen Weg unterwegs ist. Aber so recht glaubhaft wirkt das alles nicht, weil die dramatisch unterschiedlichen Beweggründe der zwei Entführer-Gruppen nur vage bleiben. Immerhin: Als einer der wenigen Berlinale-Filme hat "7 Tage in Entebbe" einen Starttermin fürs deutsche Kino: den 3. Mai.
Überraschend kam es nicht, dass "3 Tage in Quiberon" vom bekannt kritischen Berliner Publikum wohlwollender aufgenommen wurde. Marie Bäumer meistert darin die große Herausforderung, eine der deutschen Schauspiel-Ikonen zu spielen: Romy Schneider. Die ehemalige "Sissi"-Darstellerin gab 1981 dem "Stern"-Magazin ein heute noch sagenumwoben offenes Interview, dessen Entstehung Regisseurin Emily Atef in den Mittelpunkt ihres Filmes stellt. Man kann über einige Ideen der Filmemacherin streiten: Muss es wirklich schwarz-weiß sein? Sind die Interview-Sequenzen nicht zu lang? Ist nicht alles ein bisschen klischeehaft?
Aber nach zwei Stunden bleibt in der Gesamtheit ein Film, der wahrlich zu den besseren Wettbewerbsbeiträgen der diesjährigen Berlinale zählt. Der zweite gute deutsche Film, übrigens, nach Christian Petzolds ab und an schon bärenverdächtig gehandelten "Transit".
"3 Tage in Quiberon" steht und fällt natürlich mit der Hauptdarstellerin. Marie Bäumer zeigt, dass sie mehr kann, als in "Der Schuh des Manitu" reizend am Marterpfahl zu stehen. Manchmal würde man ihr wünschen, dass ihr das Drehbuch bei all der bekannten Zerrissenheit der Romy Schneider mehr Raum gegeben hätte, die zarte Magie der "Sissi" (die freilich diesen Namen hasste) zu versprühen.
Dennoch macht Bäumer aus der zweifellos dankbaren Rolle eine ganze Menge und dürfte damit bei der Suche nach der Gewinner des silbernen Bären für die beste schauspielerische Leitung mehr als nur eine Außenseiterin sein. Wer den Film sehen möchte, hat ab dem 12. April die Gelegenheit dazu.
Hintergrund
Wilfried Böse Im Thriller "7 Tage in Entebbe" spielt Daniel Bühl die Rolle des deutschen Flugzeugentführers Wilfried Böse. Dieser hatte fränkische Wurzeln: Böse verbrachte seine Kindheit in Bamberg und besuchte dort die Kunigundenschule, das heutige Clavius-Gymnasium und das Dientzenhofer-Gymnasium.