Wer ist der jetzt festgenommene Ukrainer?
Der 49 Jahre alte Serhij K. soll nach Angaben der Bundesanwaltschaft zu der Gruppe gehören, die die Sprengsätze platzierte – mutmaßlich sogar als einer der Koordinatoren. Der Polizei ging er nun in Italien ins Netz, in der Nähe des auch von Deutschen viel besuchten Badeortes Rimini an der Adria. Dort verbrachte er mit seiner Frau und zwei Kindern im Alter von sechs und neun Jahren seit einigen Tagen den Sommerurlaub.
Auf die Spur kamen ihm die Carabinieri aufgrund der Daten, die man in Italien bei der Anmeldung im Hotel oder in der Ferienwohnung abgeben muss. Dabei fiel auf, dass der Mann mit europäischem Haftbefehl gesucht wurde. Bei der Festnahme am frühen Morgen leistete er nach Angaben der Polizei keinen Widerstand.
K. sitzt nun im Rimini im Gefängnis. Er soll nach Deutschland überstellt und dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe vorgeführt werden, der über die Untersuchungshaft entscheidet. Bis zur Haftvorführung könnte es aber noch einige Wochen dauern. Die italienischen Behörden wollen prüfen, ob er auch in Anschläge auf Schiffe der russischen «Schattenflotte» im Mittelmeer verwickelt war.
Wer sind die anderen Verdächtigen?
Zu den Tätern und den Drahtziehern der Nord-Stream-Sabotage kursierten lange unterschiedliche Spekulationen. Schließlich geriet unter anderem der Ukrainer Wolodymyr Z. ins Visier der Ermittler, der Medienberichten zufolge Tauchlehrer sein soll. Er hielt sich nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Warschau zunächst in Polen auf, habe sich von dort aber in sein Heimatland abgesetzt. Auch er wird mit einem Europäischen Haftbefehl gesucht. Zu weiteren Beteiligten liegen keine Informationen vor.
Wie steht es derzeit um die beiden Leitungen?
Die Pipelines gelten als schwer beschädigt, aber reparierbar. Sie wurden bisher nicht endgültig aufgegeben. Im März gestattete Dänemark der Nord Stream 2 AG, Erhaltungsmaßnahmen am Ort der Explosionen vorzunehmen.
Der Gas-Analyst Heiko Lohmann sieht allerdings keinen Druck, eine Nutzung von Nord Stream 2 voranzubringen. Die EU habe den USA im Zuge der Zollvereinbarung schließlich zugesichert, in den kommenden drei Jahren Energie für 750 Milliarden Dollar aus den USA zu importieren. «Es ist unrealistisch, dass man so viel gebrauchen kann», so Lohmann. Nach seinem Wissen seien auch keine größeren Reparaturarbeiten im Gange.
Ein drohender Konkurs der im schweizerischen Steinhausen ansässigen Nord Stream 2 AG wurde im April in letzter Minute abgewendet. Das heißt, das Unternehmen kann weiter nach Investoren suchen. In Medien wurde im Frühjahr über den Einstieg von US-Investoren spekuliert. Genannt wurde etwa der wohlhabende US-Geschäftsmann und Unterstützer von US-Präsident Donald Trump, Stephen P. Lynch.
Dazu Lohmann: «Die Sache mit den amerikanischen Investoren war im Frühjahr ein großer Hype, aber es ist nicht zu erkennen, dass seit April in diese Richtung irgendetwas vorangetrieben worden ist. Es hat sich nichts getan, das irgendeine Marktreaktion hervorgerufen hätte.»
Sind die Leitungen Verhandlungsmasse im Ukraine-Krieg?
Der Pipeline-Betrieb könnte Teil einer amerikanisch-russischen Vereinbarung zur Beilegung des Ukraine-Kriegs werden. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte im März im staatlichen Fernsehen gesagt: «Über Nord Stream wird gesprochen.»