Corona und Grippe im Vergleich: Covid-19 deutlich gefährlicher als "bloße Grippe"

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Corona ist mehr als eine "bloße Grippe"
Corona ist mehr als eine "bloße Grippe"
Symbolbild: Parentingupstream/pixabay.com

Seit dem Beginn der Pandemie wird das Coronavirus mit der Grippe verglichen - doch welche der Infektionskrankheiten ist gefährlicher für den Menschen?

Während sich Deutschland in den Teil-Lockdown begibt, werden die Stimmen wieder lauter, die das Coronavirus als "bloße Grippe" bezeichnen. Doch zwischen dem Coronavirus und der Influenza gibt es gravierende Unterschiede. Der Gewaltigste: Covid-19 ist tödlicher.

Gegen das Coronavirus und die daraus resultierende Covid-19-Erkrankung gibt es aktuell keinen Impfstoff. Selbst wenn im kommenden Jahr ein Impfstoff zugelassen wird, bleibt abzuwarten, ob und für wie lange dieser schützen wird.

Die lange Suche nach einem Impfstoff gegen das Coronavirus 

Gegen die saisonale Grippe gibt es einen Impfstoff. Laut Robert Koch Institut können wiederholte Impfungen sogar besser vor schweren Verläufen der Erkrankung schützen. Das RKI empfiehlt daher Personen über 60 Jahre sowie Menschen, die beruflich mit viel Publikumsverkehr zu tun haben, sich impfen zu lassen. Auch Menschen mit Vorerkrankungen wie chronische Lungen-, Herz-Kreislauf-, Leber- und Nierenkrankheiten, Diabetes und andere Stoffwechselkrankheiten sollten die Impfung jährlich erneuern lassen. Die Impfung verhindert laut Schätzungen des RKI jährlich 400.000 Influenza-Erkrankungen bei Personen über 60 Jahren.

Denn die Gruppen, die ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf haben, sind bei Influenza und Covid 19 sehr ähnlich. Daher ist gerade in Zeiten der Pandemie eine hohe Influenza-Impfquote vor allem bei den Risikogruppen wichtig. So können in der Grippewelle schwere Influenza-Verläufe verhindert und damit Engpässe in Krankenhäusern bei Intensivbetten, Beatmungsplätzen und medizinischem Personal  vermieden werden, heißt es auf der Homepage des RKI

Eine Studie des Dartmouth College in New Hampshire, USA untersuchte die Infektionssterblichkeit (infection fatality rate, kurz: IFR) in Verbindung mit Covid 19. Diese zeigt an, wie viele Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert sind, daran sterben.

Sterberisiko bei Covid-19 ist 16-mal höher als bei der saisonalen Grippe

Das Problem: Die Forscher stellten große Unterschiede in der IFR je nach Standort fest. In Salt Lake City lag die IFR zum Beispiel bei 0,5 Prozent in Italien allerdings bei 2,7 Prozent. Die Forscher schlossen daraus, dass diese Unterschiede auf das durchschnittliche Alter der Infizierten zurückzuführen ist. Je älter die Bevölkerung, desto höher die Infektionssterblichkeit. Während Kinder und junge Erwachsene ein geringes Sterberisiko haben, erreicht das IFR ab einem Alter von circa 65 Jahren 1,3 Prozent und sogar 14 Prozent bei den über 85-Jährigen.

Im NDR-Podcast erklärte Virologe Dr. Christan Drosten, dass in den USA, die Infektionssterblichkeit von Covid 19 um das 16-fache höher ist als bei einer saisonalen Grippe. "Für jeden Influenzatoten gibt es 16 Covid-19-Tote in den USA", so der Virologe und fügt hinzu: "Jetzt ist aber die amerikanische Bevölkerung jünger als die deutsche. Das heißt, wir müssten in Deutschland mit einer Infektionssterblichkeit rechnen, die nach dieser Auswertung so an die ein Prozent rangeht oder sogar knapp über ein Prozent geht."

In der Saison 2017/18 grassierte eine ungewöhnlich starke Grippewelle in Deutschland. Laut RKI gab es damals geschätzt 25.100 Grippetote. Im Vergleich dazu wirken die aktuell 10.930 Corona-Toten (Stand: 5.11.2020) in Deutschland niedrig, doch die Berechnungsgrundlage ist falsch.

Fast 11.000 Corona-Tote stehen 1676 Grippetoten gegenüber

Bei den 25.100 Todesfälle aus der Grippewelle 2017/18 handelt es sich um eine reine Schätzung. Denn in einer Grippesaison berechnet das RKI  die Übersterblichkeit, also wie viele Menschen mehr als in einem vergleichbaren  Zeitraum gestorben sind. Nachweislich an der Grippe gestorben sind laut RKI  in der Grippesaison 2017/2018 allerdings 'nur' 1674 Menschen, dagegen stehen die 10.930 nachgewiesenen Corona-Toten seit März 2020.

Alleine an den Sterbezahlen lässt sich die Gefahr durch das Coronavirus nicht ablesen. Zwei weitere Faktoren kommen dazu. Erstens, die exponentielle Ansteckung. Während sich laut RKI fünf bis 20 Prozent der Bevölkerung während einer Grippewelle infizieren, könnten sich laut Experten - ohne geeignete Gegenmaßnahmen - 60 bis 70 Prozent der Deutschen mit dem Coronavirus infizieren. Von circa 83 Millionen Menschen wären das über 50 Millionen Infizierte.

Zweitens, die Spätfolgen: Auch bei einer Grippe kann es zu schweren Verläufen kommen. Vor allem für ältere Menschen kann eine Lungenentzündung in Folge einer Grippeerkrankung gefährlich werden, in seltenen Fällen kann auch das Herz oder Gehirn in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Unterschied zum Coronavirus: Die meisten Grippe-Erkrankten sind nach ein paar Wochen komplett ausgeheilt. 

Nach einer Corona-Infektion drohen belastende Spätfolgen

Die Erfahrungen der letzten Monate mit dem Coronavirus zeigten aber, dass selbst Patienten mit milden Symptomen unter belastenden Spätfolgen leiden können. Dazu gehören zum Beispiel der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns, dauerhafte Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, aber auch Herz, Gehirn und andere Organe können betroffen sein.

Die Erkrankung scheint selbst Diabetes auslösen zu können. Das Problem: Selbst bei jungen Leuten mit nur milden Symptomen kann eine Infektion mit dem Coronavirus das Schlaganfallrisiko erhöhen, darauf deuten mehrere Fallbeispiele aus den USA hin. Daher verglichen Neurologen und Neurowissenschaftler bei Weill Cornell Medizin in New York City die Schlaganfall-Häufigkeit von Corona- und Influenza-Patienten. Während nur 0,2 Prozent von 1500 Grippekranken einen Schlaganfall erlitten, waren es bei 1900 Covid 19-Patienten 1,6 Prozent.

Fazit: Man sollte weder eine Infektion mit dem Coronavirus noch mit der Grippe verharmlosen. Beide Erkrankungen können gerade für Ältere und gesundheitlich Vorbelastete gefährlich werden. Dennoch bleibt der größte Unterschied, dass es wirksame Medikamente und eine Impfungen gegen die Grippe gibt, während Ärzte und Pharmaunternehmen weltweit seit Monaten an Behandlungsmethoden gegen Covid 19 arbeiten.

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