Ziel: Mehr Klimaschutz
Den CO2-Preis für alle fossilen Energieträger wie Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel gibt es in Deutschland seit 2021. Der Verbrauch dieser Rohstoffe wird dadurch teurer, was zum Klimaschutz beitragen soll. Zuletzt hatte sich die Koalition im Ringen um den Bundeshaushalt darauf geeinigt, dass der CO2-Preis mit dem neuen Jahr noch etwas stärker ansteigt als zuvor geplant.
Das Klimageld sollte die sozialen Folgen ursprünglich abfedern. Zuletzt argumentierte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), die Bürger würden schon entlastet, weil der Staat die EEG-Umlage beim Strompreis übernehme. Fast alle Einnahmen aus dem CO2-Preis flössen so an die Menschen zurück. Im Koalitionsvertrag hatte die Ampel-Regierung allerdings festgehalten, das Klimageld soll als «sozialer Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus» entwickelt werden.
Vorstoß der Verbraucherzentralen: 139 Euro für jeden
Nach Ansicht von Verbraucherschützern geht Habecks Rechnung zudem nicht auf. Die Gesamteinnahmen durch den CO2-Preis seien deutlich höher als die Entlastung bei der EEG-Umlage, argumentiert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Rechnerisch stünde jeder Bürgerin und jedem Bürger für die vergangenen drei Jahre daher ein Klimageld von 139 Euro zu. Eine vierköpfige Familie müsste 556 Euro erhalten. Bei der aktuellen Einwohnerzahl Deutschlands müsste der Bund etwa 11,76 Milliarden Euro in die Hand nehmen. Im Etat für 2024, so argumentieren Haushaltspolitiker, gebe es diesen Spielraum aber nicht.
Politisch sind die Details zum Klimageld auch noch nicht definiert. So hatten die Grünen in ihrem Wahlprogramm 2021 gefordert, den Ausgleich erst bei einem CO2-Preis von 60 Euro pro Tonne zu zahlen. Davon ist man noch weit entfernt. Wegen der Energiekrise verzichtete die Ampel zwischenzeitlich auf eine Erhöhung. Um das Milliardenloch nach dem Karlsruher Haushaltsurteil zu stopfen, ist der CO2-Preis nun zum Jahreswechsel von 30 direkt auf 45 Euro pro Tonne angestiegen.
Forscher: CO2-Preis ist zu niedrig
Der Ökonom Matthias Kalkuhl nennt die Steigerung einen «Schritt in die richtige Richtung, um Emissionseinsparungen und Investitionen in CO2-arme Technologien anzureizen». Aber: «Damit sich mehr Bürger von fossilen Heizungen und Verbrennerautos verabschieden, müsste er deutlich höher sein als vom Bundeskanzler und den Ministern nun geplant», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Kalkuhl ist Professor für Klimawandel, Entwicklung und Wirtschaftswachstum an der Universität Potsdam und leitet eine Arbeitsgruppe beim Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change.
Bewirkt der kletternde CO2-Preis eigentlich die erhoffte Verhaltensänderung? Für Deutschland gebe es dazu keine verlässlichen Erkenntnisse, sagt Kalkuhl. «Jedoch wissen wir aus einer Vielzahl von empirischen Untersuchungen für die EU, China und Nordamerika, dass allein die Einführung von CO2-Preisen - auch wenn die Preise anfänglich niedrig sind - zu bedeutsamen Emissionsreduktionen geführt hat. Wir gehen daher davon aus, dass auch in Deutschland die Emissionen dadurch bereits gesenkt wurden.»
Beim Tanken und Heizen könnte sich der höhere CO2-Preis schnell auswirken. Experten bezweifeln aber, ob das das Verhalten der Bürger deutlich ändern wird. An der Tankstelle gehe es um etwas mehr als vier Cent pro Liter, was unterhalb der täglichen Preisschwankungen liege, erklärte der ADAC. Daher hielten sich die Auswirkungen vermutlich in Grenzen - zumal viele Menschen für tägliche Wege auf das Auto angewiesen seien und die Kraftstoffpreise wieder unterhalb der für viele kritischen Schwelle von zwei Euro je Liter lägen.
Warnung vor sozialem Sprengstoff
Ökonom Kalkuhl warnt dennoch. «Hohe CO2-Preise bergen enormen sozialen und politischen Sprengstoff - wenn die Einnahmen aus der Bepreisung nicht an die Bevölkerung zurückerstattet werden.» Die Zeit für ein Konzept dränge, da Deutschland seine Klimaziele wohl nicht erreichen werde. «Das Klimageld wird nicht alle Akzeptanzprobleme lösen», mahnt Kalkuhl. «Doch ohne ein Klimageld, ohne einen sozialen Ausgleich ist eine erfolgreiche Klimapolitik kaum vorstellbar.»
Die «Wirtschaftsweise» Veronika Grimm kritisierte in der «Rheinischen Post», dass das Klimageld nicht schon vor dem Anstieg des CO2-Preises eingeführt wurde und mahnte die Bundesregierung, dies nachzuholen. «Das Klimageld hat eine sehr positive umverteilende Wirkung - zum einen von den hohen zu den niedrigen Einkommen, zum anderen von denjenigen mit hohem hin zu denjenigen mit niedrigem CO2-Fußabdruck», sagte das Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.