Nach Bundestagswahl: Diese Koalition ist jetzt am wahrscheinlichsten

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Nach der Wahl ist vor den Koalitionsverhandlungen. Die Aufgaben für die neue Regierung sind groß. Es werden schwierige Verhandlungen erwartet. Die Bürger haben schon einen klaren Favoriten bei der Frage nach der Wunsch-Koalition.

Die Union konnte bei der Bundestagswahl 2025 zwar siegen - bei den Koalitionsverhandlungen könnte es jedoch schwierig werden. Ein Bündnis aus Union und SPD (GroKo) ist die realistischste Option nach der Bundestagswahl.

Laut einer Blitzumfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov sei diese Koalition auch die beliebteste Option bei den Wählerinnen und Wählern. 44 Prozent der Befragten antworteten, dass sie sich dieses Regierungsbündnis am ehesten wünschen. 25 Prozent sähen am liebsten ein Dreierbündnis von Union, SPD und Grünen. 30 Prozent wünschen sich die von der Union ausgeschlossene Koalition mit der AfD. 

Große Koalition aus Union und SPD - schwierige Verhandlungen erwartet

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch erwartet schwierige Verhandlungen mit der Union über die Bildung einer neuen Bundesregierung. Er kündigte eine Mitgliederentscheidung der SPD an.
Miersch sagte im ARD-"Morgenmagazin": "Es gibt keinen Automatismus, aber die demokratische Mitte muss natürlich versuchen, in diesen Zeiten auch zusammenzuarbeiten."

Die SPD werde sehen, wie Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sich jetzt verhalte in den Gesprächen. "Dann werden wir das davon abhängig machen, ob es tatsächlich zusammengeht, ja oder nein. Am Ende, das steht fest, steht eine Mitgliederentscheidung der SPD."

Der SPD-Generalsekretär kündigte außerdem an, dass es bei der SPD nach dem Wahldebakel weitere personelle Konsequenzen gebe. Er verwies darauf, dass die SPD-Führung Parteichef Lars Klingbeil als neuen Fraktionschef vorgeschlagen habe. "Ich bin mir sehr sicher, dass auch um den Fraktionsvorsitz drumherum Dinge entstehen beziehungsweise Positionen auch neu besetzt werden."

Die größten Knackpunkte in den Koalitionsverhandlungen

Inhaltlich gibt es teils deutliche Differenzen bei den Parteien. Bis Ostern will Merz fertig sein. Scholz hatte bereits angekündigt, nicht am Verhandlungstisch zu sitzen. Das sind die Knackpunkte in den bevorstehenden Verhandlungen:

Migrationspolitik

Große Konflikte sind in der Migrationspolitik zu erwarten. CDU und CSU wollen auch Asylbewerber an den deutschen Grenzen zurückweisen. Die SPD hält das für nicht vereinbar mit europäischem Recht. Außerdem beabsichtigt die Union den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten wieder auszusetzen. Aktuell gilt für die Angehörigen von Menschen mit diesem eingeschränkten Schutzstatus ein Kontingent von 1.000 Visa pro Monat. Die SPD will das so beibehalten. 

Dass die stationären Kontrollen an den Landgrenzen erst einmal fortgesetzt werden, ist wahrscheinlich. Die Forderung der Union, die Bundesregierung solle sich auf europäischer Ebene für eine Abschaffung des subsidiären Schutzes einsetzen, dürfte die SPD zwar von sich weisen. Allerdings stellt sich hier ohnehin die Frage, wie wahrscheinlich eine Einigung auf einen entsprechenden Beschluss auf EU-Ebene wäre. Der subsidiäre Schutz greift, wenn weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt werden können und im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht. Das betraf zuletzt viele Asylbewerber aus Syrien.

Wirtschafts- und Steuerpolitik

Im Ziel sind sich die Parteien einig: Die Wirtschaft muss angekurbelt werden. Nach zwei Rezessionsjahren wird auch für dieses Jahr nur ein Mini-Wachstum erwartet. Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften drängen angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage in Deutschland auf eine schnelle Regierungsbildung.

Ein großer Hebel wären niedrigere Energiepreise etwa über die Senkung der Strompreise, hier scheint ein Konsens möglich zu sein. In der Steuerpolitik aber gibt es große Differenzen. Die Union setzt sich für milliardenschwere, breite Steuerentlastungen auch für Unternehmen ein. Die SPD will einen "Made in Germany"-Bonus, mit dem der Staat Unternehmen bei Investitionen in Maschinen oder Fahrzeuge zehn Prozent der Kosten abnehmen soll. 

Haushalt

Die SPD will eine Reform der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse, um mehr Spielraum für Investitionen vor allem in die Infrastruktur zu bekommen. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat eine Reform zumindest nicht ausgeschlossen. Eine der wichtigsten Aufgaben der neuen Koalition wird die Verabschiedung eines Bundeshaushalts für das Jahr 2025 sein, es müssen Milliardenlöcher geschlossen werden. Zentral dürfte sein, wie stark in den kommenden Jahren die Verteidigungsausgaben steigen sollen und wie das finanziert werden soll.

Außen- und Sicherheitspolitik

Union und SPD sind sich einig, die Ukraine in ihrem Kampf gegen den russischen Aggressor weiter zu unterstützen. Umstritten ist aber, wie zusätzliche Milliardenhilfen finanziert werden sollen. Noch-Kanzler Olaf Scholz (SPD) bestand bisher darauf, eine Ausnahmeregel von der Schuldenbremse zu nutzen. Umstritten auch: Merz ist offen für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Scholz ist strikt dagegen, weil er befürchtet, dass Deutschland dadurch zu tief in den Krieg hineingezogen wird. Die SPD teilt diesen Kurs.

Im Ukraine-Konflikt könnte es wegen Verhandlungen zwischen den USA und Russland eine völlig neue Dynamik geben, mit weitreichenden Folgen für die europäische Sicherheitsarchitektur. Deutschland könnte zudem vor der Entscheidung stehen, Friedenstruppen in die Ukraine zu schicken.

Sozialpolitik

Schwierige Verhandlungen drohen auch in der Sozialpolitik. Die Union will das maßgeblich von der SPD eingeführte Bürgergeld abschaffen und durch eine neue "Grundsicherung" ersetzen. Das Bürgergeld senke die Anreize, eine Arbeit aufzunehmen, argumentieren CDU und CSU. 

Umstritten ist auch der gesetzliche Mindestlohn, der derzeit bei 12,82 Euro pro Stunde liegt. Die SPD fordert eine Anhebung auf 15 Euro. Aus Sicht der Union muss die Lohnfindung weiterhin Sache der Sozialpartner sein. Einen "politischen Mindestlohn" lehnen CDU und CSU ab.

Verkehrspolitik

Die Union hat die Zukunft des bundesweit gültigen Deutschlandtickets im Nah- und Regionalverkehr offen gelassen. Es geht vor allem um Finanzierungsfragen, nur noch bis Ende des Jahres sind die Bundesmittel von 1,5 Milliarden Euro gesichert. 

Eine zentrale Frage ist auch, wie es bei der Bahn weitergeht. Die Union strebt an, den bundeseigenen Konzern umzukrempeln und den Betrieb und die Infrastruktur voneinander zu trennen. Das dürfte vor allem mit der SPD nicht zu machen sein.

Vorschaubild: © Stefanie Loos (AFP Pool)