Seit Jahren nimmt in Deutschland die Zahl der Sozialwohnungen ab. Dies hat nicht nur Folgen für wohnungssuchende Menschen mit wenig Geld, sondern laut einer Studie auch für die Finanzen des Staates.
Ein Bündnis aus Mieterbund, Baugewerkschaft sowie Sozial- und Branchenverbänden hat deutlich mehr Wohnungen für Menschen mit kleinem Einkommen gefordert. Es mahnte am Dienstag in Berlin die Schaffung von mehr als 910.000 Sozialwohnungen an und berief sich dabei auf eine Studie des Pestel-Instituts in Hannover.
Demnach gab es Ende 2022 in Deutschland rund 1,088 Millionen Sozialwohnungen. Das Bündnis «Soziales Wohnen» geht davon aus, dass bundesweit eine Aufstockung auf einen Bestand von 2 Millionen Sozialwohnungen bis zum Jahr 2030 nötig ist - dann wäre in etwa der Stand aus dem Jahr 2007 erreicht. Besonders viele Sozialwohnungen fehlen laut Studie - in absoluten Zahlen - in Baden-Württemberg (Lücke: rund 206.000 Wohnungen), Bayern (rund 195.000), Berlin (rund 131.000) und Niedersachsen (rund 109.000).
Forderung nach einem milliardenschweren Sondervermögen
Das Bündnis forderte, Bund und Länder sollten umgehend ein Sondervermögen in Höhe von 50 Milliarden Euro für die Förderung von sozialem Wohnraum bereitstellen. Nur so könne es gelingen, dem Ampel-Ziel von 100.000 neuen Sozialwohnungen im Jahr ein Stück näher zu kommen - bislang seien im Durchschnitt seit 2017 rund 24.000 neue Sozialwohnungen im Jahr entstanden. Zudem sprach sich das Bündnis für Steuerminderungen aus: Für den Neubau von Sozialwohnungen sollten künftig 7 statt bislang 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig werden.
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) sagte tagesschau24 mit Blick auf die fehlenden 910.000 Wohnungen: «Es fehlen sogar noch mehr Sozialwohnungen. In der Bundesrepublik gab es auch schon Zeiten mit drei Millionen Sozialwohnungen.» Es sei in den vergangenen zwei Jahrzehnten viel zu wenig Geld in Sozialwohnungen investiert worden.
«Das rächt sich jetzt. Seit 2021 haben wir da den Schalter umgelegt. Aber es braucht natürlich auch eine gewisse Zeit, bis diese Förderung dann auch tatsächlich auf der Baustelle ankommt und in einer fertigen Wohnung endet.» Das geforderte Sondervermögen lehnt sie laut Mitteilung ab. «Der Bau von Sozialwohnungen ist eine Kernaufgabe des Staates und gehört auch in den ordentlichen Haushalt.»
Die Mieten sind bei Sozialwohnungen staatlich reguliert. Wohnen dürfen dort nur Menschen, bei denen die Behörden einen besonderen Bedarf sehen, weil sie kleine Einkommen haben. Nach einer bestimmten Zeit können die Wohnungen aber normal am Markt vermietet werden. Weil seit langer Zeit nicht genug neue Sozialwohnungen nachkamen, nahm ihre Zahl unterm Strich in den vergangenen Jahren stetig ab.
Ampel-Koalition verfehlt Wohnungsbau-Ziel
SPD, Grüne und FDP hatten wegen des enormen Bedarfs vor allem in den Städten in ihrem Koalitionsvertrag den Bau von jährlich 400.000 neuen Wohnungen angepeilt - davon 100.000 Sozialwohnungen. Auch wegen der Folgen des Ukraine-Kriegs räumte die Regierung im vergangenen Jahr aber ein, das Ziel zunächst zu verfehlen. Knappe Materialien, Fachkräftemangel und gestiegene Zinsen zählen zu den Hindernissen.