Ein Stakkato steht in der Musik für einen Vortrag mit kurzen, schnell aufeinander folgenden Tönen. Das Leben des fränkischen Musicaldarstellers Armin Kahl gleicht derzeit einem solchen Stakkato. Aktuell spielt er auf der Freilichtbühne Tecklenburg Hauptrollen in "Zorro" und "Cats".
Der Lebenslauf von Armin Kahl hat stakkato-artige Züge. Allein in den zurückliegenden zwölf Monaten war und ist er in acht Hauptrollen verschiedener Produktionen - von "Jesus Christ Superstar" über "Mary Poppins" oder "Total normal" bis "Aida" - und damit auch in sehr unterschiedlichen Genres zu sehen. Und das in fünf kulturell bedeutenden Städten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz.
Kein Vergleich mit seinem künstlerischen Wirken von vor 2014, als er Rollen etwa in "Sister Act" oder "Ich war noch niemals in New York" über viele Monate, die Titelrolle im Tarzan sogar drei Jahre lang ausfüllte. Meist war er in dieser Zeit an Theatern in Hamburg tätig. "Tarzan war bereits sehr fordernd. Das, was ich jetzt hier mache, ist noch viel anstrengender", vergleicht der in Erlangen geborene Künstler die "Urwald"-Rolle mit seinem aktuellen Engagement an der Freilichtbühne Tecklenburg im Teutoburger Wald.
Fechtunterricht Bis in den September hinein schleicht er an einem Abend wie auf Pfoten als Munkustrap in Cats über die Bühne. Am Folgetag kreuzt er in der Deutschlandpremiere des "Zorro" als Diego die Klingen seines Degens mit den Waffen seiner Kontrahenten. Acht Wochen hat Armin Kahl hierfür Fechtunterricht genommen. Zusätzlich werden die Kampfszenen täglich am Vormittag mindestens zwei Stunden geprobt. Unmittelbar vor jeder Vorstellung des Zorro gibt es außerdem einen sogenannten "Fight Call". Bei dieser Probe stimmt sich der Hauptdarsteller individuell auf die teilweise wechselnden Gegenüber ein.
"Wir üben zehn unterschiedliche Paraden. Bei manchen Kollegen kannst du Paraden ,lesen', du weißt also, wie sie fechten. Bei anderen gelingt das nicht. Deshalb - die Kampfszenen sind ja nicht ungefährlich - müssen wir exakt der Choreografie folgen." Dass ein derart immenser Aufwand für die knapp ein Dutzend Fechtszenen nötig ist, die dem Mantel-und Degenstück alle Ehre machen, ahnt der Zuschauer nicht. Spielerisch-leicht gehen diese den Akteuren von der Hand. Dass die Darsteller trotz dieser körperlichen Höchstleistung noch ausreichend Atem haben, um stimmgewaltig zu unterhalten, wird dann allerdings doch vom Publikum erkannt und mit anerkennendem Beifall honoriert.
Womit wir bei der sehr speziellen Beziehung zwischen dem Ensemble und dem Publikum bei den Freilichtspielen in Tecklenburg sind. Mit Picknickkörben und sogar Kühltaschen bewaffnet erstürmen bis zu 2000 Gäste den Festungsberg in der 9000-Seelen-Gemeinde im Teutoburger Wald. An Speis und Trank fehlt es also nicht, wenn das Stück "Zorro" in eine Zeit der Armut und knappen Güter des 19. Jahrhunderts entführt. Das Publikum jedenfalls ist kulinarisch gesättigt. Die Darsteller dürfen folglich auf den Kulturhunger ihres Auditoriums hoffen.
"Obwohl man das von Verona kennt, musste ich mich als Darsteller hier schon erst daran gewöhnen, dass im Zuschauerraum gegessen und getrunken wird." Bei den ersten Vorstellungen hat Armin Kahl das Proseccoglas, die Bierflasche und den Fleischklops im Zuschauerraum noch registriert. Ob er in dieser Phase kurzzeitig überlegt hat, mit seinem Degen den Mann in der ersten Zuschauerreihe mit dem Mozarella-Spieß herauszufordern, verrät er nicht. "Inzwischen kann ich das ausblenden. Das ist Tradition bei diesen Freilichtspielen. Ein echtes Happening für die Zuschauer. Wenn das gesittet abgeht, ist das in Ordnung."
Viel Zeit bleibt ihm eh nicht, sich darüber Gedanken zu machen. "Wir haben ,Zorro' in dreieinhalb Wochen hochgezogen. Jetzt arbeiten wir an ,Cats'", beschreibt er seinen Tagesablauf mit je zwei dreistündigen Proben und der ebenso langen Vorstellung am Abend. Gut, dass meist nur an vier Tagen pro Woche gespielt wird.
"Dieses Engagement bringt mich schon an Grenzen", bekennt der Franke. Da tut es ihm sichtlich gut, dass nicht nur die Leistung des Ensembles, sondern auch sein künstlerisches Wirken Anerkennung findet.
Die "Westfälischen Nachrichten zum Beispiel titeln "Zorro spielt alle Trümpfe aus" und beschreiben die Leistung Kahls so: "Trumpf drei, der wichtigste: die Darsteller. Allen voran Armin Kahl, dessen Stimme so muskulös wie sein Oberkörper ist. Mit Herz und Witz mutiert der Großgrundbesitzer-Sohn Diego de la Vega zum Mann mit der Maske. ... Wenn Zorro den Degen des Gegners mit dem Fuß in die Höhe lüpft und dieser ihn fängt, gibt es Szenen-Applaus." Auf musicalradio.de ist zu lesen: "Auch der Titelheld Zorro, der sich mitunter als ,Diego" selbst zum Narren macht, wird von Armin Kahl meisterhaft, authentisch und körperlich absolut fit präsentiert."
Theater: Die Freilichtbühne Tecklenburg ist mit nach eigenen Angaben mehr als 2300 Sitzplätzen das größte Freilichtmusiktheater Deutschlands. Die Bühne befindet sich in der Ruine der Burg Tecklenburg. Seit 1924 werden dort Theaterstücke, Opern, Operetten, Musicals und andere Musikveranstaltungen aufgeführt (Quelle: wikipedia).
Stücke: In diesem Jahr bietet die Freilichtbühne die Stücke "Zorro", "Cats" und "Die Schöne und das Biest" an. In den zurückliegenden Jahren wurden unter anderem aufgeführt: Les Misérables, Jesus Christ Superstar, Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat, Kiss Me, Kate, Der kleine Horrorladen, Die Fledermaus, Jekyll & Hyde, Miami Nights oder West Side Story. 2014 zählten die Freilichtspiele 86000 Zuschauer.
Armin Kahl: Der Höchstadter absolvierte seine Ausbildung an der Theaterakademie August Everding (München). Am Prinzregententheater München und am Opernhaus Erfurt spielte er in "City of Angels" (Muniõz und Mr. Stone). Für seine Interpretation des Luigi und Tony in "Lucky Stiff" am E.T.A.-Hoffmann-Theater in Bamberg wurde Kahl mit der TZ-Rose der Münchner Tageszeitung ausgezeichnet.