Beim 14 Konzert "Klassik am See" trat Oboen-Star Albrecht Mayer gleich in dreifacher Funktion auf: als Moderator, Solist und Dirigent.
Haydn - Mozart - Beethoven: Bilde den Oberbegriff dieser Reihe! Was sich ausnimmt wie eine Quizfrage oder Aufgabe in einem IQ-Test der leichteren Art, beantwortete das Klassik-Open-Air-Festival am Mittwochabend. "Wiener Klassik" stand als Thema über diesem "Event", zum 14. Mal schon am Dechsendorfer Weiher vom Erlanger Verein Klassikkultur veranstaltet.
Und man muss konzedieren, bei aller gebotenen Skepsis dieser Art von Kommerz-Klassik gegenüber, dass "Klassik am See", das vor zwei Jahren das Baby "Jazz am See" gebar, technisch und künstlerisch von Mal zu Mal besser wird, Ersteres dieses Jahr nahe an der Perfektion. Dafür sorgten Videoleinwände mit professioneller Bildregie, Kontaktmikrofone an den Instrumenten und High-Tech-Soundbalance mit sogar Stereo-Sound, der auf der erstmals in diesem Jahr installierten Tribüne erst so recht zum Tragen kam.
Schweigeminute
Beste Voraussetzungen also für die rund 3000 Besucher, ein schönes, entspanntes Musik-
erlebnis zu genießen. Einige Polizisten an den Eingängen, eine Schweigeminute im Gedenken an die Opfer der jüngsten Terroranschläge wiesen auf die Diskussion, ob das Konzert abgesagt werden sollte - so wie das Klassik-Open-Air mit den Nürnberger Staatsphilharmonikern am Sonntag. Erlangens OB Florian Janik fand richtige Worte, um die Entscheidung dagegen zu rechtfertigen.
Dann jedoch gehörte die Bühne - die, filigran gebaut, in dieser Zeitung bereits anlässlich des Schwesterkonzerts "Jazz am See" gelobt worden ist - den Nürnberger Symphonikern. Und ihrem Dirigenten Albrecht Mayer, gleichzeitig künstlerischer Leiter des Abends. Dirigent? Auch in seiner fränkischen Heimat ist nicht jedem bekannt, dass der Oboen-Star häufig am Pult steht. Dessen Platz im ersten Teil des Dechsendorfer Open Airs noch ein Flügel für sich beanspruchte. Denn da spielte der Pianist Markus Groh, im Ausland bekannter als in der Heimat, ein naturgemäß populäres Stück: Mozarts Klavierkonzert in d-Moll KV 466 von 1785, sein wohl populärstes und erstes sinfonisches Konzert. Durchaus elegische, fast besinnlich-düstere Töne nisten in diesem Meilenstein Mozart'schen Schaffens. Lag es daran, dass Groh gerade von einer Handverletzung genesen, dass die Probenzeit knapp bemessen war? Für Open-Air-Verhältnisse etwas zaghaft dirigierte Mayer, etwas schüchtern spielten die Nürnberger und begann Groh. Das änderte sich zwar im Lauf des Stücks, das vom Sonnenuntergang geradezu illustriert wurde, die Beteiligten gewannen hörbar an Sicherheit.
Zugabe mit See-Bezug
Dabei hatten sie mit der Ouvertüre zu "Così fan tutte" beschwingt angefangen, energisch. Es war ja auch der rechte Opener fürs Klassik-Open-Air, vielleicht ein bisschen kurz, dafür in der Dynamik der ersten Takte gleich eine Probe für die elektrische Verstärkung, die den Test glänzend bestand. Auf den vorderen Plätzen verschmolzen die Klänge aus den Lautsprechern und von der Bühne höchst anmutig, nicht zu einem Einheitsbrei, sondern zu einem Ensemble jederzeit klar verortbarer Einzelstimmen. Die Zugabe, Franz Liszts zum Weiher passende Pastorale "Au lac de Wallenstadt", tupfte Groh ganz zart hin, ganz versunken. Dann hatte sich Mayer in seiner Doppelfunktion als Solist und Dirigent zu bewähren. Und man darf sagen, dass das brillant interpretierte Oboenkonzert in C-Dur, Joseph Haydn zugeschrieben, seine eigentliche Force offenbarte. Anscheinend spielerisch leicht, mitunter herumtänzelnd, alternierend dem Publikum und dem Orchester zugewandt, entlockte er seinem Instrument, das der oralen Tradition so nahe ist, die schwierigen Läufe. Ein Virtuose auf dem Höhepunkt seiner Karriere.
Zum Schluss dann ein Gassenhauer, der dennoch auch beim zehnten Mal Hören fasziniert. Beethovens Fünfte, die Schicksalssymphonie, bei der kein Ton zu viel oder zu wenig gesetzt ist, von Mayer sicher geleitet. Gut, man merkt schon, dass die Nürnberger keine Bamberger Symphoniker sind und Albrecht Mayer als Dirigent kein Jonathan Nott - dennoch blieb nach gut zwei Stunden Konzert mit Bachs "Ich steh mit einem Fuß im Grabe" und Brahms' fünftem ungarischem Tanz als Zugaben das Fazit zu ziehen, dass sich diese Veranstaltung im bayrischen Festivalsommer einen festen Platz erobert hat - zu Recht. Wenn man noch die launigen Moderationen des grundsympathischen Albrecht Mayer wertet, der sich in der fränkischen Heimat sichtlich wohlfühlt - dann war es mehr als ein gelungener, es war ein wirklich schöner Abend.