Söder will einen runden Tisch unter Leitung des früheren Ministerpräsidenten Günther Beckstein einberufen, um das System der Bürgerentscheide "weiterzuentwickeln" - denn das Instrument werde heute oftmals als Blockade eingesetzt, kritisierte er. Man müsse wieder die richtige Balance finden zwischen Allgemeinwohl und Einzelinteressen, sagte er: An dieser Stelle gebe es Diskussions-, Veränderungs- und Verbesserungsbedarf.
Mehr als 85 Wasserkraftwerke sollen ab 2030 nach und nach wieder in bayerische Hand kommen: Dazu werde der Freistaat sogenannte Heimfallrechte in alten Verträgen ziehen, kündigte Söder an. Der Windkraftausbau soll, trotz weiter geltender 10H-Regelung, beschleunigt werden. Ein Punkt: Für die Genehmigung von Windparks sollen künftig zentral die Bezirksregierungen zuständig sein. Windkraftbetreiber sollen sich mit den Kommunen über eine Beteiligung einigen: entweder mittels vergünstigter Stromtarife oder über eine Beteiligung der Bürger. "Windräder sollen die Windräder der Bürger und der Gemeinden werden", sagte Söder. Um den raschen Anschluss Bayerns an Wasserstoffnetze aus Nord und Süd sicherzustellen, will sich der Freistaat an der Ferngas GmbH beteiligen. "Der Grundsatz lautet: Heimatnetze in Heimathand", erklärte Söder.
Reformen auch bei den Themen Stromtrassen, Fachkräfte, Finanzierung und Förderung
Beim Bau neuer großer Stromtrassen leitet Söder einen Kurswechsel ein: Neue Höchstspannungstrassen, die bereits so geplant sind, sollen zwar weiter unter der Erde verlegt werden. Neue große Gleichstromleitungen sollen aber möglichst überirdisch gebaut werden. Es gelte der Grundsatz: "Überirdisch wo möglich, unterirdisch wo nötig", sagte er. Das soll den Bau schneller und billiger machen. Damit rückt Söder von einem zentralen Punkt der Politik seines Vorgängers Horst Seehofer ab. Dieser hatte teils massiven Widerstand vor Ort gegen neue Stromtrassen einst mit einer Forcierung von Erdverkabelung gebrochen.
Um die Zuwanderung von Fachkräften zu beschleunigen, soll es eine zentrale "Fast Lane" bei der Regierung von Mittelfranken geben. Diese soll der zentrale Ansprechpartner für ausländische Fachkräfte und die Wirtschaft gleichermaßen sein. Zudem soll es für die Anerkennung ausländischer Abschlüsse nur noch je eine zentrale Stelle pro Beruf geben.
Söder will die Mittelstandsfinanzierung reformieren. Die Förderbank LfA soll ausgebaut, mögliche Fördersummen sollen verdoppelt werden. Für Start-Ups soll ein neuer Super-Risikokapitalfonds geschaffen werden. Und um die Abwanderung von Firmen ins Ausland zu bremsen, soll es einen neuen sogenannten Transformationsfonds geben, unter Einbindung einer bestehenden Forschungsstiftung. Das Ziel: Mit Forschungsförderung und ähnlichem Unternehmen zum Bleiben bewegen und bei Transformationsprozessen unterstützen.
"Warum erst jetzt?" - Opposition bewertet Söder-Ideen unterschiedlich
Die Landtags-Opposition hat unterschiedlich auf die Vorschläge von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zu einem Entbürokratisierungs- und Beschleunigungsprogramm reagiert. Die Grünen kritisierten, dass viele Vorschläge viel zu spät kämen, insbesondere in der Energiepolitik. "Warum erst jetzt?", sagte Fraktionsvize Johannes Becher. Es fehle an Windkraft, Netzen, billiger Energie. Dabei kritisierte er, dass die CSU viele Dinge verzögert habe, etwa durch den Zwang zur Erdverkabelung großer Stromtrassen, und davon erst jetzt abrücke. Die Grünen wollten sich beim Thema Entbürokratisierung aber konstruktiv beteiligen – und damit anders agieren, als die Union dies in Berlin mache. Dabei gehe es auch darum, Vertrauen in der Bevölkerung zurückzugewinnen. Becher warnte aber vor einer Beschneidung von Bürgerentscheiden: "Wir sind beim Bürokratieabbau dabei - beim Demokratieabbau sind wir nicht dabei."
Ingo Hahn (AfD) sagte, man müsse erst einmal abwarten, ob Söders Rede ein Strohfeuer bleibe oder nicht. Ansonsten warnte der AfD-Politiker aufs Neue vor einer wie auch immer gearteten Zuwanderung von "kulturfremden Migranten" und forderte mehr Abschiebungen. Gleichzeitig machte Hahn erneut deutlich, dass die AfD weitergehende Maßnahmen zur Energiewende ablehnt. Konkret forderte er die Staatsregierung auf, auf den geplanten "Wassercent" zu verzichten und die Menschen nicht noch weiter "abzukassieren".
SPD-Fraktionschef Florian von Brunn mahnte, es müsse nun tatsächlich vieles angepackt werden. "Wir wollen, dass jetzt gemacht wird statt immer nur geredet." Er sprach sich, wie zuvor auch Becher, für eine Beschleunigung auch anderswo aus: beim Hochwasserschutz. Nach ergiebigen Regenfällen hatten Hochwasser besonders Oberbayern und Schwaben schwer getroffen und dort für Zerstörungen und Tote gesorgt.