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Situla von Irlbach: Hobby-Sondengeher macht "Sensationsfund, wie es ihn so in Deutschland noch nicht gegeben hat"


Autor: Stefan Lutter

Straubing, Montag, 17. Juli 2023

Ein Hobby-Archäologe hat auf einem Acker in Niederbayern ein antikes Grab entdeckt. Darin befand sich unter anderem eine sogenannte Situla - ein Gefäß, das bei Ausgrabungen in Deutschland noch nirgendwo zutage gefördert wurde. Die von Experten als "Sensationsfund" eingeschätzten Objekte wurden nun erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.
Archäologischer Sensationsfund in Niederbayern: die Situla von Irlbach (ganz hinten) mit den Grabbeigaben am Fundort.


Auf einem Acker nahe Irlbach im niederbayerischen Landkreis Straubing-Bogen wurde im Spätherbst 2022 durch Zufall ein sensationeller archäologischer Fund gemacht. In einem antiken Grab befanden sich neben einzigartige Beigaben auch eine Situla.

Es ist der erste Fund dieser Art in Deutschland und soll laut Mitteilung des Landratsamtes "neue, bislang unbekannte Aspekte für die überregionalen Verbindungen dieses Gebietes mit dem jenseits der Alpen erbringen". Am Sonntag (16. Juli 2023) wurde die Entdeckung im Beisein zahlreicher Ehrengäste aus Politik und Wissenschaft im Irlbacher Begegnungshaus der Öffentlichkeit vorgestellt.

Aus Zufallsfund wird Sensation: Sondergeher entdeckt wertvolles Bronzegefäß auf Acker

Entdeckt wurde die Irlbacher Situla von Hobby-Sondengeher Franz Radlbeck aus Irlbach. Der 63-Jährige sei im November vergangenen Jahres auf dem Acker zunächst auf Metallüberreste und Scherben gestoßen, erklärte der dem Bayerischen Rundfunk (BR). Dann sei er plötzlich auf die bronzene Situla gestoßen. Weil der Hobby-Archäologe Radlbeck vermutet habe, dass es sich um einen archäologisch wertvollen Fund handeln könnte, habe er den Landkreisarchäologen Ludwig Husty informiert. Diese konnte seinen Augen nicht trauen und wird vom BR folgendermaßen zitiert: "Das ist ein Gefühl gewesen, das kann man kaum in Worte fassen."

Auch das Landratsamt spricht von "sensationellen Funden", die für den ostbayerischen Raum von kaum abschätzbarer Bedeutung seien. Auf Radlbecks Entdeckung folgte im Frühjahr 2023 eine archäologische Ausgrabung von Husty und seinem Team an dieser Stelle.  Diese brachte eine Grabkammer einer hochrangigen Persönlichkeit aus der Zeit des 5. Jahrhunderts vor Christus zutage. Der Mann sei laut BR etwa 30 bis 50 Jahre alt und in einem Hügelgrab bestattet worden. Darin befand sich auch die nun entdeckte hölzerne Grabkammer befand. Dem Landratsamt zufolge hätten sich darin "einzigartige Beigaben" befunden. 

Dazu zähle vor allem ein Bronzegefäß, eine sogenannte Situla, das aufwendig mit Menschen, mystischen Tieren, Wagenrennen- und Boxkämpferdarstellungen verziert ist. Bei einer Situla (lateinisch für Eimer) handelt es sich um einen Gefäßtyp, der vor allem im etruskisch-italienischen Gebiet und in der Hallstatt-Kultur vorkam. Situlen verwendete man zur Aufbewahrung und dem Mischen von Flüssigkeiten, unter anderem Wein, so die Behörde.

Erster derartiger Fund in Deutschland: "Irlbach ist nun für alle Archäologen ein Begriff."

"Vergleichbare Gefäße wurden bislang vorwiegend in Slowenien und Oberitalien entdeckt", erklärt das Landratsamt Straubing-Bogen. Die Situla von Irlbach sei das erste Gefäß dieser Art, das bislang deutschlandweit entdeckt wurde.

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Außerdem fanden sich im Grab noch weitere Bronzegefäße wie eine bronzene Schnabelkanne und zwei Bronzebecken, die aus dem etruskischen Raum stammen. Neben besonderer Keramik und weiteren ungewöhnlichen Beigaben komplettiert ein kleiner goldener Ring diese Grabausstattung, die für eine Person der absoluten Elite dieser Zeit zusammengestellt wurde.

"Es ist ein Sensationsfund, wie es ihn so in Deutschland noch nicht gegeben hat", betonte der Leiter der Bodendenkmalpflege am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, Walter Irlinger. Denn diese Situla löse die Situla von Kuffern (Österreich) als die nördlichst gefundene seiner Art ab und ist der erste derartige Fund in Deutschland. Dies bringe ganz neue Aspekte. Die Situla von Irlbach werde in einem Atemzug mit der Situla von Vace, der Situla von Kuffern oder der Certosa-Situla genannt werden. "Irlbach ist nun für alle Archäologen ein Begriff."

Gäubodenmuseum als möglicher Ausstellungsort

Das große Interesse von zahlreichen Archäologen und Wissenschaftlern bei der Präsentation in Irlbach bestätigte die Worte von Dr. Irlinger. Kreisarchäologe Dr. Ludwig Husty nahm die Besucherinnen und Besucher in seinem Vortrag mit auf eine Reise vom Fund bis zur Präsentation. Die Arbeit für Ludwig Husty geht nun weiter: "Es stellen sich viele Fragen, die wir hoffen, mit der Zeit noch wissenschaftlich klären zu können", so der Kreisarchäologe, der den Fund als "Höhepunkt meiner beruflichen Tätigkeit" bezeichnet.

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Wo genau die Situla von Irlbach nach der Restaurierung ausgestellt wird, sei noch nicht endgültig geklärt, so das Landratsamt. Erste Wahl sei jedoch das Gäubodenmuseum in der Stadt Straubing.

Auch in Franken haben Archäologen in den zurückliegenden Wochen gleich mehrere spektakuläre Entdeckungen gemacht. Alleine seit Mai 2023 kam es zu einem Sensationsfund am Muppberg in Neustadt bei Coburg und einer spannenden Entdeckung im Rahmen einer Untersuchung mit einem neuen Bodenradar im Bamberger Dom. Im gleichen Zeitraum wurden zudem karolingische Friedhofs-Skelette bei Zellingen und Gussformen und abgesägte Geweihe bei Iphofen gefunden sowie eineAusstellung zu den "älteste Siedlungsspuren Nürnbergs" eröffnet.

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