Geschlossene Zentren wird es mit der SPD nicht geben, stellt die bayerische Landesvorsitzende klar. Mit dem Innenminister geht Kohnen hart ins Gericht.
Natascha Kohnen ist Landesvorsitzende der Bayern- SPD und seit Dezember 2015 Mitglied im Bundesvorstand der SPD. Im Dezember 2017 wurde sie zur stellvertretenden SPD-Vorsitzenden gewählt.
Die 50-Jährige ist darüber hinaus Spitzenkandidatin der SPD bei der Landtagswahl am 14. Oktober.
Sind Sie bereit, über die Frage von Transitzentren die Große Koalition platzen zu lassen?
Natascha Kohnen: Wir haben einen Koalitionsvertrag geschlossen, in dem steht von Transitzentren nichts drin. Und wir brauchen sie auch nicht. Wir sind vertragstreu. Wenn jemand an dieser Frage die Koalition scheitern lassen will, ist das nicht die Schuld der SPD.
Im Klartext: Geschlossene Zentren wird es mit der SPD nicht geben? Geschlossene Zentren darf es nicht geben. Das sind ja nichts anderes als Gefängnisse für Menschen, die sich nichts zuschulden kommen lassen haben. Darüber müssen wir überhaupt nicht reden.
Hat die SPD nur noch die Wahl zwischen Koalitionsbruch und Selbstverleugnung?Nein. Das Problem liegt doch weiterhin bei CDU und CSU. Die haben am Montag etwas verabredet, was praktisch nicht durchführbar ist. Und die europäischen Partner machen da auch nicht mit. Noch nicht einmal der österreichische Kanzler, mit dem Söder in Bayern Wahlkampf machen will.
Wäre die SPD für Neuwahlen überhaupt gerüstet: programmatisch, finanziell und personell?Es hat ein halbes Jahr gedauert, bis eine Regierung gebildet wurde. Jetzt arbeitet die Koalition seit vier Monaten. Die Menschen in Deutschland wollen keine Neuwahlen. Sie wollen, dass da jetzt ordentlich regiert wird. Nur die CSU hört nicht auf zu zündeln und ist bereit, die politische Stabilität in Deutschland dem eigenen Machtstreben zu opfern. Wir wollen keine Neuwahlen.
Und wenn sie doch kommen?Dann sind wir bereit.
Warum diskutiert das Land bei rückläufigen Flüchtlingszahlen dermaßen schrill über Zurückweisungen?Weil zwei Parteien das wollen: AfD und CSU. Söder und Seehofer glauben, dass ihnen das bei der Landtagswahl einen Vorteil bringt. Ihnen geht es nicht um das Land und die tatsächlichen Probleme der Menschen, sondern nur um den Machterhalt.
Widersprechen Sie der Einschätzung der CSU, dass verunsicherte Bayern in der Asylpolitik nach einem Signal verlangen? Die Verunsicherung entsteht doch vor allem durch das verantwortungslose Verhalten der CSU. Es kommen immer weniger Geflüchtete nach Bayern. Jetzt geht es vor allem darum, sie in Arbeit zu bekommen. In vielen Bereichen suchen unsere Unternehmen verzweifelt Personal.
Das Thema "Flucht und Migration" ist Ihrem Empfinden nach für die Bayern also abgehakt? Ich bin in ganz Bayern unterwegs und spreche mit den unterschiedlichsten Menschen. Die fragen mich: Was tun Sie, damit ich mir mein Dach über dem Kopf leisten kann? Damit ich einen Kita-Platz bekomme? Das sind die wichtigen Fragen und darauf geben wir Antworten. Geflüchtete sind selten Thema.
In einem Wahlkampf, der sich allein um Asylpolitik dreht, wird die SPD an die Wand gedrückt. Wie kommen Sie in die Offensive?Wir setzen auf die Themen, die die Menschen wirklich bewegen: bezahlbare Wohnungen, kostenfreie Kita-Plätze und sichere Arbeit. Und wenn die letzten Wochen eines gezeigt haben, dann ist das doch: Wir brauchen einen anderen politischen Stil in Bayern: sachlich und konstruktiv. Wer genug hat von den Machtspielen, Erpressungen und verbalen Entgleisungen von Söder, Seehofer und Dobrindt, der sollte SPD wählen.
Sollte Seehofer zurücktreten?Das muss die CSU entscheiden. Fest steht, dass er die politische Stabilität Deutschlands gefährdet hat. Und nebenbei hat er uns Bayern in ganz Deutschland lächerlich gemacht.
Das Gespräch führte
Christoph Hägele.