"Bedrückend und schockierend zugleich": Naturdenkmal am Watzmann eingestürzt

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In den Berchtesgadener Alpen sorgt das Verschwinden der Eiskapelle am Fuße der Watzmann-Ostwand für Aufsehen. Die Instabilität der verbleibenden Strukturen stellt eine erhebliche Gefahr für Bergsteiger dar.

Die sogenannte Eiskapelle am Fuß der Watzmann-Ostwand in den Berchtesgadener Alpen ist kollabiert. Dies sei eine Konsequenz des fortschreitenden Klimawandels, teilte der Nationalpark Berchtesgaden mit.

Bei der Eiskapelle handelte es sich um einen Hohlraum im Inneren des Firneisfelds auf etwa 900 Metern Höhe. Seit Ende 2019 habe die Formation mehr als 575.000 Kubikmeter Firneis eingebüßt, hieß es in der Mitteilung. Forscher hatten deshalb laut Nationalparkverwaltung das Verschwinden der Eiskapelle prognostiziert, über den frühen Zeitpunkt des Einsturzes seien aber auch die Experten erstaunt. 

Eiskapelle am Watzmann eingestürzt - Auswirkungen für Wanderer im Nationalpark

Akut bedeutet der Kollaps des bekannten Naturdenkmals am Fuße der Watzmann-Ostwand im Nationalpark Berchtesgaden zusätzliche Gefahren für Bergsteiger: "Wir warnen Wanderer eindringlich vor dem Betreten der Reste der Eiskapelle, es herrscht im gesamten Bereich der Eiskapelle akute Steinschlaggefahr. Auch der letzte, noch stehende Eisbogen und die Eiswände am Rand können jederzeit zusammenbrechen", sagte Nationalparkleiter Roland Baier. Vom Kollaps der Eiskapelle seien auch die Zustiege in die Watzmann-Ostwand betroffen.

"Es ist bedrückend und schockierend zugleich, dass die Eiskapelle, die bereits Alexander von Humboldt im November 1797 besuchte, nun einfach weg ist", sagte Baier. "Damit verlieren wir nicht nur eine wichtige regionale Sehenswürdigkeit, sondern auch ein überregional wertvolles Geotop." Der Kollaps der Eiskapelle sei ein für alle deutlich sichtbarer Beleg dafür, welche Veränderungen der Klimawandel vor Ort mit sich bringe.

Geoforscher Andreas Wolf ergänzte beim BR: "Durch den vollständigen Verlust des Widerlagers der Firneismassen verliert der südliche Moränenhang im Eisgraben weiter an Stabilität. Große Felsblöcke gleiten auf dem feinsplittrigen, aufgelockerten Material den Hang hinab und gefährden Personen im Bereich des Eisgrabens. Hier können lebensbedrohliche Situationen entstehen."

Mahnmal des Klimawandels

Bereits seit Anfang September 2025 war ihr Einsturz bekannt, doch neuere Berichte bestätigen, dass die verbliebenen Eiswände und Bögen zunehmend instabil werden. Wissenschaftler wie Andreas Wolf vom Verband der deutschen Höhlenforscher betonen, dass der Kollaps eine direkte Folge des fortschreitenden Klimawandels ist. Seit den 1950er-Jahren hat die Eiskapelle beinahe drei Viertel ihres Eisvolumens verloren – ein sichtbarer Beweis für die Erderwärmung.

Mit dem Verschwinden der Eiskapelle endet nicht nur ein Kapitel alpiner Geschichte, sondern es entstehen auch neue Gefahren. Der Nationalpark Berchtesgaden warnt weiterhin eindringlich vor dem Betreten der Überreste. Steinschlag und instabile Moränenhänge machen das Gebiet lebensgefährlich. Sogar Kletterrouten zur Watzmann-Ostwand sind betroffen. Der letzte verbliebene Eisbogen könnte jederzeit zusammenbrechen, während Schutt und Gestein den Zugang zusätzlich erschweren.

Trotz der tragischen Ereignisse bietet der Einsturz neue Möglichkeiten für die Wissenschaft. Geologen und Glaziologen haben angekündigt, Ende Oktober 2025 erneute Vermessungen am Standort vorzunehmen. Ziel ist es, die langfristigen Veränderungen zu dokumentieren und Prognosen für ähnliche Geotope zu entwickeln. 

Forschungsperspektiven und Zukunftsaussichten

Auch die kulturelle Bedeutung der Eiskapelle ist nicht zu unterschätzen. Bereits Alexander von Humboldt besuchte sie 1797 und beschrieb sie als einzigartiges Phänomen. Ihr Verlust wird nicht nur als Umweltkatastrophe, sondern auch als kultureller Einschnitt gesehen.

Der Nationalpark plant nun, die Geschichte und Bedeutung der Eiskapelle in einer Ausstellung zu dokumentieren, um ihr Andenken zu bewahren.

Schließlich werfen die Ereignisse Fragen zur Zukunft alpiner Tourismusziele auf. Wanderwege und Kletterrouten rund um die Eiskapelle müssen neu bewertet werden, da die Sicherheit der Besucher oberste Priorität hat. Gleichzeitig könnte der Bereich als Mahnmal für die Folgen des Klimawandels dienen und ein Umdenken in der Tourismusbranche bewirken. Experten hoffen, dass dies zu einem nachhaltigeren Umgang mit den Alpen führt.

Wird sich die Eiskapelle neu bilden?

Ob sich die Eiskapelle irgendwann neu bilden könnte, ist ungewiss. Am Ende des Eisgrabens am Fuße der Watzmann-Ostwand würden sich auch in Zukunft winterliche Niederschlagsmassen in Form von Lawinenschnee ansammeln und ein Firneisfeld mit einem Höhlensystem formen, erklärte Andreas Wolf, der Vorsitzende des Verbandes der Deutschen Höhlen- und Karstforscher. "In welcher Größe und in welchem Ausmaß, wird die Zukunft zeigen." ami/sl/mit dpa

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Vorschaubild: © -/Nationalparkverwaltung Berchtesgaden/dpa