CSU-Chef Markus Söder hat die Rückkehr zur Atomkraft in Deutschland zum Wahlkampf-Thema gemacht - und will abgestellte Reaktoren wieder zum Laufen bringen. Doch ist das so einfach möglich - und könnte er eine Mehrheit für seinen Vorstoß finden?
Es ist mehr oder weniger ein Evergreen der CSU-Wahlversprechen. Die drei 2023 in Deutschland abgeschalteten Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 sollen laut Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zeitnah reaktiviert werden. Damit macht Söder die Kernkraft und die Endlagerfrage offensiv zu einem Wahlkampfthema kurz vor der Bundestagswahl Ende Februar 2025.
Ziel sei es, eine "vorübergehende, für die nächsten zehn Jahre mindestens, vorübergehende Stabilität, Netzstabilität, Stromstabilität, gerade auch regional zu entwickeln", sagte der CSU-Chef nach einer Sitzung des bayerischen Kabinetts in München Anfang dieser Woche. Die Meiler liegen in Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg.
Söder will zurück zur Atomkraft - für Betreiber "kein Thema" mehr
Die Reaktivierung der drei letzten, im Zuge des deutschen Atomausstiegs abgeschalteten Meiler sei "nach den Rücksprachen, die wir mit vielen technischen Experten haben, (...) in diesem und im nächsten Jahr jederzeit noch möglich. Je länger es dauern würde, desto höher die Kosten", sagte Söder. Er betonte zudem von sich aus, dass seine Informationen nicht mit den offiziellen Stellungnahmen zu den Atomkraftwerken übereinstimmen.
Und diese sind teils eindeutig: Eine Reaktivierung sei auch wegen des laufenden Rückbaus und fehlender Mitarbeiter nicht mehr möglich. Für Isar 2 hielt der Betreiber diese Aussage auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur auch aufrecht: "Unsere Position dazu ist unverändert: Für Preussen Elektra ist der Weiterbetrieb von Isar 2 kein Thema mehr. Der Rückbau hat begonnen und die Anlage ist damit praktisch nicht mehr reaktivierbar."
Ganz so radikal sieht es beispielsweise die Gesellschaft für Anlagen und Reaktorsicherheit (GRS) nicht. "Rein technisch ist da vieles möglich, allerdings unter Umständen mit ganz erheblichem Aufwand", sagte Sara Beck, Leiterin der Abteilung Containment bei der GRS, Ende Dezember gegenüber dem Fachportal Ingenieur.de. Insgesamt gilt, dass der Fortschritt des Rückbaus bei jedem ehemaligen Atomkraftwerk in Deutschland derzeit unterschiedlich ist. "Ab irgendeinem Punkt wäre es aber vom Aufwand her vermutlich nicht mehr wirtschaftlich", betont Beck - die Kosten eines Ausstiegs vom Ausstieg wären demnach enorm. Auch ist unklar, ob die bereits rückgebauten Teile ersetzt werden können, da sie teilweise aus den 1980er Jahren stammen und nicht direkt verfügbar wären.
Wiederinbetriebnahme teuer und aufwändig - kein politischer Konsens zu Atom-Comeback
Dieses Argument lässt Markus Söder wiederum nicht gelten und nennt die Kosten "nicht sehr groß". Auch den legislativen Aufwand spielt der bayerische Ministerpräsident herunter - Söder erklärte, dass für die Reaktivierung zunächst eine Änderung des Bundesatomgesetzes notwendig sei, dann könnte das Verfahren "zeitnah erfolgen". Als Zeitkorridor nannte er "innerhalb von diesem und im nächsten Jahr jederzeit". Die Sicherheitsanforderungen sind laut dem Bericht von Ingenieur.de extrem hoch, und viele der notwendigen Zertifizierungen und Genehmigungen wären zeitaufwendig. Immerhin wäre eine Wiederinbetriebnahme bürokratisch einfach als ein Reaktor-Neubau.
Mit seinen Atomkraft-Plänen steht Söder zudem fast alleine da in der politischen Landschaft Deutschlands - nur die AfD ist offen für einen Ausstieg vom Ausstieg. Die CDU, die FDP und das BSW wollen auf neue Technologien, vor allem die Kernfusion setzen. Andere Parteien wie die Grünen und die SPD die Stilllegung der Atomkraftwerke als unumkehrbar und notwendig an.