Heilige waren kaum zu erkennen

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In voller Schönheit steht die Marter nun am Weg zum Friedhof (rechts). Foto: Archiv Roland Graf
In voller Schönheit steht die Marter nun am Weg zum Friedhof (rechts). Foto: Archiv Roland Graf
Die traurigen Überreste der Marter lagen halbverschüttet im Straßengraben. Foto: Archiv Roland Graf
Die traurigen Überreste der Marter lagen halbverschüttet im Straßengraben. Foto: Archiv Roland Graf
 

Einst im Dreck versunken wurde die Marter nach einer Restaurierung "neu" errichtet.

Im Jahre 1964 erschien als 19. Band in der Reihe Bayerische Kunstdenkmale das Kurzinventar des Landkreises Kronach. Verfasser war Tilmann Breuer, der auf 314 Seiten ein überaus bemerkenswertes Werk schuf, welches heute noch bei Kunsthistorikern und Heimatkundlern als Nachschlagewerk hoch im Kurs steht. Denn es ermöglicht einen Überblick darüber, wie sich der Zustand und der Bestand der unter Denkmalschutz stehenden Denkmäler im Laufe von 50 Jahren gewandelt hat.
In diesem Verzeichnis ist unter Gifting folgender Eintrag zu finden: "Aufsatz einer Sandsteinmarter, bez. 1742, an der Straße nach Posseck etwa 50 m vor dem Ort. Mit eingezogenem Stichbogen geschlossen, an der Stirnseite Marienkrönung, an den Schmalseiten hl. Joseph (?) und hl. Thomas reliefiert."
Als ich mich im Jahre 1972 auf die Suche nach dem Überrest dieser Marter begab, fand ich den Stein auch wirklich wie beschrieben vor. Im Dreck versunken lag er im Straßengraben. Die Darstellungen der Heiligen waren kaum zu erkennen. Nur so konnte es passiert sein, dass Breuer den hl. Joseph mit einem Fragezeichen versehen musste.
Nach der Freilegung stellte sich heraus, dass es sich bei der fraglichen Darstellung des Josefs um ein Bild der Schmerzhaften Muttergottes handelte. Bei der Suche nach weiteren Fragmenten der Marter fand ich auch einen Teil des Sockels wieder, der vollständig im Morast versunken war. Niemand aus der Ortschaft war auf die Idee gekommen, dieses Kulturgut der Vorfahren aus dieser unwürdigen Lage zu befreien oder gar einer Restaurierung zuzuführen. Aber, warum sollte es in diesem Falle anders sein als in anderen Orten des Landkreises? Unbeeindruckt konnte man zusehen, wie die Bildstocklandschaft verkümmerte und Stück für Stück verloren ging.
Im Zuge der "Rettungsaktion der Martern und Bildstöcke im Landkreis Kronach" führte ich eine Vielzahl an Gesprächen mit Giftinger Bürgern, um eventuell den einstigen Standort der Marter lokalisieren zu können. Dies gelang mir ebenso nicht, wie die Ermittlung des einstigen Besitzers.
So wandte ich mich an die Gemeinde Gifting, um darum nachzusuchen, einer Restaurierung des historischen Denkmals zuzustimmen und anfallende Kosten mit zu tragen. Nach Zustimmung der Gemeinde und einem Schreiben von Bürgermeister J. Müller konnten schließlich die Restaurierungsarbeiten durch Bildhauer Heinrich Schreiber aus Kronach ausgeführt und zum Abschluss gebracht werden.
Als neuen Standort einigte man sich darauf, dass die Marter in unmittelbarer Nähe des einstigen Fundortes zur Aufstellung kommen und in den Besitz der Gemeinde übergehen sollte, um in Zukunft eine gewisse Sorgfaltspflicht zu gewährleisten. Dabei bot sich als würdiger Ort der Grünstreifen am Weg zum gemeindlichen Friedhof an.


Errichtung der "neuen" Marter

Am 26. November 1976 konnte mit Unterstützung des Kreisbauhofes Nord die Errichtung der "neuen" Marter erfolgen. An diesem Tag einsetzender Eisregen und Schneefall konnten uns nicht daran hintern, dieses religiöse Flurdenkmal wieder in die Fränkische Bildstocklandschaft zurückzuführen.
Heute, nach rund 40 Jahren, darf man feststellen, dass damals die richtigen Entscheidungen getroffen wurden, denn die Marter befindet sich noch heute in einem tadellosen Zustand.