Grundlage der schon seit November laufenden Ukraine-Gespräche ist ein von den USA vorgelegter Friedensplan, der 20 Punkte umfasst. Es geht vor allem um drei Knackpunkte:
Territorium: Keine Fortschritte
Russland fordert Gebietsabtretungen der Ukraine, die für das angegriffene Land nicht akzeptabel sind. Es geht dabei insbesondere um Gebiete in der Ostukraine, die die ukrainische Armee noch kontrolliert. Es gibt zwar Lösungsansätze, aber wirkliche Bewegung ist auch nach dem Treffen in Berlin noch nicht in Sicht.
Sicherheitsgarantien: Nahe an Artikel 5 der Nato?
Selenskyj hatte schon auf dem Weg nach Berlin seine Einsicht erkennen lassen, dass ein Nato-Beitritt für ihn derzeit aussichtslos ist. Als neues Verhandlungsziel gab er verbindliche «bilaterale Sicherheitsgarantien» mit den USA und anderen Ländern aus. Sie sollten in etwa dem Artikel 5 des Nato-Vertrages entsprechen, der militärischen Beistand im Angriffsfall garantiert. «Das ist bereits ein Kompromiss von unserer Seite», teilte Selenskyj mit. Aber wie das umgesetzt werden soll, ist völlig offen.
Merz sagte nicht genau, was er mit den großen Fortschritten bei diesem Thema meint. Die US-Seite sprach von einem Sicherheitspaket, in dem Regeln in Anlehnung an Artikel 5 im Nato-Vertrag vorgesehen seien. Was das genau bedeutet, blieb ebenfalls unklar. Artikel 5 sieht vor, dass ein bewaffneter Angriff gegen ein Nato-Mitglied als ein Angriff gegen alle angesehen wird.
Von ähnlichen Garantien für die Ukraine ist schon länger die Rede. Im August hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gesagt: «Wir begrüßen die Bereitschaft von Präsident Trump, zu Artikel 5-ähnlichen Sicherheitsgarantien für die Ukraine beizutragen.»
Die Europäer machten sich bei ihrem Gipfel am Abend für eine multinationale Truppe zur Absicherung eines Waffenstillstands in der Ukraine stark. Die von Europa geführte und den USA unterstützte Truppe werde die ukrainischen Streitkräfte unterstützen sowie die Sicherheit des Luftraums und der Meere gewährleisten, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Dies solle «auch durch Operationen innerhalb der Ukraine» geschehen, hieß es ausdrücklich weiter. Russland lehnt den Einsatz von Truppen zur Überwachung eines Waffenstillstands bisher kategorisch ab.
Finanzen: Merz erhöht Druck bei russischem Vermögen
Die dritte zentrale Frage ist die der finanziellen Unterstützung der Ukraine. Die Europäer wollen das in der EU eingefrorene Vermögen der russischen Staatsbank von etwa 185 Milliarden Euro für die Aufrüstung der Ukraine nutzen. Ohne dieses Vermögen könnten die finanziellen Möglichkeiten der Europäer bald an ihre Grenzen kommen. Und bei US-Präsident Trump gibt es ohnehin keinerlei Bereitschaft mehr, für den Krieg Geld auszugeben.
Auf einem Wirtschaftsforum bezeichnete Merz die Frage des russischen Vermögens als «Schlüsselfrage» für die EU, die jetzt gelöst werden müsse. Wenn das nicht geschehe, sei die Handlungsfähigkeit Europas über Jahre «massiv beschädigt».
Bei dem Thema geht es auch für Merz persönlich um viel. Er hat die führende Rolle unter den Befürwortern einer Nutzung des russischen Vermögens eingenommen. Erfolg oder Misserfolg werden daher auch mit seiner Person verbunden sein.
Erfolg für Merz: Europäer sitzen jetzt so richtig am Tisch
Als Erfolg kann Merz nun allerdings erst einmal verbuchen, dass das Ukraine-Treffen in Berlin stattgefunden hat. Damit wurde manifestiert, dass die Europäer eine Rolle bei den Verhandlungen über die Ukraine spielen – und nicht einfach über ihre Köpfe hinweg entschieden wird.
Es war das erste größere Ukraine-Treffen unter Beteiligung der USA, der Ukraine und der führenden Europäer in einem EU-Staat seit dem neuen Vorstoß Trumps für eine Friedenslösung im November.
Was ist mit Russland?
An den USA liegt es nun, die Ergebnisse mit Russland weiter zu diskutieren. Der Kreml hielt sich dazu zunächst bedeckt. Sprecher Dmitri Peskow sagte, Russland sei über die Gespräche bisher nicht unterrichtet worden. «Erst danach, wenn sie ihre Arbeit abgeschlossen haben, erhalten wir von unseren amerikanischen Gesprächspartnern die Sichtweise, die heute erörtert wird.»
Auf die Frage, ob eine Friedenslösung bis Weihnachten gefunden werden könne, sagte Peskow nur, dass er keine konkreten Daten nennen wolle.